Vorladung bei der Polizei nach Arbeitsunfall?
Hallo, ich hatte vor 8 Monaten einen schweren Unfall auf der Arbeit und kann bis jetzt noch nicht arbeiten. Ich bin noch in Reha. Nun kam ein Brief von der Polizei. Ich werde als Beschuldigter vorgeladen. Was erwartet mich?
10 Antworten
Hallo bea17,
im Moment erschließt sich mir noch nicht ganz, welcher Straftat Du beschuldigt wirst.
Bei einem Unfall mit Verletzten kommt ja meist immer der Straftatbestand der "Fahrlässigen Körperverletzung" nach folgender Rechtsgrundlage in Anbetracht:
§ 229 StGB - Fahrlässige Körperverletzung
Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft
Aber so wie Du schreibst, bist nur Du selbst verletzt worden. Insofern kommt der Straftatbestand des § 229 StGB ja gar nicht in Frage.
Aber wie dem auch sei. Auf Deine Frage was Dich Erwartet.
Du bist Beschuldigter in einem Strafverfahren.
Die Polizei ist verpflichtet Dir rechtliches Gehör anzubieten und hat Dich diesbezüglich zur Vernehmung vorgeladen.
- Du bist aber nicht verpflichtet von Deinem Recht auf rechtliches Gehör gebrauch zu machen und musst der polizeilichen Vorladung keine Folge leisten (die Antwort von ich500, dass Du nach dem Polizeigesetz verpflichtet bist der Vorladung Folge zu leisten ist unzutreffend, da dass Polizeigesetz im Strafverfahren keine Anwendung findet)!
- Du hast auch das Recht, Dich von einem Anwalt vertreten zu lassen
- Du kannst aber natürlich auch von Deinem Recht auf rechtliches Gehör gebrauch machen und der Vorladung Folge leisten. Der Ablauf solch einer Vernehmung sieht wie folgt aus:
- Du meldest Dich unten am Eingang und wirst in der Regel von dort vom vernehmenden Beamten abgeholt
- Der Beamte lässt sich Deinen Ausweis zeigen, denn er ist verpflichtet sich vor Beginn der Vernehmung davon zu überzeugen, dass Du auch die vorgeladene Person bist
- Der Beamte eröffnet Dir dann, was Dir überhaupt genau zur Last gelegt wird
- Der Beamte belehrt Dich über Deine Pflichten (Pflichtangaben zu Deiner Person gem. § 111 OWiG) und über Deine Rechte (Unter anderem, dass Du Dich als Beschuldigter in einem Strafverfahren nicht zur Sache äußern musst, dass Du jederzeit einen Rechtsbeistand hinzuziehen kannst, dass Du selber Beweise oder Zeugen einbringen kannst) und ggf. über mögliche Folgen einer Falschaussage (gem. § 145d Vortäuschen einer Straftat oder gem. § 164 StGB falsche Verdächtigung)
- Dann stellt Dir der Beamte gezielt Fragen (Du kannst jederzeit sagen, dass Du die Frage nicht beantworten möchtest) oder er sagt, dass Du Dich mit eigenen Worten frei zum Tatvorwurf äußern kannst
- Deine Aussage wird schriftlich protokolliert
- Nach Beendigung der Aussage, kannst Du Dir das Protokoll noch einmal durchlesen und evtl. Korrekturen vornehmen.
- Ist das Protokoll fertig bzw. korrigiert, musst Du das Protokoll unterschreiben
- Das Vernehmungsprotokoll wird der Ermittlungsakte beigefügt, die dann der Staatsanwaltschaft übersandt wird.
