Lohnfortzahlung (Entgeldfortzahlungsgesetz EntgFG) im Krankheitsfall - In der Gastronomie u. Teilzeitangstellt ausgehebelt?
Folgende Frage dreht sich um Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Hier die Ausgangslage:
Man arbeitet Teilzeitangestellt (24 Stunden / Woche) in einem Gastronomiebetrieb. Man bekommt dafür den Mindestlohn auch "Aushilfslohn" genannt von 8,50 die Stunde. Es wurden keine besonderen Absprachen getroffen d.h es gibt keinen speziellen Arbeitsvertrag. Man arbeitet schon länger als 3 Monate im Betrieb.
Jetzt tritt der Fall ein das man längere Zeit krank wird ( Krankenhaus Operation / Nachweispflichten alle erfüllt) Krankheitsdauer ca 3-5 Wochen.
-
Kann der Arbeitgeber eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall unter diesen Umständen ablehnen?
-
Gibt es Regelungen (z.B Tarifverträge ) welche die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausschließen.
-
Wie beantragt der Arbeitnehmer diese Lohnfortzahlung?
-
Es liegt eine Arbeitszeit 24 Stunden die Woche vor ( 4 Tage je 6 Std) - Diese ist aber nicht in einem Vertrag geregelt. Wie setzt sich der Fortzuzahlende Lohn nun zusammen? Bsp: Wird als Grundlage hierfür der durchschnittliche Monatslohn der letzten drei Monate herangezogen und dieser als Lohnfortzahlungsbetrag festgesetzt?
Folgender fiktive Fall: Unser Teilzeitangestellter im obigen Beispiel muss operiert werden und weiß daher das er für ca 3-5 Wochen arbeitsunfähig werden wird. Er geht daher zu seinem Chef, teilt ihm dieses mit und fragt wie es mit der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aussieht. Der Chef lacht nur und sagt "Wer nicht arbeitet bekommt auch kein Geld, hier in der Gastronomie ist das anders geregelt, der Lohn wird nicht fortgezahlt" - ist so etwas möglich? Oder muss der Lohn weiter bezahlt werden?
Ich hoffe mir kann jemand dabei helfen.
Danke schon mal für eure Antworten!
3 Antworten
Oder muss der Lohn weiter bezahlt werden?
Selbstverständlich - jedenfalls nach deutschem Recht und dann, wenn es sich um eine "unverschuldete" Erkrankung handelt (also z.B. keine bloße "Schönheits"-OP, vorsätzliche Selbstverletzung usw.).
Und die Aussage "Wer nicht arbeitet bekommt auch kein Geld, hier in der Gastronomie ist das anders geregelt, der Lohn wird nicht fortgezahlt" geht völlig am geltenden Recht vorbei!
(Unter den Bedingungen dieses Arbeitgebers solltest Du Dich nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen, sonst bekommst Du bei ihm noch "viel Spaß"!)
Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist zwingend und verpflichtend in allen Arbeitsverhältnisses. Sie ist "unabdingbar", auf sie kann also weder "freiwillig" noch erzwungen vertraglich verzichtet werden - Entgeltfortzahlungsgesetz EntgFG § 12 "Unabdingbarkeit":
Abgesehen von § 4 Abs. 4 [Anmerk.: betrifft die Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung] kann von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers oder der nach § 10 berechtigten Personen [Anmerk.: betrifft Heimarbeit] abgewichen werden.
Du solltest Deinem Arbeitgeber einmal diese gesetzliche Bestimmung "unter die Nase reiben"!
Zu Deinen konkreten Fragen:
> 1.: Nein!
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Entgeltfortzahlung bis zu 6 Wochen (zusammenhängend oder addiert) bei Erkrankung aus dem gleichen Grund zu leisten: ArbZG § 3 "Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall" Abs. 1.
> 2.: Nein!
Die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung kann weder durch Arbeitsvertrag noch durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen oder sonstige Parteiregelungen ausgeschlossen werden: sie ist "unabdingbar"!
> 3.: Die Entgeltfortzahlung muss nicht beantragt werden, sie ist vom Arbeitgeber automatisch zu Zahlung wie auch sonst der Lohn!
> 4.: An Entgeltfortzahlung ist dasjenige an den erkrankten Arbeitnehmer zu zahlen, was er auch ohne die Erkrankung erhalten hätte (Lohn-/Entgeltausfallprinzip), wenn es nicht andere Regelungen aufgrund eines anzuwendenden Tarifvertrags gibt. Für die Berechnung der Höhe der Fortzahlung gibt es ja Nachweise über die bisherigen Lohnzahlungen (Gehaltszettel, Kontoauszüge); bei unterschiedlichen Lohnhöhen wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten ist nach dem Durchschnitt der bisherigen Verdienste zu bezahlen; so steht es - etwas komplizierter formuliert - im EntgFG § 4 "Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts" Abs. 1.
Zwei Anmerkungen:
> Zu den Kosten der Entgeltfortzahlung für den Arbeitgeber:
Ich nehme an, der Betrieb hat nicht mehr als 30 Arbeitnehmer; in diesem Fall ist die Aussage Deines Arbeitgebers "Wer nicht arbeitet bekommt auch kein Geld, hier in der Gastronomie ist das anders geregelt, der Lohn wird nicht fortgezahlt" - abgesehen von ihrer rechtlichen Ignoranz - schon geradezu unverschämt, weil er aufgrund des gesetzliche vorgeschriebenen Umlageverfahrens 80 % der Kosten für die Entgeltfortzahlung (auf Antrag) von der Krankenkasse erstattet bekommt (Aufwendungsausgleichsgesetz AAG § 1 "Erstattungsanspruch" Abs. 1).
