Krankengeld, Aussteuerung, Nahtlosigkeit, ALG I – und dann?
Hallo zusammen, vielleicht kann mir jemand helfen.
Folgender Fall:
Ich bin 59 Jahre alt, männlich. Angestellter. Seit 1973 durchgehend beschäftigt. Seit 07.05.2015 arbeitsunfähig erkrankt. Diagnose: Lungenkarzinom, dadurch Depressionen, Burnout, Panikattacken usw. Schwerbehindert mit 80 Grad. Mit dem 06.11.2016 läuft nun meine Krankengeldzahlung aus.
Bisher verlief der Heilungsprozess der Lunge positiv, aber bei der letzten CT-Untersuchung wurden Unregelmäßigkeiten usw. festgestellt. Ich soll mal abwarten und in 3 Monaten wieder eine CT-Untersuchung machen lassen, sagt der Arzt. Ich war eigentlich wieder so gut drauf, dass ich versuchen wollte eine Wiedereingliederung anzustreben.
Nun bin ich durch die o.g. Diagnose wieder in ein tiefes psychisches Loch gefallen und spüre keine Kraft mehr, im Moment eine Wiedereingliederung durchzuführen. Es sieht dann wohl so aus, dass ich über den 06.11.2016 weiterhin arbeitsunfähig bleibe. Doch dies ist der Zeitpunkt der Aussteuerung durch die Krankenkasse. Ich müsste dann im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung ALG I beantragen. Das ALG I ist bekanntlich weniger als das Krankengeld.
Nun meine komplizierten Fragen:
Wie viel weniger ist das ALG I? Kann ich hierzu einen ALG I-Rechner im Internet benutzen, oder wird das anders berechnet? Gehalt: vormals ca. 3000 € brutto, 1850 € Krankengeld, Anspruch auf EM-Rente 1340 € nach 10,8 % Abzug.
Wie viel ALG I käme da wohl raus? Wie lange läuft die Nahtlosigkeit? Normaler weise habe ich mit 59 Jahren Anspruch auf 2 Jahre Arbeitslosengeld. Ich muss dann wohl auf Mitteilung der Arbeitsagentur einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Bis der von der Rentenversicherung genehmigt wird, werden wohl einige Monate vergehen.
Was ist, wenn es mir innerhalb dieser Monate des laufenden Verfahrens der Beantragung der EM-Rente wieder so gut geht, dass ich dann eine Wiedereingliederung beginnen möchte? Kann ich dann den Antrag auf EM-Rente zurückziehen oder ist dieser Antrag „unwiederbringlich“ gestellt?
Stimmt es, dass wenn ich 6 Monate ALG I im Rahmen der Nahtlosigkeit bekomme, dann wieder mit derselben Krankheit weiterhin 78 Wochen eine Krankengeldzahlung bei meiner Krankenkasse durch ärztlichen Attest beantragen kann?
Muss ich im Rahmen der Nahtlosigkeit meine Krankmeldungen der Arbeitsagentur vorlegen? Ich habe gehört, wenn ich das mache, die Arbeitsagentur mir dann nur noch eine Art „Lohnfortzahlung“ für 6 Wochen gewährt. Danach käme ich in Hartz IV.
Was ratet Ihr mir? Wiedereingliederung? Nahtlosigkeitsregelung? EM-Rente beantragen? Habe noch knapp 4 Jahre bis zur Rente mit 63.
Viele Fragen, aber vielleicht findet sich ja jemand mir zumindest einen Teil davon zu beantworten.
Vielen Dank für Eure Hilfe.
LG
3 Antworten
Da das ALG I zwingend mit einem EU-Rentenantrag verbunden ist, spielt die Zahlung des ALG I keine Rolle, weil sie am Ende mit der rückwirkenden Verrentung verrechnet wird. Gleiches gilt dann mit dem Krankengeld. Eine deinerseitige Rückzahlung bereits erhaltener Gelder ist nicht möglich.
