Um Erlassung des Verspätungszuschlages bei Einkommenssteuer bitten?
Hallo liebe Finanzexperten,
ich habe heute einen unschönen Brief vom Finanzamt bekommen, wurde geschätzt und muss einen Verspätungszuschlag in Höhe von 425€ zahlen.
Ich bin Student und arbeite nebenbei als Honorarkraft bei der Stadt. Daher bin ich wohl zu einer Abgabe der Einkommenssteuererklärung verpflichtet.
Macht es Sinn da noch etwas gegen den Verpätungszuschlag (Oder die ggf. auch gegen die Schätzung) zu unternehmen wenn die Schätzung i.e. stimmt?
Macht es vielleicht Sinn wenn die Schätzung nicht stimmt und ich eine Steuererklärung nachträglich einreiche?
Tatsächlich habe ich einen Bescheid angefordert, der mir zeigt wie viel ich genau 2021 verdient habe.
Oder macht es sowieso überhaupt keinen Sinn?
Vielen Dank fürs Lesen.
2 Antworten
Einen Antrag zu stellen kostet nichts außer etwas Zeit, den Versuch ist es wert - die Aussicht auf Erfolg hängt aber davon ab, was die Gründe für die Nichtabgabe waren.
Eine Schätzung entbindet Dich nicht von der Abgabepflicht! Der normale Weg ist, innerhalb der Einspruchsfrist Einspruch einzulegen und als (einzig mögliche) Begründung die Erklärung einzureichen. Das allein ändert aber natürlich nichts an der eingetretenen Verspätung.
"Tatsächlich habe ich einen Bescheid angefordert, der mir zeigt wie viel ich genau 2021 verdient habe."
Von wem bekommt man denn so einen Bescheid - oder meinst Du eine Aufstellung, die Du beim Auftraggeber angefordert hast?
Dass die Frist zur Einreichung der Erklärung für 2022 am 02.10.23 auch bereits abgelaufen ist, ist Dir klar? Da steht ein weiterer Verspätungszuschlag von aktuell mindestens 125 € im Raum.
"ist eine Abgabe der Steuererklärung nicht verpflichtend. Habe ich das so richtig verstanden?"
Nein. Nach § 46 Abs. 2 Nr 1 EStG (lesen!) müssen Arbeitnehmer dann eine Erklärung abgeben, wenn sie Nebeneinkünfte von mehr als 410 € haben. Und ob die Nebeneinkünfte unter dieser Grenze liegen, muss ggf. natürlich nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden - das Finanzamt kann das schließlich nicht wissen und die Einnahmen in 2021 waren ja sehr viel höher. Es geht dabei aber um den GEWINN, nicht um die Einnahmen (= das, was Dir bezahlt wurde) - Deine Kosten musst Du noch abziehen.
Hättest Du es richtig verstanden, dann blieben Nebeneinkünfte bei Arbeitnehmern ja in beliebiger Höhe steuerfrei - dem ist natürlich nicht so.
Zu Deiner Erklärung gehört die Gewinnermittlung in der Anlage EÜR, die ist zwingend elektronisch zu übermitteln. Das geht über Elster.de, da muss man sich registrieren, das dauert ein paar Tage.
Danke, erneut.
Wie im unteren Kommentar erwähnt bin ich bei Elster bereits registriert und werde morgen alles erledigen (Ich wollte nochmal die Antworten hier abwarten).
Hast du noch eine Idee wie ich für eine Stornierung argumentieren könnte? Unten kam der Vorschlag "Härtefall". Ich habe keinerlei Abmahnung oder ähnlich erhalten. Das vielleicht auch angeben?
Dankschön
Ein Unternehmer hat seine unternehmerischen Pflichten zu kennen. Das vor einer Schätzung keine Erinnerung ergeht, wäre äußerst ungewöhnlich -"Abmahnungen" gibt es in dem Zusammenhang aber nicht, das ist was anderes.
Wenn keine ungewöhnlichen Umstände vorlagen - ich bin hier z B. Im Flutgebiet - wird es schwierig, da kannst Du nur auf Unerfahrenheit verweisen und das Beste hoffen. Wenn aus der Erklärung 0 Steuer hervor geht, kannst Du Dich ggf noch darauf berufen, dass für Verspätungszuschläge dann keine Muss-, sondern eine Kann-Regelung besteht.
Und Du beantragt keine "Stornierung", sondern eine Herabsetzung auf 0 und/oder einen Erlass.