> Zum Arbeitsvertrag:
Ein Arbeitsvertrag muss nicht schriftlich verfasst, er kann auch mündlich oder alleine schon faktisch geschlossen werden. Allerdings ist nach dem Nachweisgesetz NachwG § 2 "Nachweispflicht" Abs. 1 vorgeschrieben, dass der Arbeitgeber spätestens 1 Monat nach Arbeitsbeginn die wesentlichen Vertragsbedingungen (sie werden im Gesetz genannt) schriftlich - wortwörtlich: Blatt Papier - und unterschrieben dem Arbeitnehmer aushändigen muss; ein Verstoß dagegen wird in der Regel aber nicht sanktioniert.
Das steht alles bereits in meiner Antwort - aber egal ...:
Die Entgeltfortzahlung wird anhand zweier verschiedener Faktoren berechnet: der Geldfaktor oder der Zeitfaktor.
Der Geldfaktor entspricht der gesetzlichen Bestimmung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz EntgFG § 4 "Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts" Abs. 1. Er wird dann angewendet, wenn es z.B. variierende, ungleichmäßige Arbeitszeiten gibt, die nicht konkret festgelegt sind. Dann bestimmt der Geldfaktor was der Arbeitnehmer im Krankheitsfall in der Vergangenheit arbeits- oder kalendertäglich durchschnittlich verdient hat; das würde er dann auch für jeden Arbeits- oder Kalendertag erhalten, an dem er erkrankt ist.
Den Zeitfaktor hat die Rechtsprechung entwickelt, da der Geldfaktor vielen Situationen nicht gerecht wird. Der Zeitfaktor berücksichtigt die individuelle Arbeitszeitsituation des Arbeitnehmers in der Zeit, die er erkrankt ist: Wenn also für die Zeit der Erkrankung eine bestimmte Arbeitszeit bereits festgelegt war - und der Arbeitnehmer dann erkrankt ist -, dann hat er dasjenige an Entgeltfortzahlung zu erhalten, was er ohne die Erkrankung in dieser zeit bekommen hätte.
Beispiel: Du wurdest für 2 Wochen in Schichten eingeteilt, insgesamt 35 Stunden, für die Du sogar Schichtzulagen erhältst. Jetzt erkrankst Du genau in diesen 2 Wochen. Entgeltfortzahlung hast Du dann zu erhalten für diese35 Stunden - einschließlich auch der Schichtzulagen! Genau so wäre auch zu verfahren, wenn es zwar keine Dienstplaneinteilung geben würde, Du aber "normalerweise" (ohne die Erkrankung) eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden geleistet hättest; entsprechend diesen Arbeitsstunden, die Du "normalerweise" geleistet hättest, wärst Du dann zu bezahlen.
Wurdest Du dagegen nicht für Schichten eingeteilt oder würdest normalerweise nicht arbeiten - weil Du z.B. Überstunden durch Freizeitausgleich abbauen solltest - und bist dann in dieser Zeit erkrankt, dann erhältst Du auch keine Lohnfortzahlung, weil Du ja ohnehin nicht gearbeitet hättest.
Um - als Resümee - als Deine Frage
Bekommt man z.b nur die Schichten ausbezahlt, für die man sich vor dem Krankheitsfall eingetragen hatte?
abschließend/kurz und knapp zu beantworten: Ja!
Der Mindestlohn beträgt seit Jahresanfang 8,84 €.
Die Lohnfortzahlung kann man nicht ausschließen - 6 Wochen muß der ArbG den Lohn weiterzahlen.
Der Arbeitnehmer erhält grundsätzlich diejenige Vergütung, die er beziehen würde, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt wäre (Zukunftsperspektive). Überstunden werden nicht berücksichtigt.
In Deinem Fall wären die 6 Std. als tägliche regelmäßige Arbeitszeit anzusehen (auch in der Zukunftsperspektive) auch wenn sie nicht einzelvertraglich schriftlich vereinbart wurden.
Der Arbeitgeber muss den Lohn der sonst auch angefallen wäre im Krankheitsfall weiterzuzahlen . Ausnamen gibt es nicht. § 3 §12 EntgFG.
Es gilt hier etwa was in der Zukunft auch angefallen wäre , ohne Krankheitsfall.
Die Berechnung erfolgt nach §4/4 des o.a. Gesetzes.
Bestehen sie darauf ,selbst wenn er mit Kündigung droht.
Suchen sie sich doch danach einen anderen Arbeitsplatz.
Zum anderen kriegt er ja ca. 80% von der Krankenkasse erstattet. (80%
geschätzt)Ausgleich.
Anderslautende Nebenabreden die zuungunsten des Arbeitgebers liegen sind ungültig.
Der Mindestlohn beträgt 8,84€
Mit freundlichem Gruß aus dem Oldenburger Münsterland
Bley1914
was passiert im Krankheitsfall, wenn man für einen Personaldienstleister in der Gastronomie arbeitet, bei den man ein Teilzeitvertrag hat, z.b 80std/ Monat und seine Schichten flexibel einteilen kann und man wird z.b für 1 oder 2 Wochen Krankgeschrieben? Bekommt man eine Lohnfortzahlung ? Und wenn ja, wie wird diese Berechnet? Bekommt man z.b nur die Schichten ausbezahlt, für die man sich vor dem Krankheitsfall eingetragen hatte? Oder wie wird es berechnet. Vielen lieben Dank im Voraus!