Habe ich mit einer chronischen Krankheit Anspruch auf Befreiung der Nachtschicht?
Sehr geehrtes gutefrage.net team,
Ich bin bald in einer Ausbildung zum Rettungssanitäter und ich habe mir vor kurzem erst richtig gedanken darüber gemacht wie ich das mit meiner Colitis Ulcerosa (Chronische Darmentzündung) vereinbaren soll. Ich nehme vor dem schlafen gehen täglich ein Zäpfchen und das heißt so viel wie: Eine Nachtschicht wäre unvorteilhaft für meine Gesundheit.
Nun der Rettungsdienst ist für mich mein Traumberuf und ich werde alles dafür geben in diesem Beruf auch weiterhin so gut es geht tätig zu sein.
Ich habe gelesen, dass das Gesetz auf meiner Seite ist und dass ich wenn ich gesundheitlich nicht bei der Nachtschicht mitmachen kann, ich davon befreit werden kann.
Es gab im Internet Beispiele mit Personen die schon Jahrelang gearbeitet haben. Doch wie ist das mit Personen die erst anfangen in dem Beruf zu arbeiten? Habe ich da die selben rechte Tagsüber zu arbeiten? Oder würde man mich kündigen?
Ich würde mich freuen wenn die Antworten von Leuten kommen die sich wirklich auskennen. Mir ist bewusst, dass es auf der moralischen Ebene für meinen Arbeitgeber blöd ist und dass ich mir doch einen neuen Beruf suchen kann, aber das will ich garnicht, weil es sich um meinen Traumberuf handelt und ich diesen ja auch am Tag ausüben kann.
Vielen dank :) mfg
8 Antworten
Es kann auch für dich ein Problem geben, wenn du weißt dass Schichtdienst für dich nicht machbar ist, du aber einen Arbeitsvertrag mit Schichtdienst unterschreibst. Es dürfte für den Arbeitgeber dann nicht allzu schwierig sein, dich fristlos zu kündigen und die Rückerstattung der Ausbildungskosten zu verlangen. Das dürfte nämlich unter arglistige Täuschung fallen.
Das heißt: Du solltest dich gleich vom Vorfeld darum kümmern, dass Nachtschichten im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden. Wenn der Arbeitgeber das so mitmacht, bist du auf der sicheren Seite.
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Und weil ich die Diskussion bei der anderen Antwort gesehen habe:
Doch, es ist egoistisch, zu sagen "sollen halt die Kollegen die Nachtschicht machen". Die haben den gleichen Vertrag wie du, und da steht "Schichtdienst" drin. Das heißt, ihr habt alle den gleichen Anspruch darauf, dass die Schichten schön verteilt sind. Jemand, der locker-flockig sagt "ich nehme nur die eine Sorte Schichten", bringt dieses gleichberechtigte System komplett durcheinander.
Denkbar wäre es, dass du dir einen Rettungsdienst suchst, der nur tagsüber tätig ist. Oder dass du dir einen Kollegen suchst, der nur in der Nacht arbeiten will und ihr dann auf freiwilliger Basis die Schichten tauscht.
Aber gleich mit der Attitüde "sollen halt die anderen mein Problem ausbaden" zur Arbeit zu gehen, fällt eindeutig in die Kategorie Kameradenschwein.
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Warum macht das Zäpfchen eigentlich die Nachtschicht unmöglich? Und ist das die einzige Therapie? Ich würde ja eher schauen, ob es einen anderen Weg gibt.
Gleichberechtigung ist in meiner Auffassung ein sehr relativer Begriff. Ich habe es mir halt nicht ausgesucht colitis zu haben
Naja, dann kann ich mich auch über mangelnde Gleichberechtigung beschweren, weil ich ein Mann bin und deshalb nicht schwanger werden kann.
Lass' uns beim Thema Gleichberechtigung mal besser bei den Dingen bleiben, auf die der Mensch auch einen Einfluss hat.
und ich bin ja in der lage im beruf tätig zu sein.
Die Nachtarbeit ist Teil dieses Berufes. Wenn du sagst, dass du den Beruf machen kannst, dann sagst du damit auch dass du Nachtschichten machen kannst.
lediglich will ich dass mir wenigstens die chance geboten wird mich in einem beruf für den ich mich interessiere arbeiten zu dürfen.
Ja. Diese Chance besteht diesbezüglich darin, dass du dich mit der Nachtschicht arrangierst.
Ich nehme granulat zum trinken am morgen und zäpfchen vorm schlafen gehen damit der darm von oben und unten in stand gehalten wird. Mein arzt sieht es sehr positiv dass ich wahrscheinlich keine probleme mehr damit haben werde. [...] Ich brauche auch keine toilette im krankenwagen weil ich kern gesund bin wenn ich meine medikamente nehme.
Also, wo ist das Problem mit der Nachtschicht?
Wenn das Zäpfchen so geartet ist, dass du danach nicht mehr arbeiten kannst, wechselst du eben an den Tagen mit Nachtschicht die Reihenfolge: Morgens zum Schlafengehen das Zäpfchen und abends zum Dienst das Granulat.
Wenn du nur in der ersten halben Stunde nach dem Zäpfchen nicht viel laufen solltest, dann wende es doch abends einfach eine Stunde vor Dienstbeginn an.
Hi,
Habe ich mit einer chronischen Krankheit Anspruch auf Befreiung der Nachtschicht?
Einen grundsätzlichen Anspruch auf eine Befreiung gibt es nicht - es muss zum einen arbeitsmedizinisch festgestellt werden, dass die Erkrankung eine Gesundheitsgefährdung darstellt, sodass eine Nachtschicht unzumutbar ist, zum anderen dürfen keine "dringenden betrieblichen Erfordernisse" des Arbeitgebers entgegenstehen (vgl. § 6 Abs. 4 ArbZG).
