Krankenschein zu spät abgeben fristlose Kündigung in der Ausbildung nach Probezeit möglich?
Hallo,
mein Chef hat mir gestern die fristlose Kündigung zukommen lassen und ich hoffe ihr könnt mir helfen einzuschätzen ob das rechtlich so in Ordnung ist.
vorab: das Betriebsklima ist wirklich das schlimmste was ich jemals erlebt habe. Es ist ein sehr kleiner Betrieb und der Chef ist immer übertrieben narzistisch und cholerisch drauf. Und meinen Lohn vom Dezember hab ich bis heute noch nicht auf dem Konto.
Ich bin erst seit kurzem aus der Probezeit und seit 03.01. krankgeschrieben. Erst bis 07.01. und dann wurde es nochmal verlängert bis zum 14.01.
Ich muss zugeben die Krankenscheine wurden von mir zu spät abgeschickt, die Mahnung sei also meinetwegen gerechtfertigt.
Macht es vielleicht trotzdem Sinn der Abmahnung zu widersprechen? Im Sine von: kein Gehalt bekommen -> kein Geld für Porto gehabt, wegen Krankheit nicht in der Lage gewesen persönlich vorbeizubringen -> deshalb Krankenschein verspätet.
Abgesehen davon, mich 8 Uhr ins Büro zu bestellen während ich krank bin und sonst mit fristloser Kündigung zu drohen kann doch nicht rechtens sein oder?
Wenn es ihm wirklich um den Krankenschein ging, wäre es doch egal ob 8 oder 10 Uhr…
Ich habe den Betrieb dann Freitag morgen per SMS informiert, dass ich den Krankenschein bereits in die Post gegeben habe und 8 Uhr nicht erscheinen werde, da ich krank bin.
Daraufhin hatte ich dann die fristlose Kündigung im Briefkasten. Ich suche jetzt natürlich schnellstmöglich einen neuen Betrieb (hatte ich sowieso geplant) aber wie kann ich sonst noch vorgehen, abgesehen von der IHK?
Vielen Dank vorab!
Deine erste Abmahnung bei denen?
Ja
Hast du sonst schonmal unentschuldigt gefehlt?
Nein, war ja wie gesagt auch noch bis vor kurzem in der Probezeit
6 Antworten
Kündigung geht meines Wissens nach erst nach der 3. Abmahnung.
Am Besten mal beim deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) anrufen und vielleicht in die passende Gewerkschaft eintreten. Dann genießt Du den Arbeitsrechtschutz des DGB - und die kennen sich aus.
Wenn du dir ansonsten noch nichts hast zuschulden kommen lassen und auch wie du schreibst während deiner Probezeit keine unentschuldigte Fehlzeiten hattest, halte ich die Kündigung nicht für haltbar. Sie bezieht sich quasi auf den selben Anlass wie die erste Abmahnung und das an zwei Tagen hintereinander auszusprechen halte ich für problematisch. Als Azubi genießt du besonderen Kündigungsschutz und dieses Vorgehen erscheint mir fragwürdig.
Sieht mir eher so aus, als ob sie einen Grund suchen, um dich loszuwerden. Allerdings frage ich mich, warum sie dann bis nach der Probezeit gewartet haben, vorher wäre es einfacher gewesen.
Du kannst einen Anwalt einschalten und auf Weiterbeschäftigung klagen. Das hätte den Vorteil, dass du weiter zur Berufsschule gehen kannst, während du dir einen neuen Betrieb suchst. Ich würde auch, wie du schreibst, die Handelskammer einschalten, die können dir auch helfen, einen neuen Betrieb zu finden.
Du kannst aufgrund des geringen Einkommens über das Amtsgericht Rechtsberatungshilfe in Anspruch nehmen.
Hier ein Link des Amtsgerichts Köln, welches das Verfahren erörtert um die Beratung zu erhalten:
https://www.ag-koeln.nrw.de/aufgaben/abteilungen/360_Beratungshilfe/index.php
In Gewerkschaft eintreten und schon genießt Du den Arbeitsrechtsschutz des deutschen Gewerkschaftsbundes...da zahlst Du nur den Mitgliedsbeitrag - und der ist für Azubis günstig...
Es gibt auch eine Arbeitnehmerhilfe, dort kannst du dich kostenlos beraten lassen und als Mitglied bekommst du für 40 € im Jahr auch einen Anwalt, der dich berät und vertritt.
