Ist es eine Straftat wenn man bei Notwehr jemanden tötet?

14 Antworten

Wenn es wirklich Notwehr ist nicht. Notwehr ist allerdings nur Distanz zwischen sich selber und den Angreifen bringen. 
D.h. wenn du auch schlagen solltest ist es keine Notwehr mehr sondern ebenfalls Körperverletzung bzw. Totschlag.

Lg

PatrickLassan  24.02.2017, 09:26

Notwehr ist allerdings nur Distanz zwischen sich selber und den Angreifen bringen.

Der Gesetzgeber sieht das anders:

§ 32 Abs. 2 StGB

Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen
gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen
abzuwenden.

https://dejure.org/gesetze/StGB/32.html

ChrisAntwort  24.02.2017, 09:28
@PatrickLassan

Erforderlich..das ist genau das Wort...ein Schlag etc. wäre in keiner Situation erforderlich.
Ich habe mit Polizisten bereits darüber geredet und nur wiedergegeben was ich zur Antwort bekam...

Klar hängt es auch großteils vom Anwalt ab aber Erforderlich ist es selten das man selber zu einem Gewalt akt greift

PatrickLassan  24.02.2017, 09:35
@ChrisAntwort

ein Schlag etc. wäre in keiner Situation erforderlich. ...  Erforderlich ist es selten das man selber zu einem Gewalt akt greift

Mal davon abgesehen, dass du dir selbst wiedersprichst, kommt es immer auf die Situation an und darauf, wie ein Richter den Sachverhalt wertet.

Es hat einen Fall gegeben, in dem ein Jäger einem Einbrecher in den Rücken schoss, das wurde in der ersten Instanz als Notwehr gewertet.

Es gab einen anderen Fall, in dem jemand einen Tankstellenräuber mit einem Auto anfuhr, und das wurde meines Wissens ebenfalls als Notwehr anerkannt.

ChrisAntwort  24.02.2017, 09:44
@PatrickLassan

Es gibt auch andere Möglichkeiten Gewalttätig zu sein ohne Schlagen.
Außerdem ist die Rechtslage anders wenn das eigene Eigentum zusätzlich in Gefahr ist...allerdings bin ich auch kein Jurist, und kann daher keine 100% Auskunft geben.

Das kommt auf die Umstände an. Wenn Dich jemand so ernsthaft bedroht, dass Dein Leben in akuter Gefahr ist und Du ihn aus Notwehr tötest, ist das meist keine Straftat. Die Notwehr muss aber immer angemessen sein.

Wenn es sich wirklich um Notwehr gehandelt hat dann ist das keine Straftat.

Notwehr (§ 32 StGB) ist ein Rechtfertigungsgrund. Das bedeutet: Liegen die Voraussetzungen von Notwehr vor, dann ist die begangene Tat nicht strafbar, weil sie gerechtfertigt war.

Anders als bei dem Rechtfertigungsgrund des Notstands (§ 34 StGB) findet im Rahmen der Notwehr keine Verhältnismäßigkeitsprüfung und also auch keine Abwägung zwischen dem von dir in Notwehr verletzten und dem durch den Angreifer bedrohten Rechtsgut statt.

Das bedeutet: Selbst wenn der Angriff lediglich auf das Eigentum gerichtet ist, kann die Tötung des Angreifers durch Notwehr gerechtfertigt sein, obwohl das Leben wertemäßig weit über dem Eigentum steht.

Bei jedem Fall, in dem Notwehr als Rechtfertigungsgrund in Betracht kommt, müssen aber die Voraussetzungen der Notwehr genau geprüft werden. Nur wenn sie vorliegen, ist der Verteidiger auch wirklich gerechtfertigt. Ich möchte hier nicht alle Voraussetzungen detailliert aufzählen (dazu kannst du bei Interesse auch ein juristisches Lehrbuch lesen, zB Strafrecht Allgemeiner Teil von Wessels/Beulke/Satzger; das findet man in jeder Uni-Bibliothek).

Einige Hinweise möchte ich aber noch geben, die leider oft falsch verstanden werden:

Zunächst muss eine Notwehrlage vorliegen, damit überhaupt über Notwehr nachgedacht werden kann. Eine Notwehrlage liegt vor, wenn ein rechtswidriger, gegenwärtiger Angriff gegeben ist. Vor allem die Gegenwärtigkeit macht oft Probleme: Ist der Angriff zB schon vorbei (weil etwa der Dieb ohne Beute flieht oder der Angreifer aufgehört hat zu schlagen und auf dem Rückweg ist), dann kommt Notwehr nicht mehr in Betracht.

Liegt eine Notwehrlage vor, muss geprüft werden, ob auch die Verteidigungshandlung den Anforderungen an eine Notwehr genügt.

Wie oben schon bemerkt muss bei der Notwehr keine Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Viele meinen, Notwehr müsse verhältnismäßig sein. Zum einen kann das einfach falsches Wissen sein, zum anderen meinen manche damit zwar das richtige, drücken es aber mit dem falschen Wort aus.

