Veruntreuung bei dementer Lebensgefährtin?
Ein guter Freund bat mich um eine Einschätzung und Empfehlung, wie er vorgehen soll. Ich bin mir da aber auch etwas unsicher und freue mich auf eure Einschätzung und Empfehlungen:
Seine Mutter hat immer im sehr bescheidenen Verhältnissen gelebt. Nach dem Tod ihres Mannes hat sie einen Polizeibeamten kennengelernt und dann auch geheiratet, beide waren damals kurz vor dem Renteneintritt. Nach gut 10 Jahren Ehe ist der Mann verstorben und sie hat nun als Beamtenwitwe eine ganz ordentliche Rente.
Eine Weile später hat sie einen neuen Mann kennengelernt, auch verwitwet, im eigenen Haus lebend, seine Tochter wohnt mit im Haus. Sie ist bei ihm mit eigezogen. Das ist ca. 4 Jahre her.
Vor gut 3 Jahren fing er an, sich über Anzeichen von Demenz bei der Mutter meines Freundes zu äußern, die angeblich seit den letzten 2 Jahren deutlich voranschreiten. Die Mutter wurde diversen Ärzten vorgeführt, bekam Ergo-Therapie und war zuletzt mindestens 1mal pro Woche in einer Tagespflege. Pflegegrad 3 liegt vor.
Nun soll die Mutter so schnell wie möglich ins Heim, da er sich mit den ganzen Aufgaben völlig überfordert fühlt. So richtig nachvollziehbar ist diese angeblich deutliche Verschlechterung der letzten Wochen für die Angehörigen nicht, aber wenn man nicht dauerhaft zusammenlebt, ist es ja auch schwierig, die Situation vollumfänglich zu beurteilen.
Soviel zu den ganzen Umständen, die jetzt zum eigentlichen Sachverhalt führen. Im Zuge der Suche nach einem Heimplatz hat er die Aufgaben jetzt an die Familie übergeben, weil er sich mit dem Papierkram und der Suche nach einem Heimplatz nicht beschäftigen will. Dabei hat er dem Sohn ihre Kontoauszüge der letzten 2 Jahre übergeben. Er hat zwar eine Vorsorgevollmacht, aber diese nie bei der Bank vorgelegt, eine gesonderte Bankvollmacht für ihn gibt es auch nicht.
Nach seinen Aussagen hat er für Überweisungen von ihrem Konto einfach mit ihrem Namen selber unterschrieben, da sie dazu nicht mehr in der Lage ist, Bargeld und Kartenzahlungen bei Einkäufen hat er mit ihrer Karte getätigt, da sie es nicht mehr kann und ihm die PIN durch Öffnen ihrer Post bekannt war. Was die Bezahlung von Tagespflege (die hat allerdings abgebucht) und Medikamenten usw. angeht, stört dich auch niemand an der Familie daran. Aber es wurden zusätzlich in den letzten 2 Jahren bar über 40-50.000€ von ihm mit der Karte an Geldautomaten abgehoben. In dieser Zeit hat er sich u.a. ein neues Auto gekauft und sich eine neue Heizung ins Haus einbauen lassen. Wie er finanziell gestellt ist, kann die Familie nicht einschätzen. Aber aller sind sich wohl einig, dass die Mutter nie einen so hohen Geldbedarf gehabt hätte.
Klar, kann er auch einen Anteil an Wohnkosten und Lebenshaltung verlangen, aber das passt ja auch nicht zu den verfügten Beträgen, zumal sie sich die Kosten ja hätten teilen müssen. Oder kann er gegenüber der Familie womöglich Beträge für die Pflege (über das tatsächlich gezahlte Pflegegeld hinaus) anrechnen?
Wie soll die Familie hier vorgehen, macht es überhaupt Sinn, etwas zu tun? Sollte man ihn erstmal selber auffordern, die Verwendung der Gelder gegenüber der Familie nachzuweisen und versuchen, einen Kompromiss auszuhandeln, bei dem ihm nichts weiter passiert? Oder direkt einen Anwalt beauftragen? Oder womöglich gleich eine Anzeige wegen Verdacht auf Veruntreuung zu stellen?
Zukünftig muss sich die Familie um die Pflege, Kosten usw. selber kümmern, damit will er nichts mehr zu tun haben. Aber wenn er das Vermögen der Mutter in den letzten Jahren womöglich deutlich zu seinem Vorteil reduziert hat, kann ich durchaus verstehen, warum man dich jetzt diese Gedanken macht.
2 Antworten
Ganz unkooperativ ist der LG ja offenbar nicht, daher würde ich erstmal nachfragen, anstatt gleich einen Anwalt zu bezahlen.
