Ablehnung wg. Verwandschaft - Antidiskriminierungsgesetz? Betriebsrat?
Hallo ihr Lieben,
ich habe mal eine Frage:
widerspricht es dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, wenn ein Bewerber wegen einer Verwandschaft zu einem Mitarbeiter derselben Abteilung abgelehnt wird?
Und zwar nicht sofort, sondern nachdem er zwei Vorstellungsgespräche hatte, die Verwandtschaft von vornherein offen kundgetan wurde und das Unternehmen diesen Umstand seit 6 Monaten (!) kannte? Und dann auf einmal fällt ihnen ein, dass sie Verwandte nicht in einer Abteilung haben wollen (vorher war das ja offensichtlich kein Thema...)?
Und wenn nicht AGG, kann man sich dann vielleicht an den Betriebsrat wenden?
Bei der Verwandtschaft handelt es sich übrigens um Geschwister.
7 Antworten
Es spricht nicht unbedingt etwas dagegen, wenn verwandschaftlich verbandelte Mitarbeiter (Geschwister) in einer Abteilung arbeiten.
Vielleicht hat Ihr Arbeitgeber bedenken dass die Geschwister zu wenig Energie für die Arbeit übrig haben, oder sich nicht ins Team integrieren lassen.
Wenn der Arbeitgeber einen Bewerber ablehnt, weil ein Verwandter in derselben Abteilung arbeitet, kann er dies meines erachtens tun, ohne gegen das AGG zu verstoßen.
Das AGG soll gegen Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung, der Hautfarbe, des Geschlechts und des Alters eines Bewerbers schützen.
Verwandschaftliche Verhältnisse haben mit dem AGG nichts zu tun.
Hätte der Arbeitgeber etwas mehr Phantasie gehabt und hätte er beispielsweise fachliche Gründe genannt, dann gäbe es keine Diskussionen. Genau das machen heute viele Arbeitnehmer, wenn sie einen Bewerber ablehnen, oder die Arbeitgeber nennen gar keinen Grund mehr.
Fazit:
Einen Verstoß gegen das AGG geltend zu machen, können Sie vergessen.
Was soll der Betriebsrat tun? Eventuell kann der Betriebsrat den Arbeitgeber davon überzeugen dass es vorteilhaft ist, wenn mehrere Mitglieder einer Familie im Unternehmen sind. Ich kenne Unternehmen, die haben Familienangehörige bevorzugt.
Peter Kleinsorge
Ich drücke Ihrem Bruder die Daumen!
Tipp:
Er soll den Brief so formulieren, dass der Vorstand Ihrem Bruder erklären muss, wieso es zur Firmenkultur / Firmenethik gehört sich so zu verhalten.
Wenn Ihr Bruder die Chance zum Gespräch bekommt, dann hat er gute Chancen die Stelle doch noch zu bekommen.
Der Grat ist aber recht schmal, Sie müssen präzise formulieren, aber nicht zu emotional werden.
Peter Kleinsorge
Nochmal Danke!
Mein Bruder hat die Stelle übrigens doch bekommen. Das Schreiben hat ordentlich Staub aufgewirbelt und man ist zu dem Schluss gekommen, dass die Ablehnung des qualifiziertesten (!) Bewerbers wg. dem Verwandtschaftsverhältnis ein Fehler war und dieser wurde nun korrigiert!
Das ist mal eine tolle Nachricht...
Es freut mich, wenn ich helfen konnte dass Ihr Bruder den Job doch noch bekommen hat.
Grüßen Sie auch Ihren Bruder von mir.
LG Peter Kleinsorge
Das kommt darauf an, ob du beweisen kannst, dass Gründe, die nicht in deiner Leistung liegen, den Ausschlag gegeben haben. Mit Beweisen kannst du dich an den Betriebsrat wenden, der sich möglicherweise für deine Einstellung einsetzt. Aber die blße Vermutung reicht nicht.
Danke erstmal.
Es ist anders herum. Ich bin die Mitarbeiterin, mein Bruder hatte sich beworben. Aber das tut ja letztendlich nix zur Sache.
Die Personalerin hat meinem Bruder am Telefon bei der Absage gesagt, dass es am Verwandtschaftsverhältnis zu mir liegt!
Und das, obwohl wir innerhalb der Abteilung nicht mal was miteinander zu tun hätten... er wäre als Monteur draußen, ich sitz im Sekretariat.
Zunächst stellt sich einmal die Frage in was für einem Betrieb Du arbeitest? Oder hast Du Dich erst in diesen Betrieb beworben und wärst somit eine Neueinstellung? Wenn Du schon Beschäftigter in diesem Betrieb bist, kannst Du Dich durchaus an den Betriebsrat wenden. Sonst wäre er für Dich nicht zuständig.
Aber es gibt durchaus Firmen, die es nicht zulassen, dass verwandte (verheiratet, verschwägert usw.) in einer Abteilung zusammen arbeiten. Das hat in meinen Augen aber nichts mit Diskriminierung zu tun.
Danke.
Also ich bin seit 1,5 Jahren in der Firma, fest angestellt. Eigentlich auch eine klasse Firma, ein Industriebetrieb mit knapp 10.000 Mitarbeitern.
Zu deiner Antwort: Wenn von vornherein klar gewesen wäre: Wir lassen keine Verwandten in einer Abteilung zu würde ich das ja akzeptieren.
Aber mein Bruder hat sich vor über einem halben Jahr beworben. Aus dem Geschwisterverhältnis wurde nie ein Hehl gemacht, es war allen bekannt (Vorgesetzten, Personalabteilung, etc). Er wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und kam in die engere Auswahl. Dann gab es diesbezüglich ein weiteres GEspräch (weil sich die Struktur geändert hatte und es jetzt einen anderen Teamleiter für entsprechendes Team gab und der meinen Bruder auch nochmal sehen wollte).
Immernoch keine REaktion. Er war bis heute im REnnen. Und heute kam mein Chef um die Ecke und meinte, dass sein Chef (also der Bereichsleiter) grade beschlossen hat, dass er keine Verwandtschaft in seinem Bereich will.
Das heißt, er wurde mit einer Begründung abgelehnt, die ein halbes Jahr lang keine Rolle gespielt hat. Das ist es, was mich so aufregt...
Das AGG regelt einige Sachverhalte, die durch das Grundgesetz unzureichend abgedeckt werden. Wer jedoch meint, dass mit der Einführung vom AGG das Grundgesetz überflüssig geworden wäre, irrt gewaltig. Hier eine Übersicht über die größeren Zusammenhänge: www.jura.uni-koeln.de/uploads/media/Gleichheitsgrundsatz_Diskriminierungsverb.pdf
Verwandtschaft zählt im vorliegenden Fall als Argument ebenso viel wie ethnische Herkunft. Viele Grüße
Christof Wahner
Danke!!! Ich werde mich mal da durch lesen und hoffe, vielleicht doch noch was zu finden...
Also, ich sehe wirklich keinem Grund warum Geschwister nicht in den gleichem Betrieb arbeiten könnten...
Vielen Dank!
Nach allem, was ich bei Google so gefunden habe, kam ich zu demselben Schluss.
Mein Bruder wird jetzt einen Brief an den Vorstand schreiben. Vermutlich wird er dadurch die Stelle nicht bekommen, aber hoffentlich wird zumindest der Bereichsleiter einen auf den Deckel bekommen...