Er beantragt Erwerbsminderungsrente und startet neuen Arbeitsversuch. Wie soll das gehen?
Ein guter Freund von mir ist vor jahren psychisch erkrankt. Im Moment noch arbeitslos, bekommt jedoch aufgrund Ersparnissen kein Alg2. Vor 3 Monaten hat er ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente eingereicht. Leider dauert das so lange. In der zwischenzeit bewribt er sich, um nicht an seinen Ersparnissen zu nagen. Er meint lieber zu Lasten der Gesundheit arbeiten gehen, statt die Ersprnisse aufzehren. Als er bei der Rentenversicherung angerufen hat, sagte man ihm, daß noch ein Gutachter eingeschaltet wird, trotz den zwei Befunde seiner Ärzte, die ihn seine Arbeitsunfähigkeit bestätigen und ihn gerne 2 Jahre aus dem Verkehr ziehen wollen (Zeitrente). Nun hatte er bei einer Bewerbung glück. Hat sich gut verkauft und wird vermutlich zum 1.11. als Wohnungsverwalter beginnen, was sehr stressig ist, obwohl er kein Stress verträgt. Was erzählt er nun dem Gutachter, wenn er zur Untersuchung im November eingeladen wird? Oder soll er dem Gutachter die Beschäftigung verschweigen? Denn als er das letzte Mal die Erwerbsminderungsrente beantragt hatte, war er noch arbeitslos und die Rente wurde abgelehnt. Wer er nun erzählt,daß er einen Arbeitsversuch startet wird sie vermutlich auf jeden Fall abgelehnt, da der Gutachter schreibt, daß er mehr als 6 Stunden belastbar ist, da er eine vollschichtige Tätigkeit angenommen hat. Oder soll er auf den Job verzichten und auf die Erwerbsminderungsrente hoffen? Aber wenn die wieder abgelehnt wird und es zum Widerspruch kommt, dauert er wieder sehr lange und er muss wieder von seinen Ersparnissen leben. Also,was soll er jetzt machen und was erzählt er dem Gutachter?
2 Antworten
Hallo suedlaender,
eine sehr interessante Konstellation, die Sie da schildern und leider kein Einzelfall!
Ein guter Freund von mir ist vor jahren psychisch erkrankt. Im Moment noch arbeitslos, bekommt jedoch aufgrund Ersparnissen kein Alg2. <
Ist er denn arbeitsunfähig krank geschrieben und wenn ja, wie lange bereits?
Bekommt er von seiner Krankenkasse noch Krankengeld oder ist die 78-Wochenfrist im
Zusammenhang mit Lohnfortzahlung und Krankengeld bereits ausgeschöpft?
Welcher Geburtsjahrgang?
Denn für Geburtsjahrgänge nach dem 1.1.1961 gibt es keinerlei Vertrauensschutz mehr und die Hürden sind noch höher als bei Geburtsjahrgängen unter dem 1.1.1961.
**Vor 3 Monaten hat er ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente eingereicht. Leider dauert das so lange. **<
Ja, die Bearbeitungsdauer kann sich über Jahre in die Länge ziehen, wenn von Anfang an falsch vorgegangen wird und vor der Antragsstellung keine knallharten Fakten geschaffen werden.
In der zwischenzeit bewribt er sich, um nicht an seinen Ersparnissen zu nagen. Er meint lieber zu Lasten der Gesundheit arbeiten gehen, statt die Ersparnisse aufzehren. <
Beides zu gleicher Zeit geht nicht!
Die Ersparnisse interessieren in diesem Fall niemanden, da nimmt die Rentenversicherung keine Rücksicht!
Entweder ist die Restleistungsfähigkeit auf unter 3 Stunden pro Arbeitstag innerhalb einer 5-tage-Woche auf Dauer abgesunken oder aber er ist vollschichtig Einsatzfähig und belastbar!
