Firma tritt aus Arbeitgeberverband aus, Gewerkschaftsmitglied werden?
Meine Firma möchte (und wird) aus dem Arbeitgeberverband austreten. Nun wirbt der Betriebsrat häftig damit, dass wir so schnell wie möglich Gewerkschaftsmitglieder werden weil wir da gewissen Vorteile haben. Kann mir jmd kurz stichwortartig sagen ob es da wirklich vorteile gibt?
4 Antworten
Eine starke Gewerkschaft in einem Betrieb ist letztendlich die einzige Möglichkeit, ob es immer klappt ist natürlich eine andere Frage, einen Arbeitgeber dahin zu bringen, wieder einen Tarifvertrag abzuschließen und sei es nur ein Haustarifvertrag. Individuell wird man das nicht schaffen und kann sich natürlich darauf verlassen, dass man so ein toller und unersetzlicher Typ ist, das der Arbeitgeber zumindest einem selbst gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen anbietet und dass man es nicht nötig hat, mit seinen Kolleginnen und Kollegen gemeinsam aufzutreten aber auch d besteht keine Erfolgsgarantie ;-)
Arbeitsrecht gibt es ja nicht nur dann, wenn der Betrieb im Arbeitgeberverband ist. Auch unabhängig davon kann es viele Situationen geben, in denen man für eine Beratung dankbar ist.
Zudem kann auch ein Betriebsrat - wenn er einer Gewerkschaft angehört - davon profitieren, weil er Schulungen besuchen kann und Ansprechpartner in der Gewerkschaft findet. Als Betriebsrat ist man zunächst mal kein geschulter Arbeitsrechtler, und es ist vorteilhaft, wenn man Unterstützung im Hintergrund hat.
Nach dem Betriebsverfassungsrecht ist es auch zulässig, dass ein Gewerkschaftsvertreter an Sitzungen des Betriebsrats oder an Betriebsversammlungen teilnimmt. Ds wird er aber nicht tun, wenn im Betrieb nur eine Handvoll Gewerkschaftsmitglieder sind.
Du wirst zum Beispiel bei Kündigungsschutzklagen unterstützt, bei Streik wird Geld gezahlt, die Gewerkschaft erkämpft für Dich höhere Löhne ...
Ich sehe eigentlich nur Vorteile.
Lies doch mal:
Nur Gewerkschaftsmitglieder haben einen Rechtsanspruch auf tarifliche Leistungen - auch dann noch, wenn der Arbeitgeber aus dem Tarif austritt.
https://www.igmetall.de/guter-rat-was-die-ig-metall-leistet-5586.htm
Übrigens gibt es noch mehr Vorteile - ich kann aber jetzt nicht die gesamte Satzung zitieren.
Daran merkt man, dass Gewerkschaften auch nur Unternehmen sind. Arbeitnehmer so sehr zu veraengstigen und Falschinformationen zu streuen, damt sie Mitglied werden ist IMHO unserioes.
Tarifvertraege sind nur heranziehbar, wenn der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft und der Arbeitgeber im Arbeitgeberverband ist oder sich im Arbeitsvertrag auf den Tarifvertrag bezogen wird (wobei es dabei auch auf die konkrete Formulierung ankommt). Wenn nun dein Arbeitgeber austritt (was inzwischen zur Mode geworden ist), entfaellt also ein Grund, der Gewerkschaft beizutreten statt dass einer hinzu kommt.
Ich wuerde mein Geld eher in eine entsprechende Rechtsschutzversicherung stecken ... damit kann man im Fall der Faelle mehr bewirken.
@ Ifm001:
Deine Antwort und Dein erster Kommentar sind wesentlich geprägt von Polemik und antigewerkschaftlichen Ressentiments!
Das sind real existierende Erfahrungen mit der Gewerkschaft, in der ich mal war, welche jahrelang gerne meine Beiträge genommen hat, die mich aber im Ernstfall nicht vertreten wollte, weil ich übertariflich bezahlt wurde (muss ich jetzt erwähnen, dass der Beitrag auf Basis des übertariflichen Gehalts erhoben wurde?). Die auf kurzfristige optische Effekte abzielende Tarifpolitik der Gewerkschaften hat mich dann entgültig zum Austritt bewegt.
Die gleiche Gewerkschaft hat später in einen anderen Betrieb, in dem ich bis heute arbeite, der vergleichsweise sehr sozial eingestellt ist, aktiv Angstmacherei betrieben, um neue Mitglieder zu werben. Die Argumente waren schlicht an den Haaren herbeigezogen.
