Freelancer - Scheinselbstständig - Rentenversicherungspflicht?
Hallo, kurz und knapp die Frage: (ich: Webentwickler)
Ich möchte mich gern als Freelancer auf eine bestimmte Zeit von einem Unternehmen beschäftigen lassen. Hierbei kann ich selber entscheiden wann und wo ich arbeite (homeoffice) etc.pp halt alles was ein selbstständiger so macht.
Dann höre ich jedoch man bekommt Probleme wenn man nur einen Auftraggeber hat über eine bestimmte dauer , unter anderem mit der Rentenversicherung.
1) Bin ich überhaupt Rentenversicherungspflichtig?
2) Wie stellt man solch eine "Anstellung auf Zeit" an? (Vertraglich o.ä.)
Ich habe keinesfalls vor das Gesetz hier zu hintergehen, jedoch sollte es doch einem ermöglicht werden Geld zu verdienen als Selbstständiger, auch wenn man nur einen Kunden / Auftraggeber hat. Man baut sich halt langsam auf und die Berufserfahrung kommt nicht von alleine.
Montag gehts zum Rathaus und es wird erst einmal das Gewerbe angemeldet. (keine Kleinunternehmerregelung)
Edit: Ich habe bislang 2 Kunden, jedoch sind mehr als 5/6 meines einkommens nur einem Kunden zuzurechnen. Das schreit nach scheinselbstständigkeit obwohl dies nicht der fall ist. wie kann ich mich dagegen wehren?
5 Antworten
1) Bin ich überhaupt Rentenversicherungspflichtig?
Wenn du
- auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig bist (5/6 der Umsätze)
- keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer oder mehr als einen Mininjobber mit Lohnsumme > 450,- € im Monat beschäftigst
- die Tätigkeit mehr als geringfügig ausübst (entnommener Gewinn übersteigt im Monatsschnitt regelmäßig 450,- €)
bist du rentenversicherungspflichtig gem. § 2, Nr. 9 SGB VI.
Hiervon kannst du dich bei erstmaliger Aufnahme einer Tätigkeit als Selbständiger mit einem Auftraggeber befreien lassen (Formular V0023).
Scheinselbständigkeit ist etwas anderes als ein Selbständigiger mit einem Auftraggeber.
Nur einen Hauptauftraggeber zu haben bedeutet noch nicht, dass man "scheinselbständig" ist. Für diesen Personenkreis hat der Gesetzgeber extra die Regelung zur Rentenversicherungspflicht für "Selbständige mit im Wesentlichen einem Auftraggeber" geschaffen, §2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI. Wenn du tatsächlich selbständig bist und nur einen großen Auftraggeber hast, unterliegst du der Rentenversicherungspflicht. Für deine Krankenversicherung bist du dann selbst verantwortlich.
Solltest du aber nicht selbständig, sondern abhängig beschäftigt sein, unterliegst du der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Sollte dein Arbeitgeber dich als Selbständigen behandeln und es stellt sich z.B. im Rahmen einer Betriebsprüfung heraus, dass du gar nicht selbständig bist, muss der Arbeitgeber die Beiträge nachzahlen und bekommt evtl. noch eine Strafe wegen Steuer- und Beitragshinterziehung. Nicht schön.
Anhand deiner Angaben kann man nicht beurteilen, ob du selbständig bist oder nicht. Ich empfehle daher ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund, die entscheidet das. https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/3_Infos_fuer_Experten/02_arbeitgeber_steuerberater/01a_summa_summarum/05_lexikon/S/statusfeststellungsverfahren.html
Im übrigen ist das Vorliegen eines Gewerbeschein für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung irrelevant. Die Gleichung "Gewerbeschein=Selbständig" geht nicht auf.
Gute Antwort! Statusfeststellung ist der beste Weg um auf sicheren Seite zu sein - sowohl für den Auftragnehmer als auch für den (wesentlichen) Auftraggeber.
Im Gesetz steht „auf Dauer und im Wesentlichen“ nur für einen Auftraggeber. 5/6 der Einkünfte ist hier ungefähr der Wert für „im Wesentlichen“.
Du kannst als Existenzgründer Dich für die ersten drei Jahre von der Versicherungspflicht (so sie denn bestünde) befreien lassen.
http://www.rente.net/selbststaendige/befristete-befreiung-fuer-existenzgruender.html
Und so weitere Auftraggeber suchen - weil jeder startet mit einem Arbeitgeber.
Natürlich sollte man siehe @kevin1905 seinen Status feststellen lassen - schon damit die Fristen beginnen. drv-bund hat ein paar Dinge zusammen gestellt an denen man sowas wie Scheinselbstständig erkennt (packe ich in einen Kommentar, es geht nur ein Link). Mit Deiner Krankenkasse musst Du auch reden damit die Dir nicht den höchsten Beitrag abknöpft denn hier gilt der Verdienst vom Finanzamt und gerade in der Startphase kann man eine Menge absetzen.
Nur einen Auftraggeber = Scheinselbstständigkeit, auch wenn du evtl. selbst entscheiden kannst wann und wo du arbeitest.
Denn du hast dein Haupteinkommen nur von diesem einen Auftraggeber und er sagt dir was du machen musst.
Also, doch weisungsgebunden.
Und ja, du musst dich KV versichern.
RV kann auf freiwilliger Basis erfolgen.
Der Vertrag wird eben als befristeter Zeitvertrag abgeschlossen.
Aber ich würde die Finger davon lassen.
Deine Argumentation ist nicht richtig. Dann wären alle Versicherungsvertreter Angestellte, sind sie aber nicht.
Danke für die schnelle Antwort. Naja irgendwo muss ja Geld reinkommen, ich habe 2 Kunden jedoch ist der Löwenanteil (mehr als 5/6) den ich an Geld bekomme nur einem Kunden zuzuschreiben. Wie kann ich mich davor schützen, dass das Finanzamt mir unrechtmäßig eine Scheinselbstständigkeit während ich mich noch aufbaue zuschreibt? Ich möchte gerne Berufserfahrung sammeln und gleichzeitig Kunden gewinnen, oder ist dies in diesem Sinne verboten
Wenn du nur für EINEN Auftraggeber tätig bist, spricht das dafür dass du scheinselbständig bist.
Gerade als Webentwickler ist es ja durchaus üblich, dass man parallel an mehreren Projekten arbeitet.
Du kannst aber von deiner Krankenkasse deinen Vertrag darauf hin prüfen lassen, ob dieser eine Versicherungspflicht bedeutet.
Und selbstverständlich kann dein Auftraggeber dich befristet einstellen. Diese Befristung kann dann durchaus projektbezogen sein.
Ich habe mir das sorgfältig durchgelesen und danke dir für diese Antwort. Eine Frage ergibt sich mir doch gerade noch, es steht überall geschrieben "ein, in zahlen 1" auftraggeber, ich habe jedoch mehrere. Es geht bei mir nur um die 5/6 bzw den finanziellen teil