- Die Staatsanwaltschaft sichtet die Ermittlungsakte und entscheidet dann:
- ob sie das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO einstellt, weil die Beweise nicht für eine Klagerhebung ausreichen oder Du sogar unschuldig bist oder
- ob sie das Strafverfahren nach § 153 StPO wegen Geringfügigkeit einstellt oder
- ob sie das Strafverfahren nach § 153a StPO gegen Auflagen einstellt oder
- ob sie unter den Voraussetzungen des § 407 StPO einen Strafbefehl beantragt oder
- ob sie eine Hauptverhandlung für notwendig hält und Du Dich gem. § 170 Abs. 1 StPO vor einem Richter verantworten musst, der am Ender der Verhandlung das Urteil spricht.
Das ist jetzt kurz und knapp zusammengefast was Dich jetzt an formalen Abläufen erwartet.
Welche Strafe Dich erwartet kann ich mit den Angaben die Du bisher gemacht hast aber beim besten Willen nicht.
Schöne Grüße
TheGrow
Naja vermuten und spekulieren kann man viel. Meine Antworten beziehen sich aber aus dem, was der Fragesteller auch an Informationen bereitstellt und nicht was etwa sein könnte
Ohne genaue Unfallschilderung kann niemand etwas dazu sagen.
Aber:
1. Vorladungen bei der Polizei kannst Du ignorieren. Erst, wenn Du von der Staatsanwaltschaft geladen wirst, musst Du hingehen.
2. Du hast als Beschuldigter das Recht, zu schweigen.
3. Du darfst Dir einen Anwalt nehmen.
Vorladungen bei der Polizei kannst Du ignorieren. Erst, wenn Du von der Staatsanwaltschaft geladen wirst, musst Du hingehen.
Stimmt so leider nicht, sowohl die Bundespolizei als auch die Landespolizei haben in Ihrem Polizeigesetzen Befugnisnormen zur Befragung und Vorladung. So heißt es beispielsweise in §17 des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes:
Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn
- 1.
-
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind, oder
- 2.
-
das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.
-
Weiterhin wird gesetzlich Ausgeführt:
-
Leistet ein Betroffener der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden,
- 1.
-
wenn die Angaben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind oder
- 2.
-
zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen.
Da die Gefahrenabwehr hier aber vermutlich nicht Grund der Vorladung ist, ist dies irrelevant und Er muss der Vorladung nicht Folge leisten.
@ich500,
Deine Antwort ist unzutreffend.
Egal ob in Thüringen, Berlin oder sonst einem Bundesland gilt das von Dir zitierte Polizeigesetz nur im Rahmen der Gefahrenabwehr, nicht aber wie im Fall der Fragestellung um eine Vorladung als Beschuldigter in einem Strafverfahren.
Im Fall der Fragestellung hat der Fragesteller den Status des Beschuldigten in einem Strafverfahren und hier finden die Vorschriften des Polizeigesetzes keine Anwendung, sondern die Vorschriften der StPO sind hier anzuwenden.
Zu Beachten ist dabei,
- dass dem Beschuldigten rechtliches Gehör angeboten werden muss, aber
- dass der Beschuldigte von seinem Recht auf rechtliches Gehör kein Gebrauch machen muss. Es gibt in der StPO keine Rechtsgrundlage nach der der Beschuldigte der polizeilichen Vorladung Folge leisten muss
- dass der Beschuldigte nur die nach § 111 OWiG erforderlichen Pflichtangaben zu seiner Person machen muss. Diese Angaben kann er aber auch schriftlich machen bzw. meist werden diese Angaben bei dem ersten Kontakt mit dem Beschuldigten abgefragt.
- dass erst einer Staatsanwaltlichen Vorladung oder
- dass erst einer richterlichen Vorladung Folge zu leisten ist, aber
- dass sich der Beschuldigte weder vor der Polizei, noch vor der Staatsanwaltschaft noch vor dem Richter zur Sache äußern muss
Was jetzt zwar nichts mit der Vorladung zur Vernehmung zu tun hat, aber da Du die Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung nach dem Polizeigesetz angesprochen hast. Diese bindende Vorladung gibt es auch nach der StPO und zwar unter den Voraussetzungen des § 81b der StPO. Die dürften aber wiederum im Fall der Fragestellung bezüglich eines Unfalles nicht zutreffen.