Empfehlung : Nicht erst auf die Aussteuerung warten, sondern jetzt schon einen EU-Rentenantrag stellen. Die Entscheidung geht dann schneller als Du glaubst, weil Du objektiv von Arbeitslosigkeit bedroht bist. Auch greifst Du damit der Arbeitsagentur vor, die ansonsten deine Vermittlungsfähigkeit über den Medizinischen Dienst der Arbeitsagentur feststellt. Die ersetzen somit eine Krankmeldung, oder schlimmstenfalls stellen sie eine Teilerwerbsfähigkeit fest, die den Anspruch auf das volle ALG mindern kann. Natürlich nur bis zur Entscheidung über den EU-Antrag.
Da immer noch der Grundsatz "Reha vor Rente" besteht, wirst Du vom Rententräger auf die Rehafähigkeit geprüft. Musst also damit rechnen, dass Du für ca. 6 Wochen eine Rehaklinik besuchen darfst. Es ist aber möglich, dass sie aufgrund deines Schwerbehindertenstatus darauf verzichten.
Einen Vorteil hast Du, weil Du in die 61er-Regelung fällst. Bedeutet: auch wenn der Rententräger nur eine Teilerwerbsminderung feststellt, bekommst Du trotzdem die volle EU-Rente als sogenannte "Arbeitsmarktrente" ausgezahlt. Bedeutet auch, dass Du schadlos trotz voller EU-Rente einen 400-EUR-Job erledigen darfst. Vielleicht ist das eine Möglichkeit in deiner alten Firma weiter zu arbeiten, die bestimmt ihr Schwerbehindertenkontingent erfüllen muss ? Finanziell für dich jedenfalls besser, als das ständige "Schaffe ich oder schaffe ich nicht". Und mit positiven Endeffekt, weil bis zum 63. Lebensjahr die pauschalen Rentenversicherungsbeiträge die spätere Vollrente erhöhen.
Ansonsten hört die pauschale Anrechnung der Rentenbeiträge über EU-Rente mit dem 60. Lebensjahr auf. Es ist vom Gesetzgeber also gewollt, dass Du dir als Übergang einen Teilzeitjob suchst. Macht zwar später nur 60 EUR im Monat aus, aber immerhin....
Eine EU-Rente kannst Du jederzeit mit einem Vollerwerbsjob unterbrechen. Die Frage ist nur, dass, wenn das nicht dauerhaft klappt, die ganze Prozedur mit geringeren vorangestellten Einkünften noch einmal anzuraten ist. Der Zeitraum für die Berechnung der Gehaltsgrundlage ist dann einfach zu kurz und Du wirst nach dem Bundesdurchschnitt geschätzt.
bin selbst in einer ähnlichen situation und habe 7 monate auf den rentenbescheid gewartet...trotzdem kann dir nur raten die rente zu beantragen...dein alg kannst du einfach selbst berechnen...60% deines krankengeldes, ausser du hast noch ein unterhaltsberechtigtes kind, dann bekämst du einen höheren satz.
dass du im rahmen der nahtlosigkeit erneut krankengeld durch die krankenkasse bekommen kannst, weiss ich nicht, kann es mir aber auch nicht vorstellen, da sie mir sogar insgesamt 10 wochen rehamaßnahmen mit zahlung von erheblich geringerem Übergangsgeld durch die rentenversicherung voll mit in die 78 wochen eingerechnet haben und laut aussage des sozialverbandes auch durften.
wünsch dir alles gute!
Das kann ich dir alles beantworten! Ja, nach dem Krankengeld bekommst du das Alg 1, das sind maximal 64% vom letzten netto. In dem Moment musst du Erwerbsminderungsrente beantragen. Was ja finanziell egals ist da die Summe ziemlich identisch ist mit den Alg 1. Ich sehe im Moment nicht, das du noch mal wieder arbeiten gehst? Oder willst du unbedingt? Für einen erneuten Krankengeld Bezug müssen weitere 1,5 Jahre vergangen sein und du musst 6 Monate arbeitsfähig sein und in diesen 6 Monaten darf nicht ein AU Tag der beiden geblockten Krankheiten gewesen sein.