Und die "dringenden betrieblichen Erfordernisse" wird es auf jeden Fall geben: nämlich die dienstplanmäßige Besetzung der Nachtschicht, für die man nicht "einfach so" Abhilfe schaffen kann.
Und dann ist da genau das Problem, das RedPanther bereits genannt wird: dein Arbeitsvertrag.
Mit Unterzeichnung deines Arbeitsvertrages hast Du dich verpflichtet, deine Arbeitskraft zu den bekannten Konditionen - nämlich der Wechselschichtarbeit - anzubieten, obwohl dir eine relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Voraus bekannt war und dem Arbeitgeber aller Wahrscheinlichkeit nach verschwiegen wurde.
Nennt man tatsächlich arglistige Täuschung und gibt dem Arbeitgeber das Recht, den Vertrag jederzeit anzufechten (vgl. § 123 BGB) - bedeutet im Klartext: fristlose Kündigung.
Persönliche Meinung
Man sollte sich seines "Wertes" für den Arbeitgeber bewusst sein. Mit einem 520-Stunden-Lehrgang in der Tasche ist man nicht gerade unersetzbar.
Und unter diesen Voraussetzungen mit unterschlagenen Informationen, einer relevanten gesundheitheitlichen Einschränkung und einem üppigen Sonderwunsch vor Tag 1 anzukommen, wird definitiv weder für eine anhaltende Tätigkeit, noch für besondere Beliebtheit unter den Kollegen sorgen...
Entweder spielt man von vornherein mit offenen Karten - oder man sucht sich einen Beruf, für den man gesundheitlich geeignet ist.
LG
Naja, das ist halt immer so eine Sache mit Recht haben und Recht bekommen. Es ist davon auszugehen, dass Du relativ schnell während der wohl vorhanden Probezeit wieder gekündigt wirst. Natürlich ohne dabei explizit darauf einzugehen, dass die mögliche Nachtschichtbefreiung ein Problem ist. Also lieber mal die Probezeit abwarten, bevor Du irgend etwas unternimmst.
Aber was anderes: Hast Du bereits Deine ärztliche Eignungsprüfung hinter Dir? Wie wurde das dort eingeordnet?
Die Arbeitsmedizinische Untersuchung ist in 10 Tagen, mein Boss hat mir gesagt, dass dort nur paar spezifische Sachen nachgesehen werden.
Blutproben, Impfungen und ob ich Asthma habe wegen der Maskenpflicht.
Meine Colitis ist 2017 entdeckt worden, war kurz aktiv, seit dem nehme ich fleißig die Zäpfchen und es war auch nie mehr problematisch.
Im Blut sollte man nichts finden, weil ich keine Entzündungswerte habe. Sowas sieht man nur wenn die Krankheit intakt ist
Meinst du also, dass ich es bei der Untersuchung auch lieber nicht ansprechen sollte und einfach mal abwarten sollte?
Das Verschweigen kann in diesem Fall zur fristlosen Kuendigung fuehren, falls du eingestellt werden solltest.
Ja das sehe ich auch so
Nein, bei der Untersuchung auf keinen Fall verschweigen.
Aber wenn das da problemlos durchgewunken wird und Du die Ausbildung normal startest, würde ich nicht gleich am ersten Tag mit einer Nachtbefreiung ankommen. Das meinte ich mit abwarten.
Danke :)
Das mag sein, dass du darauf Recht hast, das müsstest du individuell mit einem Arbeitsmediziner und dem Betriebsrat absprechen.
Aber: deine Karriere wird nicht von Dauer sein. Wenn du direkt mit solchen "Sonderwünschen" einsteigst, wird man dich ganz schnell wieder kündigen.
Zudem wirst du finanzielle Einbußen haben, da dir die Wechselschichtzulage fehlt.
Wenn du berufliche Einschränkungen hast, musst du das deinem Arbeitgeber mitteilen, sonst verletzt du deine Arbeitnehmer-Pflicht.
Rede hier mit deinem Facharzt, was er aus gesundheitlichen Gründen dazu sagt.
Danke :) ich finde dass das eine sachliche und hilfreiche antwort ist. Mir geht es nicht darum jemandem etwas schlechtes anzutun und die meinung anderer ist mit sicherheit von wert für mich wenn diese nicht provokant ist. In dem sinne danke
Gleichberechtigung ist in meiner Auffassung ein sehr relativer Begriff. Ich habe es mir halt nicht ausgesucht colitis zu haben und ich bin ja in der lage im beruf tätig zu sein. Ich will hier niemandem den job klauen.
Ich komme aus einer armen familie und bisher war in meinem leben nicht viel gerecht. Aber das beklage ich nicht, lediglich will ich dass mir wenigstens die chance geboten wird mich in einem beruf für den ich mich interessiere arbeiten zu dürfen. Tagsüber wäre es garkein problem für mich
Ich nehme granulat zum trinken am morgen und zäpfchen vorm schlafen gehen damit der darm von oben und unten in stand gehalten wird. Mein arzt sieht es sehr positiv dass ich wahrscheinlich keine probleme mehr damit haben werde. Hatte am anfang schwierigkeiten und seid 3 Jahren keine mehr. 2017 wurde ich diagnostiziert
Ich brauche auch keine toilette im krankenwagen weil ich kern gesund bin wenn ich meine medikamente nehme. Mein arzt hat es mit dem zähne putzen verglichen. Macht man das immer, bleiben die zähne gesund