Als er bei der Rentenversicherung angerufen hat, sagte man ihm, daß noch ein Gutachter eingeschaltet wird, trotz den zwei Befunde seiner Ärzte, die ihn seine Arbeitsunfähigkeit bestätigen und ihn gerne 2 Jahre aus dem Verkehr ziehen wollen (Zeitrente). <
Arbeitsunfähigkeit allein sagt nichts grundsätzliches darüber aus, in wieweit die Restleistungsfähigkeit auf Dauer abgesunken ist!
Des weiteren muß berücksichtigt werden, daß grundsätzlich gilt:
REHA geht vor Rente!
Er muß also damit rechnen, daß er erst einmal in eine REHA-Einrichtung eingewiesen wird.
Das medizinische Begutachtungs Verfahren seitens der gesetzlichen Rentenversicherung tendiert in seinen Ergebnissen zu Gunsten der Rentenversicherung, weil diese Schritte von Vertragsabhängigen Medizinern ausgeführt werden.
Bei einem Sozialgerichtsverfahren beauftragt der zuständige Richter am Sozialgericht unabhängige, gerichtlich bestellte Mediziner, welche sich eine eigene Meinung bilden und nicht immer mit den Gutachten der Rentenversicherung übereinstimmen.
Ausschlaggebend sind dann letztendlich „fachübergreifende Gutachten“, welche alle Erkrankungen dahingehend bewerten, wie diese sich auf die noch vorhandene Restleistungsfähigkeit auswirken.
Nun hatte er bei einer Bewerbung glück. Hat sich gut verkauft und wird vermutlich zum 1.11. als Wohnungsverwalter beginnen, was sehr stressig ist, obwohl er kein Stress verträgt. <
Was nützt es Ihm, wenn er sich zwar „gut verkauft,“ aber den Anforderungen des Jobs schon im Voraus nicht gewachsen ist?
Was erzählt er nun dem Gutachter, wenn er zur Untersuchung im November eingeladen wird? Oder soll er dem Gutachter die Beschäftigung verschweigen? <
Da gibt es nur eine einzige Wahl:
Entweder er konzentriert sich auf seinen Antrag und macht seine Erwerbsminderung glaubhaft, oder er kann sich den Weg zum Gutachter ersparen, denn da kommt sonst nichts dabei heraus!
Denn als er das letzte Mal die Erwerbsminderungsrente beantragt hatte, war er noch arbeitslos und die Rente wurde abgelehnt. Wer er nun erzählt,daß er einen Arbeitsversuch startet wird sie vermutlich auf jeden Fall abgelehnt, da der Gutachter schreibt, daß er mehr als 6 Stunden belastbar ist, da er eine vollschichtige Tätigkeit angenommen hat. <
Ja, Sie haben das Problem richtig erkannt!
Oder soll er auf den Job verzichten und auf die Erwerbsminderungsrente hoffen? Aber wenn die wieder abgelehnt wird und es zum Widerspruch kommt, dauert er wieder sehr lange und er muss wieder von seinen Ersparnissen leben. <
Auf die Erwerbsminderungsrente zu hoffen, das bringt überhaupt nichts!
Der Antrag auf Erwerbsminderungsrente muß regelrecht, mit knallharten Fakten unterlegt, erstritten werden!
Daß sich diese Antragsverfahren sehr in die Länge ziehen können, ist allgemein bekannt.
Das muß von Anfang an mit einkalkuliert werden, da führt kein Weg daran vorbei!
Die Ersparnisse interessieren bei diesem Verfahren niemanden.
Also,was soll er jetzt machen und was erzählt er dem Gutachter?<
Fakten schaffen, sich vom Hausarzt dauerhaft krankschreiben lassen, dem Gutachter keine Geschichten erzählen sondern die Leiden glaubhaft rüberbringen!
Krankengeld- und Arbeitslosengeldzahlungen ausschöpfen!
Keine REHA-Maßnahme antreten ohne den Status "Arbeitsunfähig", weil sonst die Entlassung aus der REHA als "Arbeitsfähig" erfolgt!
Auf keinen Fall ohne einen kompetenten Rechtsbeistand agieren!
Beste Grüße, viel Erfolg und bestmögliche Gesundheit
Konrad
Hallo suedlaender,
danke für Ihre positve Bewertung und für Ihre Antworten!
