Notwehr wegen Beleidigung?
Frage nur aus Intresse... Ich habe gehört dass man bei der Verletzung von Ehre auch mit Notwehr zurückschlagen kann stimmt das? Und wenn jetzt mich jemand provoziert bzw beleidigt und ich ihn schlage ist das Notwehr?
16 Stimmen
10 Antworten
Wenn dich jemand beleidigt und du dich dadurch gekraenkt fuehlst, darfst du die Person im Rahmen des Notwehrrechts zurueck beleidigen (Konterbeleidigung).
Sollte dich besagte Person durchgehend beleidigen und keine Anstalten machen in absehbarer Zeit damit auf zu hoeren, hast du die Moeglichkeit mit dem geringsten Mittel zur Verteidigung gegen einen Angriff zu reagieren. In dem Fall waere eine Backpfeife das Mittel der Wahl.
Alles was darueber hinaus geht steht in keinem Verhaeltnis zum gegenwertigen Angriff und wird als Notwehrueberschreitung bezeichnet. Selbige ist sofern du nicht aufgrund von Angst, Panik oder erheblichem Stress gehandelt hast strafbar.
Hoffe ich konnte helfen.
Ehre ist ein geschütztes Rechtsgut. Beleidigung ist ein rechtswidriger Angriff. Eine Mittelangemessenheit sieht das Strafrecht nicht vor. So weit, so gut.
Problem: wie lange dauert der Angriff an? Wenn die Beleidigung ausgesprochen ist, dann ist der Angriff ja im Prinzip beendet und es liegt kein Notwehrgrund mehr vor. Eine Situation einer länger andauernden Beleidigung kann man zwar konstruieren (ein Schwall von Beschimpfungen), ist aber eher unrealistisch.
Noch ein Problem: Beweisbarkeit und Interpretierbarkeit der Beleidigung.
Und nicht zuletzt: und allen Abwehrmitteln, die den Beleidigungsangriff nachhaltig beenden können, ist das jeweils mildeste zu wählen. Da kann einem schon etwas anderes einfallen als ein Faustschlag.
Trotzdem gibt es auch Gerichtsurteile, die eine körperliche Zurwehrsetzung bei einer provozierenden Beleidigung als Notwehr bewerten. Man kann es also nicht sagen. Aber das Risiko trägst Du!
Zinedine Zidane hat das damals jedenfalls für sich gegen Marco Materazzi so ausgelegt. Quittung war der verlorene WM Titel, aber seine Ehre blieb ihm.
Wenn jemand deine Ehre verletzt, dann kannst du dich auch verbal wehren.
Wenn dich jemand provoziert und du ihn schlägst, ist das keine Notwehr, sondern von deiner Seite aus Schwäche, weil du damit nicht umgehen kannst.
Wenn mich jemand körperlich angreift, dann kann ich mich wehren.
Aber verbale Verletzung ist keine Voraussetzung für eine Notwehr.
Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Der Angriff muß gegenwärtig und rechtswidrig sein, die Verteidigung muß zur Abwendung erforderlich sein. Eine Beleidigung ist in diesem Sinne keine Angriff, so daß es auch keine Notwehr dagegen geben kann.
Weise nach, daß es falsch ist.
Weise nach, daß es falsch ist.
Gerne:
Zuletzt BGH, Urt. v. 17.5.2018 – 3 StR 622/17, NStZ-RR 2018, 272:
Gegen einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff auf die Ehre ist eine Verteidigung mit Mitteln der Notwehr jedenfalls dann zulässig, soweit es sich nicht um geringfügige Behelligungen im sozialen Nahbereich, um sozial tolerables Verhalten oder eine sonstige Bagatelle handelt.
OK, ich habe inzwischen erkundet, daß Notwehr auch gegen Beleidigung gelten kann. Mir scheint es aber schwierig, gegen Beleidigung Notwehr anzuwenden, ohne sofort das dafür erforderliche Maß zu überschreiten.
Mir scheint es aber schwierig, gegen Beleidigung Notwehr anzuwenden, ohne sofort das dafür erforderliche Maß zu überschreiten.
Das erste Problem ist, dass die Beleidigung als Angriff gegenwärtig sein muss - und wenn es sich bloß um den kurzen, einmaligen Ausspruch einer Beleidigung handelt, ist die Beleidigung schon nicht mehr gegenwärtig.
Wenn's aber zu einem Schwall an Beleidigungen kommt, dann wäre die Erforderlichkeit abstrakt gesehen gegeben, wenn die Androhung eines Schlages nicht gefruchtet hat.
Ist die Auffassung des BGH etwas Neues? - Ich habe vor langer Zeit gelernt, daß ein Angriff, gegen den Notwehr erforderlich sein kann, ein tätlicher Angriff sein muß. Gegen andere Angriffe ist juristisch vorzugehen, was leichter gesagt als getan ist.
Ist die Auffassung des BGH etwas Neues? -
Nein; das ist im Prinzip unumstritten und war auch schon vom Reichsgericht und vom BGH mit Urteil vom 14.02.1952 – 5 StR 1/52, BeckRS 1952, 31192437 so entschieden worden.
Ich habe vor langer Zeit gelernt, daß ein Angriff, gegen den Notwehr erforderlich sein kann, ein tätlicher Angriff sein muß.
Das ist so definitiv falsch.
Gegen andere Angriffe ist juristisch vorzugehen, was leichter gesagt als getan ist.
Ebendrum - und würdest du jemandem zumuten, eine Beleidigungskaskade erdulden zu müssen, wäre das ganze ziemlich witzlos.
Falsch.