Zoll öffnet Paket UND zerstört Sammlerware in Wert von 3.500 €?
Liebe Community,
ein guter Sammlerkollege von mir ist am Boden zerstört. Er hat aus dem Ausland nach jahrelanger Suche ein extremst seltenes PS1 Spiel gekauft, welches noch original verschweißt und mit Sicherheitsstreifen versehen war.
Als das Paket einen Zwischenstopp in Deutschland, Leipzig machte, öffnete der Zoll nicht nur das Paket, sondern riss auch die komplette Folie inkl. Sicherheitsstreifen ab. Das Spiel gilt damit bei uns Sammlern als gebraucht und ist nur noch 20 € wert.
Als ich das hörte, konnte ich es nicht glauben...
Das der Zoll Pakete öffnen kann / darf ist mir bewusst, aber darf er Neuware bzw. solche extrem wertvollen Sammlerstücke so einfach öffnen und damit auch wissentlich den Wert zu nichte machen?
Der Betrag wurde auch auf der Zollerklärung angegeben, die Beamten müssten also gewusst haben, dass wenn sie das Spiel öffnen, hier vermutlich ein immenser Schaden entsteht. Außerdem frage ich mich, warum man das Spiel bei Verdacht nicht einfach geröntgt hat.
Vielleicht kenn sich ja jemand mit Zollrecht / Verbraucherrecht aus, und kann mir zu dem Fall was sagen - auch in Bezug welche Möglichkeiten man bezüglich Schadensersatz hat und wer für den Schaden überhaupt aufkommen muss (Käufer, Verkäufer, Zoll, DHL) ?
Würde mich über jede Info freuen,
Vielen Dank!
3 Antworten
Wie Dir schon geschrieben wurde entsteht in diesem Fall ein Amtshaftungsanspruch.
Bei der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gilt die öffentliche Hand als wenig kulant. Es ist nicht zu erwarten, dass der Schadensersatzanspruch freiwillig erfüllt wird.
Zuständig für Amtshaftungsansprüche ist unabhängig vom Streitwert das Landgericht:
https://dejure.org/gesetze/GVG/71.html
Vor dem Landgericht gilt Anwaltszwang. Am besten sollte baldmöglichst ein Rechtsanwalt beauftragt werden.
Kann mir schon vorstellen welchen "Zwischenstopp" Du meinst. Das ist nicht irgend ein kleines Zollbüro, sondern einer der zentralen Zollabwicklungsstellen in D, die vor allem Post und Pakete aus Osteuropa, Russland und China begutachtet.
Abfertigungsstelle und Ausfuhrzollstelle IFS Leipzig-Radefeld
Du schreibst, dass der Zoll "wissentlich den Wert zu nichte" gemacht hat. Das ist doch ein ziemlicher hohler Zahn, findest Du nicht auch? Du wirst niemals beweisen können, dass da jemand mutwillig Sammlergut zerstört hat, zumal das für Unkundige als Sammlerstück auch kaum als solches zu erkennen ist.
Danke erstmal für die Antwort. Und nein ich finde nicht, dass das ein "hohler Zahn" ist. Wenn eine CD im Paket liegt, die mit Siegel gesichert ist und mit einem Wert von 3.500 € angegeben wurde, dann kann eigentlich jeder halbwegs rationaldenkender Mensch davon ausgehen, dass eine Entfernung der Verpackung / des Siegels zu einen immensen Wertverlust führt. Vor allem wenn man tagtäglich mit soetwas zu tun hat, sollte man doch darüber Bescheid wissen...
Ja, es ist zweifelsohne eine sehr ärgerliche Situation für einen Sammler. Ohne aufwendige Schadensersatzklage gegen den Zoll (mit offenem Ausgang) wird er keine Ansprüche geltend machen können. Das Ganze fällt dann unter allg. Versandrisiko.
Dein Versender hätte ja problemlos einen Zettel auf die Ware heften können, in dem er erklärt, dass das Zerstören der Originalverpackung den Wert des Sammlerstückes vernichtet. Dann hätte der Zoll eine zestörungsfreie Prüfung vornehmen müssen. Aber aus der Zolldeklaration alleine kann niemand entnehmen, dass die ungeöffnete Schutzverpackung den Wert dargestellt hat. Ein typischer Fehler vom Versender.