Da hast du recht. Ich würde mich allerdings nicht als Unternehmer bezeichnen. Tatsächlich ist diese "Selbstständige Tätigkeit" nur eine Honorartätigkeit für das Jugendamt. Trotz dass ich strikte Arbeitsanweisungen habe, gilt dies anscheinend als Freiberufliche Tätigkeit.
Im steuerrechtlichen Sinne ist jeder ein Unternehmer, der Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft hat - und so war der Begriff hier gemeint (kein Affront, aber in Rechtsfragen kommt es oft auf die genaue Verwendung von Begriffen an, nur deswegen reite ich darauf herum).
1. Wie oft wurdest Du erinnert und auch angemahnt doch endlich mal die Steuererklärung abzugeben. Das wäre für mich ein Grund, Deinen Antrag auf Stornierung des Verspätungszuschlages abzulehnen.
2. Dein Denkfehler: Eine Schätzung entbindet Dich nicht davon, dass Du die Steuererklärung abgeben musst!!!
Und eine Schätzung wird in der Regel sehr sehr hoch ausgelegt. Und warum: Damit die Säumigen endlich einmal ihren Popo bewegen und die Steuererklärung abgeben.
Zu 1.: Ganz ehrlich, ich habe jemals weder eine Erinnerung noch eine Abmahnung erhalten. Naja, vielleicht war es eine Erinnerung die ich schnell verdrängt habe. Eine Abmahnung, wie auch immer die aussieht, habe ich nie erhalten.
Vielleicht hat dies etwas damit zu tun, dass ich zu der Zeit meinen Wohnsitz gewechselt habe und trotz Mitteilung an das Finanzamt immer noch meine alte Adresse bei denen hinterlegt war. Jedoch sollte bei solchen Briefen doch wohl der Empfänger ermittelt werden?!
Zu 2.: da hast du recht. Das geht natürlich voll auf meine Kappe.
Was wären denn plausible Gründe die zur Stornierung des Verspätungszuschlag führen können? Wenn ich angebe, dass ich keine Abmahnung oder Erinnerungen bekommen habe, dachte, dass ich als Student nicht verpflichtet zu einer Abgaben bin (ich weiß, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht), und der Stress des Studienbeginns + die Coronazeit mir ordentlich zugesetzt haben, würde das eventuell überzeugen? Mal ganz davon abgesehen, dass 425€ Verspätungszuschlag mein halbes Monatseinkommen sind.
Ich danke auch dir für deine Hilfe!
Ich hab neulich mal gelesen, dass man beim Erlassantrag mit Härtefall argumentieren könne. Von mir als Laie so übersetzt: Man kommt dann in finanzielle Not.
Natürlich zusätzlich schreiben zum üblichen "ich wusste das gar nicht". Das mit Stress und Corona würde mich persönlich eher nerven.
Übrigens bist Du ja jetzt schon bei 425 plus 125. Und in jedem Monat kommen 50,-€ dazu. Die Anmeldung bei elster dauert etwas, das solltest Du vordringlich tun.
Dort bin ich schon angemeldet. Ich habe 2020 vor dem Studium schon eine Einkommenssteuererklärung gemacht. Ich werde morgen Einspruch einlegen und aufgrund eines Härtefalls dann auch die Stornierung beantragen. Anschließend dann die Steuererklärung für 2021 und 2022 machen.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Entschuldige "Bescheid" war das flache Wort. Mitteilung ist das richtige. Die habe ich mittlerweile erhalten und habe weniger als 5.600€ im Jahr 2021 verdient. (Schätzung liegt bei 14.000€) Somit werde ich mich gleich an die Steuererklärung setzen und diese abschicken.
"Dass die Frist zur Einreichung der Erklärung für 2022 am 02.10.23 auch bereits abgelaufen ist, ist Dir klar? Da steht ein weiterer Verspätungszuschlag von aktuell mindestens 125 € im Raum."
Das ist mir seit heute bewusst. Beim Gespräch mit dem Finanzamt teilte man mir allerdings mit, dass wenn eine steuerpflichtige Beschäftigung ausgeübt wird, und die Honorartätigkeit nur als "Nebenjob" (den genauen Wortlaut habe ich nicht mehr im Kopf) ausgeübt wird (bei mir ca. 200€ im Monat), ist eine Abgabe der Steuererklärung nicht verpflichtend. Habe ich das so richtig verstanden?
Nochmals lieben Dank für deine Hilfe!