Wie groß ist der Betrieb?
Der Kündigungsschutz gilt zum Beispiel in Betrieben in denen weniger als 5 Personen arbeiten nicht nach dem Kündigungsschutzgesetz.
Die Abmahnung ist berechtig.
Der Arbeitgeber hat Dich ins Büro bestellt, da er solange keine AU vorliegt davon auszugehen hat das man der Arbeit unentschuldigt fernbleibt.
Da Du nicht erschienen bist, wird das als Arbeitsverweigerung gewertet und somit auch fristlos gekündigt.
Ich muss ja schon sagen, dass Du am 04.01. bis zum 07.01. krankgeschrieben wurdest und der Schein erst am 07.01. beim Arbeitgeber eingeht ist schon schlecht. Solange kann die Post nicht brauchen. Hier wurde bestimmt die Post später aufgegeben.
Das dann die AU verlängert wurde und bis zum 13.01. immer noch keine neue AU vorgelegt wurde ist ein Versäumnis.
Der Arbeitgeber kann verhaltensbedingt kündigen, was er in Form der fristlosen Kündigung getan hat.
Ob diese ehr in eine ordentliche Kündigung umgewandelt wird oder man sich vor Gericht aufgrund des gestörten Vertrauensverhältnisses trennt mag ich nicht vorhersagen.
Ich kann nur empfehlen mit dem Arbeitgeber schnellstens abzuschließen und mit der IHK nach einem Ausbildungsbetrieb suchen wo Du deine Ausbildung fortführen kannst.
Bringe deine Energie besser in die Ausbildung ein, als in eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem bisherigen Arbeitgeber. Das ist mein Tipp.
Was Du machst, entscheidest Du!
Viel Glück wünsche ich dir, egal welchen Weg Du beschreitest.
Kannst ja mal berichten was Du machst!
Wenn die Probezeit rum ist, ist sie rum. Ab dem Tag, wo sie endet, greifen für dich die Sonderregeln für Azubis rund um die arbeitgeberseitige Kündigung. Diese sind sehr streng - und lassen definitiv keine Kündigung (egal ob ordentlich oder außerordentlich) wegen einer einmalig verspäteten Abgabe eines Krankenscheins zu!
Von daher, ja, definitiv Widerspruch zur Kündigung einreichen. Und wende dich ruhig an die zuständige Kammer zur Unterstützung!
Davon abgesehen, dass er seit über zwei Wochen auf sein Gehalt wartet...
Das ist ein anderes und davon komplett unabhängiges Thema. Bei verspäteter Gehaltszahlung kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnen - und ggf. selbst fristlos kündigen, wenn sich das wiederholt bzw. trotz Mahnung keine Zahlung erfolgt. Aber es wird da nichts gegeneinander aufgerechnet oder so. Sprich, eine berechtigte Kündigung durch den Arbeitgeber kann der Arbeitnehmer nicht dadurch "aufheben", dass er selbst ebenfalls einen Grund zu einer fristlosen Kündigung hätte.
Es geht um Auslegung. Wenn man die an sich gestellten Forderungen super lasch auslegt und die Forderungen an die andere Seite super strikt, hat das schon ein G'schmäckle.
Auch wieder ein ganz anderes Thema! In diesem Fall kein rechtliches, sondern eher in die Richtung, ob man bei diesem Ausbildungsbetrieb die Ausbildung fortsetzen möchte und sollte. Kernfrage ist und bleibt aber, ob diese Kündigung rechtlich okay ist. Und das ist sie eben nicht, sofern zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Probezeit bereits um war. Sprich, das Ausbildungsverhältnis besteht weiterhin.
Ich denke, dass bei der Argumentation vor Gericht, wenn man bspw. argumentieren will, dass man die Regeln eben streng durchsetzt, es eine Rolle spielt, ob man den gleichen Maßstab auch an sich selbst anlegt. Grundsätzlich, mir geht es nicht um den konkreten Fall.
Naja, du hast es bis Freitag nicht geschafft eine AU von Freitag oder Montag in die Post zu geben. Arbeitsrechtlich kann ich das nicht bewerten, aber Abmahnung 1 und Kündigung an zwei Tagen hintereinander ist schwierig.
Brauch man dazu zwingend einen Anwalt? Weil ich glaube nicht das ich mir das leisten kann momentan.