Mit 44 Jahren ist Ihr Bekannter in der Tat noch sehr jung und mit Geburtsjahrgang 1967 ohne Vertrauensschutz.
Nach meinen bescheidenen Erfahrungen bei öffentlichen Sitzungen am Sozialgericht erlebe ich immer wieder, daß Betroffene Anträge einreichen, ohne sich letztendlich über die Konsequenzen voll im Klaren zu sein.
Die Beantragung von Erwerbsminderungsrente erweist sich mittlerweile in der Praxis als echte Herausforderung und erfordert ein hohes Maß an Durchstehvermögen sowie einen langen Atem.
Wer wie Ihr Bekannter von Zweifeln geprägt ist, wie er sich entscheiden soll, der hat von Haus aus schlechte Karten!
Gutachter gehen jeden Tag mit der Materie um und haben durch diese Praxis ein feines Gespür dafür, was echt oder gespielt ist.
Der Gutachter wird sich sowohl an den vorhandenen Akten als auch an der persönlichen Untersuchung und Besprechung orientieren und sein Gutachten erstellen.
Das absolut heimtückische bei psychischen Erkrankungen ist der Umstand, daß diese selbst durch Betroffene schlecht im Voraus einzuschätzen sind und ein Nervenzusammenbruch jederzeit stattfinden kann.
Wem ist dann geholfen?
Es ist schwer, hier in diesem Fall die richtige Strategie/Taktik zu empfehlen.
Wenn teilweise Erwerbsminderungsrente angestrebt wird, empfliehlt sich trotzdem, volle Erwerbsminderungsrente zu beantragen.
Gekürzt und abgelehnt kann beides werden.
Außerdem ist bei beiden Renten-Arten die Möglichkeit eines begrenzten Zuverdienstes gegeben.
Will Ihr Bekannter jedoch arbeiten, so kann er schließlich seinen Antrag zu einem späteren Zeitpunkt von Neuem einreichen und ggf. weitere Fakten präsentieren.
Hoffe, diese Zeilen helfen Ihrem Bekannten weiter.
Beste Grüße
Konrad
psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch, immer mehr Menschen erkranken. Wer darauf eine Rente beziehen will muß mindesten 1 Jahr einschlägiger Behandlung nachweisen, in der Regel ambulante Psychotherapie, flankierend Medikamente. Die bloße Krankschreibung nützt in der Regel nichts. Eine halbe Rente in Zeiten von Arbeitslosigkeit zu beantragen ist fast unmöglich, da die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt deutlich sinken. Die Arbeitsagentur könnte die Rentenversicherung dann auffordern eine volle Rente zu zahlen, wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Empfehlen würde ich einen Arbeitsversuch, nach einem jahr besteht wieder Anspruch auf Arbeitslosengeld. Bei einem festen Arbeitsverhältnis können die Aussichten auf eine halbe Erwerbsminderungsrente deutlich besser sein. 1/2 Stelle hat den Vorteil eine Tagesstruktur zu haben, die sich bei vielen psychischen Erkrankungen als hilfreich erweist. Übrigens: Ein niedergelassener Arzt, der eine Rentenempfehlung gibt ist immer ein Wirtschaftunternehmen, der mit seinem Patienten Geld verdient, und dessen primäre Aufgabe es nicht ist, nach den ärztlichen Gutachterkriterien zu arbeiten.
Er ist ausgesteuert, aber nicht mehr krank geschrieben. Neurologe hat gefragt ob er weiterhin krank schreiben soll. Er hat abgelehnt. Fühlt sich fit für einen Halbtagsjob aber nicht für einen Tagesjob. Ihm wäre eine Teilrente am liebsten, damit er auch noch für ein paar Stunden arbeiten gehen kann und nicht zuhause versauert. Jahrgang 1967. Zu jung um nichts mehr zu tun. Zu Krank für einen Tagesjob aber zu gesund um ganz zu Hause zu bleiben. Wie soll man das einem Gutachter glaubhaft machen?