Haus zwangsversteigert - Gläubiger will nicht räumen
Hallo, ich habe ein Haus ersteigert, und der frühere Besitzer möchte nicht raus. Ich habe schon über den Gerichtsvollzieher schon die Aufforderung zur Herausgabe sowie die vollstreckbare Ausführung des Räumungstitels zustellen lassen. Alles ziemlich eindeutig und klar. Jetzt kommt der Anwalt vom Schuldner daher mit irgendwelchen Gerichtsurteilen... die wollen einfach nur Zeit schinden. Ich versteh das nicht, die müssen doch irgendwann sowieso raus - was soll das Verhalten bezwecken?
Was muss ich tun, um hier nicht als legitimer Ersteigerer von einem frustrierten Schuldiger und dessen Anwalt über den Tisch gezogen zu werden? Besteht die Gefahr, dass ich auf einem Berg Kosten sitzenbleibe und / oder erst in einem Jahr oder noch später Zugriff bekomme?
13 Antworten
Nimm Dir einen Anwalt.
Außerdem: wenn Du einen Räumungstitel hast, sollst Du den Gerichtsvollzieher hinschicken. Ich kann mir jetzt nicht so viel vorstellen, was die Räumung dann noch verhindern sollte. Laß Dich nicht einschüchtern!
Wenn ich so etwas lese frage ich mich, wie blauäugig muss man sein um derart unbedarft an eine Zwangsversteigerung, an eine noch bewohnte Immobilie, heran zu gehen. Selbstverständlich freuen sich die Vorbesitzer wenn ihnen ihr Heim weggenommen wird. Selbstverständlich werden sie den neuen Besitzer mit offenen Armen empfangen und sofort mit Freuden das Haus räumen; und den Schlüssel zum Haus an einem goldenen Band überreichen. Klar, würden man doch auch so machen wenn es einen selbst beträfe.
So etwas sollte man im Vorfeld wissen bzw. sich entsprechend sachkundig machen. Eine Zwangsversteigerung hat nicht nur einen Grund sondern in der Regel auch massive Folgen in Form von Ärger und Kosten. Zwangsräumung, (kann über ein Jahr dauern und tausende Euro kosten) Zerstörung aus Frust, (was relativ häufig vor kommt) seit Monaten keinen Strom, Gas oder Wasser bezahlt und abgestellt, Messi-Bude bis oben hin zugemüllt, höllischer Gestank und Ungeziefer usw. usw. Wer trägt wohl all die Kosten? Richtig der Käufer.... Sorry, keine Verständnis für so viel Naivität.
Was sagt dein Anwalt? Nach einer zwangsversteigerung hast du nur begrenzt Zeit, deine Ansprüche ohne besondere Schutzfristen für die Bewohner durchzusetzen.
Super - diese Beiträge haben mir sehr geholfen. Danke
So, und jetzt komme ich dazu, ein paar Zeilen zu meiner Story zu schreiben.
Habe 2Familienhaus 11/2010 ersteigert. Rechtsanwalt des Schuldners war der Autor des hier auffallend häufig von Mitglied Feurigel gelobten Buches "Trickkiste der Zwangesversteigerung" , RA Stefan Schindler aus Regensburg.
Kann es sein, dass sich RA Schindler und Mitglied Feurigel bereits seit Geburt kennen ???
Mir hat das Buch jedenfalls auch geholfen.
Es hat mir geholfen, die Strategien und Denken des Schuldners und insbesondere dessen RAes zu erkennen und mit deren eigenen Waffen zu schlagen. Ich habe das Buch auch meinem damaligen RA gegeben, auch er hat gewisse Schlüsse daraus ziehen können.
Wir haben das Objekt in 04/2011 mit Gerichtsvollzieher und Spedition zwangsgeräumt, wodurch sich additiv Kosten in Höhe von rund 10000 € auftürmten - nicht zuletzt durch die Anwaltskosten, entstanden durch sinnlose selbstschädigende Gegenwehr des Schuldigers. Wir hätten auf diese dumme Kostenanhäufung gerne verzichten können.
Nun sind wir bereits seit 07/2011 im Haus (BJ 78, seither Renovierungsstau) und haben es mit erheblichem, aber für handwerklich versierte Menschen kalkulierbarem finanziellem und körperlichem Aufwand innen sehr schön renoviert. Aussenarbeiten folgen in den kommenden 2 Jahren.