Mit "Verhältnismäßigkeit" ist hier gemeint, dass zwei Rechtsgüter ins Verhältnis zueinander gesetzt werden. Es werden also das bedrohte und das verletzte Rechtsgut miteinander verglichen. Beispiel: Der Angreifer bedroht das Rechtsgut Gesundheit/körperliche Unversehrtheit, indem er dem Opfer den Arm brechen will. Das Opfer wehrt sich und tötet den Angreifer. Es ist völlig klar, dass das Rechtsgut Leben wertemäßig über dem Rechtsgut Gesundheit/körperliche Unversehrtheit steht. Demnach war die Verteidigung hier nicht verhältnismäßig. Trotzdem kann in diesem Fall Notwehr vorliegen, weil eine solche "Verhältnismäígkeit" keine Voraussetzung der Notwehr ist.

Was einige mit dem Wort "Verhältnismäßigkeit" meinen, ist eventuell die "Erforderlichkeit", die tatsächlich eine Voraussetzung der Notwehr ist. Erforderlich ist eine Verteidigungshandlung dann, wenn der Verteidiger gegen den Angreifer ein geeignetes Mittel, und wenn mehrere gleich gut geeignete Mittel zur Verfügung stehen, das mildeste (=für den Angreifer ungefährlichste) Mittel einsetzt.

Auch mal dazu ein Beispiel: A stiehl B die Brieftasche und rennt damit weg. B stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung: a) Er schießt A in den Rücken, tötet ihn damit und bekommt die Brieftasche so zurück. b) Er schießt A ins Bein, sodass dieser nicht weiter wegrennen kann. c) Er rennt A hinterher, ist aber langsamer als dieser, sodass er nicht weiß, ob er ihn erwischen und zu Boden werfen kann.

Alle drei Verteidigungsmittel sind zunächst mal geeignet (d.h. irgendwie förderlich), um den Angriff (der hier übrigens noch fortdauert, weil der Dieb mit Beute wegrennt, und somit noch gegenwärtig ist) zu beenden. Angenommen, B hätte Möglichkeit a) gewählt und A erschossen. Dann ist zu fragen: War dieses Mittel geeignet? Ja, war es. Gibt es noch andere Mittel, die ihm zur Verfügung standen? Ja, nämlich b) und c). Waren diese Mittel auch gleich gut geeignet, um den Angriff zu beenden? Möglichkeit c) sicherlich nicht, denn da ist der Ausgang ungewiss, und auf ungewisse Verteidigungsmöglichkeiten braucht der Verteidiger nicht zu vertrauen. Aber b) wäre milder und auch gleich geeignet, weil diese Möglichkeit den Dieb genauso gut wie das erschießen am wegrennen gehindert hätte.

In dem Fall, wo hier B den A erschießt, obwohl es ein milderes Mittel gegeben hat, war die Handlung des B nicht erforderlich und somit nicht durch Notwehr gerechtfertigt.

Also: Es geht bei der Notwehr nicht darum, dass das verteidigte Rechtsgut mehr oder gleichviel wert war wie das Rechtsgut, das durch die Verteidigung verletzt wurde. Es geht nur darum, dass der Verteidiger nicht mehr tut, als nötig ist, um den Angriff zu beenden. Und wenn eben die Tötung nötig ist und der Angriff nicht anders beendet werden kann, dann ist selbst bei Angriffen auf das Eigentum die Tötung grundsätzlich gerechtfertigt.

Noch kurz zu einer letzten Voraussetzung der Notwehr (die nicht im Gesetz steht, aber von der Rechtsprechung zur Einschränkung des sehr weit gehenden Notwehrrechts "erfunden" wurde): Die Gebotenheit. Hier hat die Rechtsprechung einige Fallgruppen entwickelt, in denen eine eigentlich gegebene Notwehrhandlung nicht geboten und daher nicht gerechtfertigt war.

Einige Beispiele für diese Fallgruppen:

a) ein krasses Missverhältnis - das ähnelt sehr der Verhältnismäßigkeit. Wenn das beeinträchtigte Rechtsgut (zB das Leben des Angreifers) in einem so krassen Missverhältnis zu dem verteidigten Rechtsgut (zB ein paar Bonbons) steht, sodass jedem normal denkenden Mensch dieses Missverhältnis als extrem krass erscheint, dann ist die Notwehr nicht geboten gewesen und somit die Handlung nicht gerechtfertigt.

b) Schusswaffengebrauch - eigentlich schon bei der Erforderlichkeit der Handlung prüfbar. Besteht für den Verteidiger die Möglichkeit, dann ist ein Schusswaffengebrauch nach der Rechtsprechung erst anzudrohen, dann ein Warnschuss und erst als letzte Möglichkeit ein scharfer (eventuell tödlicher) Schuss abzugeben.

c) Bei Notwehrprovokationen (d.h. man provoziert eine Notwehrlage, um sich dann gegen den Angriff gerechtfertigt verteidigen zu dürfen) ist die Notwehr nach der Rechtsprechung eingeschränkt oder sogar ganz unmöglich.

Es gibt noch ein paar andere Fallgruppen.

Ich hoffe, ich konnte dir mit dieser recht langen und ausführlichen Antwort weiterhelfen und auch einige Missverständnisse des Notwehrrechts aufklären. Deine Frage lässt sich also mit einem nein beantworten. Auch die Tötung eines Menschen ist gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Notwehr vorliegen.

JensSchneeweiss 
Beitragsersteller
 07.03.2017, 08:20

was steht da ?

Sofern wirklich Notwehr vorliegt, ist es nicht rechtswidrig. Darüber entscheidet dann ein Gericht.

§ 32 StGB:

Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

https://dejure.org/gesetze/StGB/32.html