Du kannst dir ja auch mal die Machenschaften der Gewerkschaft bei der Schließung des Opel-Werks anschauen. Da haben die Nicht-Organisierten in Absprache mit der Gewerkschaft Seite an Seite mit den Organisierten gestreikt (erstere natürlich ohne Streikgeld), und die Gewerkschaft hat nichts besseres zu tun, als für die Organisierten ein Mehr rauszuholen. Dieses Mehr wäre ohne Unterstützung der Nicht-Organisierten nicht möglich gewesen.
wow, endlich mal ne ehrliche und direkte anwort ohne werbung.... ich habe etwas gelesen von "nachwirken"... dies gilt ja aber nur solange bis ein neuer "vertrag" abgeschlossen ist oder? D.h. letztendlich bringt es für einen persönlich gar nichts mehr wenn man in der Gewerkschaft ist und der Arbeitgeber nicht mehr im Verband?!
Genau bei dieser Nachwirkung des Tarifvertags kommt es auf die konkete Formulierung im Arbeitsvertrag an. Es ist AFAIK alles moeglich von "keine Nachwirkung" ueber "bis der Tarifvertrag geaendert wird" bis "Nachwirkung, bis der Arbeitsvertrag mal geaendert wird".
ok ich chek das, vielen dank :)
Nachwirken tut ein Tarifvertrag für alle, die vor der Kündigung desselben Mitglied einer vertragsschließenden Gewerkschaft sind, egal ob das im Arbeitsvertrag steht oder nicht (§ 4 Absatz 5 des Tarifvertragsgesetzes). Tarifrecht kann nicht per Arbeitsvertrag gebrochen werden, es sei denn, der Tarifvertrag selbst sieht bereits die Möglichkeit individueller Regelungen vor. Also mal nicht so fatalistisch.... :D
@ joey100:
wow, endlich mal ne ehrliche und direkte anwort ohne werbung
Was für ein Blödsinn!
So wie Du das formulierst, könnte man leicht an "Schmarotzertum" denken: von den Gewerkschaften nichts wissen wollten, aber alle Errungenschaften gerne "mitnehmen"!
Was haben denn die Gewerkschaften tatsächlich in den letzten 20 Jahren erreicht? ... und kommt jetzt nicht mit dem vermeintlichen Aufhalten von Verschlechterungen. Die Gewerkschaften ruhen sich auf den Erfolgen aus den 1970er Jahren und davor aus.
Euer Betriebsrat sollte sich auch nochmal seiner Aufgabe bewusst werden. Er hat nicht die Interessen der Gewerkschaft zu vertreten, sondern die der Arbeitnehmer.
Und die Gewerkschaften sind Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, weil sie ja auch nur ein Zusammenschluss von Arbeitnehmern sind, also besteht da gar kein Widerspruch es sei denn, man betrachtet sie, so wie du offensichtlich, als Rechtsschutzversicherung, die man "konsumieren" kann. Sie leben auch vom Engagement der Mitglieder, was natürlich nicht so gut funktioniert, wenn man selbst keinen Bock hat, was zu machen oder zumindest das "Machen" von anderen zu unterstützen.
@ Ifm001:
Was soll dieser unsinnige Kommentar? Wo vernachlässigt der Betriebsrat hier sein Aufgaben?
Der Betriebsrat hat keine Mitgliederwerbung zu betreiben. Seine Neutralität ist schlicht nicht mehr gewahrt. Seine Aufgabe ist die Vertretung aller(!) Mitarbeiter.
Nein ... das ist für mich keine Rechtsschutzversicherung. Allerdings degradieren sich die Gewerkschaften selbst dazu. Eine zielführende Interessenvertretung für Arbeitnehmer sind die in meinen Augen schon lange nicht mehr.
Ich war selbt mal einen längeren Zeitraum Gewerkschaftsmitglied.
Der Betriebsrat hat keine Mitgliederwerbung zu betreiben.
Das ist selbstverständlich richtig:
Ein Betriebsratmitglied darf in dieser Eigenschaft keine Werbung für eine Gewerkschaft machen.
Aber wenn der Fragesteller schreibt: "Nun wirbt der Betriebsrat heftig damit, dass wir so schnell wie möglich Gewerkschaftsmitglieder werden", dann ist für mich damit nicht gesagt, dass der Betriebsrat dass in dieser seiner Eigenschaft macht, sondern für mich ist das zunächst einmal nur eine unreflektierte, nicht differenzierende Aussage!
Im Übrigen bedeutet die Werbung um Mitglieder ja nicht gleichzeitig, dass nicht alle Mitarbeiter vom Betriebsrat vertreten würden!
Nein, genau das tun sie halt nicht mehr (mit Ausnahme der Kuendigungsschutzklage), wenn der Arbeitgeber aus seinem Verband ausgetreten ist.