Und das schönste: Unsere neue Rechtsanwältin (dem ersten RA haben wir wegen Unfähigkeit und Motivationsfreiheit das Mandat entzogen) hat innerhalb weniger Wochen erreicht, dass wir die ersten 2000 Euro des Zehntausender-Restbetrages letzte Woche vom Schuldner erhalten haben - nebst einer Verfügung über die weitere Ratenzahlung, alternativ zur sofortigen Vollstreckung des Restbetrages bei Säumigkeit.
Wir konnten somit für einen Gesamtaufwand von ca. 220000 Euro incl. aller Kosten (Renovierung, Gebot, usw...) ein Objekt erwerben und in 4 Monaten erneuern, das nun rund 100000 Euro mehr wert sein dürfte.
Ich sollte noch erwähnen, dass ich bereits bei der Versteigerung mehr über das Objekt wusste, als meine beiden Mitbieter - ich kenne einen, der den Schuldiger seit langen Jahren gut kennt, aber keinen Kontakt mehr pflegte. Er berichtete mir über Zustand und Ausstattung des Objektes und gut informiert konnte ich den wissensdefizitären Mitbietern im Gebot gelassen entgegen halten.
Es war meine erste (und möglicher Weise letzte) Versteigerung im Leben.
Ich saß im Gerichtssaal gezielt mittig in der letzten Reihe. Hatte guten Blick auf Mimik und Gestik von Rechtspfleger (Augenkontakt...!), Mitbieter, Gläubiger, Schuldiger und Audienz und konnte mit entsprechend gutem Timing mit den Geboten taktieren. 5/10 Wertgrenze, und 62 % Verkehrswert war ein guter Schnitt... !
Ferner möchte ich noch los werden, dass es mir nicht darum ging, Menschen aus ihrem Eigenheim zu drängen. Hätte ich das Objekt nicht ersteigert, dann hätten es meine Mitbieter mindestens 15000 Euro billiger erhalten und mit der Räumung und der Rückforderung der Kosten vielleicht nicht so lange gefackelt. Ich habe mir hier gedacht, leben und leben lassen! Der Schuldner hat durch sein dickfelliges uneinsichtiges Verhalten leider selber zu seiner irreversiblen Situation beigetragen - das konnte ich nicht beeinflussen. Ich wünsche ihm jedenfalls alles Gute in seinen veränderten Lebensumständen! Fazit: Natürlich stellt solch eine Aktion ein Risiko dar. Ganz klar: Für beidseitige Linkshänder mit 10 falschrum angewachsenen Daumen und Werkzeugallergie ist solch eine Aktion nix. Mir hat die Geschichte irrsinnig Spass gemacht, war aber auch ebenso anstrengend. Nicht falsch verstehen - es hat mir keinen Spass gemacht, jemanden aus seinem Heim zu räumen - hier habe ich immer mit Respekt und Anstand agiert!
Ich habe vor der Aktion eine Werte-und-Risikoabwägung erstellt, was denn im Haus alles defekt, zerstört, mutwillig beschädigt hätte sein können. Man muss ja an alles denken, was ein Verzweifelter anrichtet: Keller mit Wasser oder Heizöl fluten, Heizungsrohre direkt am Boden anbohren, einen Kanister mit Benzin im Kamin drapieren, Türen, Fenster, Wände, Leitungen zertrümmern, was auch immer. Türen wollten wir sowieso neu, Fenster teils auch.Rohre kann ich selber schweissen / Löten. Heizöl ist keins im Haus, Gasheizung...und Explosion war versichert, siehe drei Zeilen weiter. Nichts dergleichen ist eingetreten, hätte aber sein können.
Ich habe das Haus vor Versteigerung auf meinen Namen elementarversichert - man weiss ja nie, ob nicht der Gashahn aufgedreht wird und jemand mit dem Feuerzeug Licht macht... just in den damaligen Wochen ist in Nordbayern ein Versteigerungshaus in die Luft gejagt worden...
Man muss sich handwerklich einiges zutrauen (ist ok...) und braucht gute Nerven, um den Trip schadlos durch zu stehen. Mir gelang das. Meine etwas angespanntere Frau konnte ich auch immer wieder beruhigen.
In vergleichbarer Situation würde ich wieder so handeln. Andernfalls Risiken und eigene Fähigkeiten, Mittel, Reserven abwägen und neu entscheiden.