Sagt das nicht der logische Menschenverstand, dass bei einem Spiel / CD die mit 3.500 € deklariert wurde, es sich hier um eine Sammlerware handelt und das Entfernen eines Siegels / OVP zu einen immensen Wertverlust führt? Vor allem die Leute, die dort arbeiten und täglich damit zu tun haben, sollten doch darüber Bescheid wissen. Ich kann es halt absolut nicht nachvollziehen und verstehe nicht, warum man bei Verdacht, dass Spiel nicht einfach durchleuchtet hat. Wir reden hier ja nicht von einem 20 € Artikel...
Der Zollbeamte kann nicht wissen, warum der Wert so hoch angesetzt wurde. Deshalb hätte der Versender klar daruf hinweisen müssen, dass es sich um Sammlerware handelt die Ihren Wert verliert, wenn die Originalverpackung verletzt wird. Auch Deine Behauptung, dass der Zoll es täglich mit Sammlerstücken zu tun hat, ist absolut aus der Luft gegriffen.
Wie schon gesagt: Logischer Menschenverstand! Und den sollte man in diesem Beruf haben. Mir würde im Traum nicht einfallen, von einen Artikel, der mit 3.500 € Wert angegeben wurde, einfach mal das Siegel zu öffnen und die Verpackung abzureißen. Sorry, aber das ist doch hohl. Und dann wird der Artikel einfach wieder zurück ins Paket geschmissen.... eine bodenlose Frechheit, wie hier mit dem fremden Eigentum anderer Menschen umgegangen wird. Und das hier noch zu rechtfertigen und die Schuld auf den Versender zu schieben, weil er nicht noch ein Hinweis-Bildchen gemalt hat, ist schon etwas lächerlich...
Und ja, es werden unzählige Sammlerartikel am Tag über den Zoll abgewickelt.... die Welt ist kein Dorf mehr...
Auch wenn Du es nicht wahrhaben willst; Dein Sammlerkollege kann ja Klagen. Aber dann wird er sehr schnell erkennen, dass die Klage, wenn sie überhaupt zugelassen wird, ihm nur Kosten verursacht, aber ansonsten ins Leere laufen wird.
Logischer Menschenverstand! Und den sollte man in diesem Beruf haben.
Als Geschädigter auch: Dass Drogen in immer raffinierteren Verpackungen geschmuggelt werden, auch in Videospielhüllen, scheinbar original eingeschweißt, kann man wissen. Und selbst mit einem Hinweis auf Sammlerware eine Öffnen für einen Wischtest verhindern möchte, eben auch.
Offen gestanden hätte ich mir das Spiel, nach dem ich jahrelang gesucht habe und dafür dreieinhalbtausend Euros bezahle, persönlich angesehen und selbst abgeholt - aber die Schuld bei anderen zu suchen und auf pflichtbewußte Grenzschützer einzudreschen ist einfach.
Genau, also fliegt man einmal um die halbe Welt um das Spiel in Australien abzuholen. Das die Beamten dort ein Durchleuchtungsgerät haben, ist Ihnen aber auch bewusst oder? Aber man kann natürlich die schnelle Variante nehmen, und einfach die Folie aufreißen. Bei manchen Antworten greift man sich echt an den Kopf...
Noch einmal: Nicht jedes raffinierte Versteck kann man mit Durchleuchtungsgeräten entdecken und im Zweifel sind die Zollschützer verpflichtet, sich mit einem Test, auch wenn er nur mit Anbohren oder anderen pysischen Maßnahmen für die Ware möglich ist, Sicherheit zu erlangen.
Der einzige, der sich hier an den Kopf fassen sollte, bist du - den meisten ist bekannt, dass Briefsendungen postalisch wie zollrechtlich geöffnet werden dürfen und deren Inhalte im Zweifel immer gründlich zollamtlich untersucht werden.
Genau, eine CD Hülle ist nämlich so extremst schierig zu durchleuchten und bietet extrem verwinkelte Möglichkeiten Drogen und Co. zu verstecken. Das tut ja schon beim lesen weh. Ich hoffe wirklich, dass es dich mal mit einem teuren Versandartikel trifft! :) Schönes Leben.
In der Regel gilt bei Endverbrauchern der Gefahrenübergang mit der Übergabe an den Kunden. Die Verzollung liegt im Risikobereich des Käufers und nicht mehr beim Verkäufer, soweit ich das richtig weiß. Schäden durch die sog. Hohe Hand (=Zoll) könnten über Amtshaftungsansprüche gelten gemacht werden. Ohne Klage und Gerichtsverfahren gegen die Generalzolldirektion wird da gar nichts passieren. 3500,- € könnten die Klage- und Gerichtskosten komplett kompensieren. Die Generalzolldirektion wird sicher nicht davor zurückscheuen, bis zum OLG zu ziehen.