Es erwartet dich eine Belehrung über deine Rechte und eine Konfrontation mit dem Tatvorwurf. Wenn du außer deinen Personalien keine weiteren Angaben machst, erwartet dich zunächst weiter gar nichts. Du musst keine Aussage machen, aber je nach Tatvorwurf solltest du die Hilfe eines Anwaltes in Anspruch nehmen.
Du wirst angaben zu deiner Person machen müssen und wirst zu einen Sachverhalt befragt werden. Als beschuldigter kannst allerdings die Aussage verweigern.
Lasse dich ggf. anwaltlich vertreten
Hallo ich500,
der polizeilichen Vorladung zur Vernehmung als Beschuldiger muss Niemand Folge leisten.
Die Vorladung erfolgt im Rahmen eines Strafverfahrens immer nach der Strafprozessordnung. Und im Gegensatz zu der staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Vorladung muss der polizeilichen Vorladung keine Folge geleistet werden.
Zu den Antworten der anderen User hast Du die bindende Vorladung nach dem Polizeigesetz angeführt. Das Polizeigesetz findet aber nur Anwendung im Rahmen der Gefahrenabwehr. Bei einem anhängigen Strafverfahren ist die Rechtsgrundlage für die Vorladung aber nicht das Polizeigesetz, sondern die Maßnahmen richten sich nach der StPO.
Insofern ist es irrelevant was das Polizeigesetz auch immer hergibt.
Schöne Grüße
TheGrow
Ok, werde da mal den Verlag meiner Gesetzes-Kommentierung anschreiben müssen.
Es steht nämlich bei mir drin, das die Polizei im Rahmen ihrer Aufgaben als Ermittlungsbehörde auch auf ihre Allgemeinen Befugnisse zurückgreifen kann.
Es steht nämlich bei mir drin, das die Polizei im Rahmen ihrer Aufgaben als Ermittlungsbehörde auch auf ihre Allgemeinen Befugnisse zurückgreifen kann.
Das ist ja auch nicht völlig verkehrt.
Zu beachten ist aber bei der Prüfung welches Gesetz Du anwendest bzw. anwenden darfst, der juristische Grundsatz:
"Lex specialis derogat legi generali:" der zu deutsch bedeutet: "Das speziellere Gesetz verdrängt das Allgemeine".
Der § 136 der StPO besagt, dass dem Beschuldigten nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.
Dieses spezielle Gesetz kannst Du also nicht einfach umgehen in dem Du den Beschuldigten dann nicht nach der StPO, sondern nach dem Polizeigesetz vorlädst.
Beim Zeugen hingegen könntest Du das aber z.B. machen, denn ein Zeuge hat kein generelles Auskunftsverweigerungsrecht nach der StPO.
Aha.
1. Du hattest einen Unfall und bist in der Reha.
2. Du hast eine Vorladung als Beschuldigter von der Polizei erhalten.
Und? Wo ist da nun der Zusammenhang? Ich sehe da keinen.
Du musst schon klar sagen, worum es geht.
Man kann aber ein wenig spekulieren, um was es gehen könnte. Sollte es um den Unfall direkt gehen, z.B. vorsätzliche Herbeiführung und damit verbunden mögliche Straftatbestände, so wäre dies mit einer schnellen Einleitung polizeilicher Ermittlungen verbunden gewesen, in dem Zusammenhang dann auch eine Befragung als Zeuge (Opfer) oder Tatverdächtiger. Hier aber wird man als Beschuldigter befragt, was neben einem Anfangsverdacht auch die Eröffnung des Strafverfahrens beinhaltet, d.h. es wurde schon staatsanwaltlich ein Verfahren eröffnet und die Polizei mit der Ermittlung beauftragt.
Dies läßt eher vermuten, daß es um den Vorwurf des Betruges gehen könnte, sofern überhaupt ein Zusammenhang mit dem Unfall bestehen sollte.