Wie führe ich Schritt-für-Schritt einen Umzug durch?
Vorab zu meiner Situation in Kürze:
Ich bin 30 Jahre alt, aufgrund von voller Erwerbsminderung beim Sozialamt gemeldet, habe einen gesetzlichen Betreuer für sämtliche Bereiche mit Einwilligungsvorbehalt und bin noch wohnhaft bei meinen Eltern.
Folgende Veränderungen würde ich gerne umsetzen:
Ich würde gerne ausziehen und gleichzeitig auch umziehen wollen. Gründe für den Auszug und den Umzug gibt es viele. Ein Grund ist das Alter meiner Eltern, aber gerne ich würde ich auch selbstständiger sein wollen. Für einen Umzug sprechen unter anderem die auf Dauer niedrigeren monatlichen Mietkosten. Hierbei wäre ich auch gerne bereit, sofern Umzugskosten anfallen sollten und diese vom Sozialamt nicht genehmigt werden sollen, diese selbst zu übernehmen.
Probleme:
Ich bin mit den Formalitäten-Wirrwarr vollkommen überfordert, außerdem habe ich keinerlei Erfahrung diesbezüglich, weil ich dies noch nie machte
Ich habe mein Interesse auf Auszug/Umzug bei der gesetzlichen Betreuung bekundet, aber leider wurde ein Gesprächstermin hierüber auf unbestimmte Zeit verschoben, wegen der momentanen Virus-Krise
Die gesetzliche Betreuung umfasst ebenfalls Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten, was mache ich, wenn sich trotz Freizügigkeit die gesetzliche Betreuung querstellen sollte (Ans Amtsgericht wenden, den Wunsch auf Umzug bekunden, sodass dort ein Zuständigkeitswechsel erfolgen kann in den künftigen Landkreis?)
Lösung:
Ich bräuchte eine einfach verständliche und der Reihenfolge nach geordnete Schritt-für-Schritt-Erklärung, was ich wann und wie zu machen habe, um eventuell notfalls selbstständig tätig werden zu können.
Wohnortummeldung, Sozialamt-Wechsel, Umzug, Wie stelle ich eine lückenlose Fortzahlung während des Umzugs sicher, bedingt durch den Zuständigkeitswechsel? Was ist mit den Mehrkosten, die durch die Miete entstehen? Was ist, wenn das Sozialamt mir den Umzug nicht genehmigen würde, ich aber bereit wäre die Kosten selbst zu tragen? An wen wende ich mich zur Genehmigung der Wohnung (neues Sozialamt?),
1 Antwort
Die Reihenfolge der Handlungsanweisungen ist folgende:
1. Zunächst gilt es einen schriftlich Antrag an das Betreuungsgericht zu stellen, in dem Du darauf hinweist, dass Du keinen Betreuer mehr benötigst und auch den Einwilligungsvorbehalt in allen denkbaren Betreuungskreisen für unzumutbar erachtetest.
2. Erst wenn Du den Betreuer los geworden bist, wird es Dir möglich sein, rechtlich verbindliche Vereinbarungen mit dem Sozialamt und anderen Vertragspartnern zu treffen.
3. Solange allerdings die gesetzliche Betreuung fortbesteht, wird sich das Sozialamt nicht mit Dir, sondern nur mit Deinem Betreuer unterhalten wollen.
4. Bei allen Anträgen an das Betreuungsgericht und in allen Gesprächen mit dem Sozialamt ist es kontraproduktiv, wenn Du ständig darauf hinweist, dass Du überfordert bist und auf die Hilfe eines Betreuers angewiesen bist.
5. Es ist ganz normal, dass jemand, der bisher noch keinen Umzug selbstständig durchgeführte, in dieser Beziehung ein Informationsdefizit hat. Zur Bewältigung derartiger Probleme gibt es ausserhalb des Betreuersektors ambulante Beratungsstellen, an die Du Dich wenden kannst.
6. Solange allerdings das Betreuungsverfahren noch andauert, wird Dich auch dort niemand ernst nehmen und Du wirst dem Betreuer weiterhin auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein.
7. Zusammenfassung:
a) Zunächst gilt es Dein Selbstvertrauen zurückzugewinnen und nicht überall verkünden, dass Du es ohne den Betreuer nicht schaffst.
b) Dann gilt es das Betreuungsverfahren zu beenden. Dies wird der schwerste Schritt sein, denn der Betreuer wird nicht so schnell aufgeben und sich einiges einfallen lassen, damit er weiterhin die Betreuungsgebühr für Dich kassieren kann. Dies bedeutet u. a., dass der Betreuer versuchen wird, Dich vor dem Betreuungsgericht zu diskreditieren und den Eindruck erwecken wird, dass Du auf dessen Hilfe unbedingt angewiesen bist.
c) Gewöhne Dich daran, dass es mit einem einzigen Antrag auf Beendigung der Betreuung an das Betreuungsgericht nicht getan ist. Denn es ist ganz normal, dass dieser Antrag zunächst erst einmal abgelehnt werden wird.
Dann gilt es immer weitere Anträge mit immer neuen Argumenten zu stellen, bis der Erfolg sich einstellt. In dieser Phase ist auch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes und ein Antrag auf Rechtshilfe beim Amtsgericht sinnvoll.
d) Suche Dir Freunde, mit denen Du Deine Vorgehensweise gegen den Betreuer und Deine Anträge an das Betreuungsgericht, das Sozialamt und an die Rechtshilfestelle beim Amtsgericht besprechen kannst.
Viel Erfolg auf Deinem Weg in die Selbstständigkeit.