Art der Vertrauensarbeitszeit mit Kernzeit 9 - 18 Uhr?
Hallo liebe Gutefrage-Community,
ich möchte mal eure Meinung zu meinen Arbeitszeiten erfragen.
Ich selber bin noch relativ jung (22) und habe noch nicht all zu viel Erfahrung mit dem Berufsleben bekommen. Deshalb auch die Frage um ein paar Tipps und Meinung zu bekommen :)
Folgends: Unsere Arbeitszeiten, laut meiner Cheffin "Basieren auf dem Vertrauensarbeits-Modell. Das heißt, wir haben keine Zeiterfassung. Kernzeiten sind von 9 - 18 Uhr (inkl. 1h Pause)" was die komplette Arbeitszeit vorschreibt und nicht nach "Vertrauensarbeit" aussieht.
Gleitzeit haben wir nicht. Da die Arbeitsstunden nicht aufgeschrieben oder irgendwo notiert werden, können die Überstunden nicht festgehalten werden. Im Vertrag steht außerdem, dass Überstunden nicht gesondert Vergütet werden sowie eine 40h Arbeitswoche. Ich habe meine Cheffin mal gefragt ob es überhaupt Überstunden gibt was sie bejahte!
Ich habe bereits viele Überstunden gesammelt aber soll Arbeitszeit direkt nachholen sobald ich eine Minusstunde mache wie z.B. mit Absprache 1h später kommen weil z.B. ein Arzttermin ansteht. Mir kommt es also so vor als würde man die Augen zumachen, also den Fakt ignorieren, wenn ich Überstunden mache aber die Augen aufreißen sobald eine Minusstunde gemacht wird sodass man diese direkt nachholen soll.
Wie denkt ihr über solche Arbeitszeiten? Ist es gerechtfertigt und ist so ein Zeit-Modell ok?
Vielen lieben Dank für eure Antworten im Voraus
~Simon
4 Antworten
Vertrauensarbeitszeit bedeutet nur das eben nicht erfasst wird. Gleitzeit habt Ihr sicherlich auch, also darfst mit Sicherheit eine Stunde früher kommen und 2 später gehen und musst eben von 9-18 da sein. Die Kernzeit.
Ja was Du da beschreibst spiegelt leider die Realität in den meisten Firmen wieder. Mach das ein paar Jahre und schau das Du dann wechselst wo die Arbeitszeit erfasst wird und Überstunden auch vergütet werden. Vertrauensarbeitszeit klingt immer ganz toll, aber bedeutet auch nur Überstunden meistens. Ja, ist auch üblich das es keine Vergütung gibt und so "gerechnet" wird wie bei Euch. Daher ist eine Erfassung immer besser.
Sehr kluge Entscheidung. Ja, ich musste da auch durch und manchmal wurde es noch härter, aber irgendwann findet man dann etwas was passt.
Das Problem ist einfach, dass so ein Vertrauensarbeitszeitmodell nur dann funktioniert, wenn - wie der Name schon sagt - der Vorgesetzte seinen Angestellten vertraut.
Wenn ich das richtig erkenne, scheint das bei Eurer Chefin nicht der Fall zu sein. Meine damalige Chefin hat so ein Modell abgelehnt, weil sie ehrlich zugegeben hat, einigen Angestellten nicht zu vertrauen und zusätzlich auch immer wissen wollte, wann die Kollegen im Büro sind.
Mit unserem neuen Chef haben wir so ein Modell und es funktioniert perfekt. Bei Euch empfinde ich das allerdings als absolut sinnfrei, wenn die Kernarbeitszeit aber schon die gesamte tägliche Arbeitszeit abdeckt.
Ansonsten gibt es auch Unternehmen, die dieses Modell ausnutzen. Auf der einen Seite werden Überstunden nicht mehr erfasst, da der Arbeitnehmer diese ja problemlos ungefragt absetzen kann, auf der anderen Seite wird aber jede dieser vermeintlichen Fehlzeiten genau beobachtet.
Euer Arbzeitszeitenmodell ist rechtens, aber nicht ok.
Kernarbeitszeiten, die die gesammte tägliche Arbeitszeit umfassen sind sinnlos und nur zugunsten des Arbeitgebers.
Warum machst du Überstunden? Weil sie angeordnet wurden? Erforderlich sind? Wenn ja, steht dir durchaus ein Ausgleich zu:
https://efarbeitsrecht.net/vertrauensarbeitszeit-und-ueberstunden/
Fazit: So ein Arbeitszeitmodell(allein dieses: IMMER bis 18Uhr auf Arbeit) würde ich nur annehmen wenn ich unbedingt muss!
PS: darfst du deine Stunden vllt Tagesweise abfeiern?
Danke für deine Antwort!
Die Überstunden mache ich weil sie erforderlich sind damit ich das, wo ich gerade dabei bin, fertig bekomme oder auch einfach mal weil so viel ansteht an Aufgaben.
Ob ich sie Tagesweise abfeiern kann glaube ich eher nicht wenn ich schon, obwohl ich einige Überstunden habe, Minusstunden direkt nachholen soll.
Einmal durfte ich einen Tag mit Überstunden freinehmen aber auch nur, weil ich die vorherige Woche bis 24Uhr gearbeitet habe obwohl eigentlich um 18Uhr Feierabend war.
Da kommst du aber auch ganz schnell an die gesetzliche 10h Grenze!
Das stimmt, war aber auch nur das eine Mal weil ein großer Auftrag fertig werden musste.
Was soll da Vertrauensarbeitszeit sein, wenn die Arbeitszeit feststeht, Du jeden Tag zur gleichen Zeit anfangen musst und Feierabend hast?
Wieso gibt es "Minusstunden" wenn es keine "Plusstunden" gibt, wenn Du länger bleibst?
Deine Chefin soll sich mal den § 17 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz anschauen. Danach ist der AG verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG hinausgenende Arbeitszeit der AN aufzuzeichnen und diese Daten mind. zwei Jahre aufzubewahren
Davon mal abgesehen ist eine Klausel im Arbeitsvertrag, die pauschal besagt, dass Überstunden/Mehrstunden nicht vergütet werden, nichtig. Die Klausel ist nur dann gültig, wenn ein AN ein sehr hohes Einkommen hat oder wenn die Anzahl der Überstunden die im Gehalt inbegriffen sind konkret genannt werden.
Danke für deine schnelle Antwort und den Ratschlag! Vorerst werde ich noch hier bleiben da es sonst im Lebenslauf sehr komisch aussieht wenn man nur ca. 2 Jahre bei einer Firma war. Die Option mit dem Wechsel habe ich mir auch schon ins Auge gefasst - nur nicht jetzt schon wie ebenso von dir erwähnt :)