20.000 pro Jahr finde ich auch nicht so viel.
Möglicherweise war die Mutter ja auch mit den Abhebungen einverstanden und es handelte sich insoweit um Schenkungen. (" Neue Heizung, ich wohne hier ja auch, und das Auto benutzen wir ja auch zusammen"). Aus Sicht der Kinder ist sie ja gar nicht so dement.
Bei gerichtlicher Konfrontation stellt sich natürlich die Frage des Nachweises. Und der wird schwerlich gelingen, da die Mutter nicht nachweislich bettlägerig war und die Abhebungen auch autorisiert haben könnte.
Ganz unkooperativ ist der LG ja offenbar nicht, daher würde ich erstmal nachfragen, anstatt gleich einen Anwalt zu bezahlen.
Genau das hab ich auch gesagt, eine Befragung der Mutter wird da eh nichts bringen. Ich kann die Bedenken der Familie zwar nachvollziehen, da 20.000€ pro Jahr viel ist, wenn man weiß, wie bescheiden sie lebt(e), aber eben auch nur den Durchschnitt darstellt. Es haben wohl vor allem die Auszüge der letzten drei Monate zu dieser Annahme geführt, da dort pro Monat je 4.000€ abgehoben wurden.
Möglicherweise war die Mutter ja auch mit den Abhebungen einverstanden und es handelte sich insoweit um Schenkungen. (" Neue Heizung, ich wohne hier ja auch, und das Auto benutzen wir ja auch zusammen").
Ja, klar ist das möglich…
Aus Sicht der Kinder ist sie ja gar nicht so dement.
Die Ansicht hat sich in den letzten Tagen wohl erheblich verändert…
Ich bin auch auf dem Standpunkt da ruhig zu bleiben. Ja, vielleicht hat er zu einem gewissen Teil auf ihre Kosten gelebt, aber er war auch die ganze Zeit für sie da, hat ihr geholfen, überhaupt den Alltag zu bewältigen, hat wohl auch die ganzen Anträge wegen Pflege gestellt… Und da er ja nun nicht ihr ganzes Konto leer geräumt hat, sehe ich das nun auch nicht so dramatisch. Hätten die Kinder die Vorsorgevollmacht übernommen und/oder eine Bankvollmacht, hätten sie sich ja um alles kümmern können.
Der von Dir genannte Betrag an Abhebungen entspricht ca. 1.000 EUR im Monat.
Wenn man einen Nebenkostenanteil und die Lebenshaltung einbezieht, kann das durchaus hinkommen. Da ist nicht viel Luft für eine Mitfinanzierung der Heizungsrenovierung, die sicher für sich einen fünfstelligen Betrag gekostet hat, bzw. ein neues Auto, das ja auch nicht für wenig Geld zu bekommen ist. Selbst wenn hier jedoch ein Teil zugeschossen wurde, dann wäre das eine Entscheidung der Lebensführung, die nicht dokumentiert wurde. Die rechtlich gesehen als "Schenkung" zu betrachtende Zufinanzierung wäre in der genannten Höhe unbedenklich, da sie (wenn überhaupt erfolgt) plausiblerweise wohl unter 20.000 EUR lag.
Die Fälschung der Unterschrift und die Nutzung der Karte für Bezahlungen mit der PIN der Mutter halte ich da für fragwürdiger, da dies klar gegen die AGB der Bank verstößt. Ob das mit Einverständnis der Mutter oder ohne passierte, spielt da keine Rolle. Im Innenverhältnis finden Leute aber immer wieder kreative Lösungen für ihre Lebenssituation, die wir dann nicht mehr nachvollziehen können.
Ich würde in dubio pro reo argumentieren, dass die Übergabe der Kontoauszüge eigentlich ein Indiz dafür ist, dass der Lebensgefährte nicht meint etwas verstecken zu müssen, sondern die Vorgänge offenlegt, um sie zu übergeben.
Bestehende Vollmachten sollten widerrufen werden und Bankkarten werden gesperrt.
Der von Dir genannte Betrag an Abhebungen entspricht ca. 1.000 EUR im Monat.
Bei gut 50.000 in den letzten 2 Jahren wären es gut 2.000€ im Monat und ja, das wäre für die Verhältnisse der Mutter tatsächlich viel. Aber ich sehe das auch nicht so dramatisch, zumal niemand weiß, mit was die Mutter auch tatsächlich einverstanden war. Ich gehe nicht davon aus, dass es hinter ihrem Rücken passiert ist, denn das
dass die Übergabe der Kontoauszüge eigentlich ein Indiz dafür ist, dass der Lebensgefährte nicht meint etwas verstecken zu müssen
sehe ich auch so.