Vollzeitvertrag aber bekomme zu wenig Stunden?
Hallöchen. Ich arbeite beim Sicherheitsdienst auf Vollzeit. Sprich mind 176 Stunden im Monat. Nach oben offen. Jetzt sind einige Aufträge zurück gegangen und bekomme im Monat nur zwischen 130 und 160 Stunden. Muss mein Arbeitgeber die fehlenden Stunden trotzdem bezahlen?
1 Antwort
Muss mein Arbeitgeber die fehlenden Stunden trotzdem bezahlen?
Schlicht und einfach: Ja - unter den nachfolgend beschriebenen Bedingungen!
Du hast also einen Arbeitsvertrag, der über 176 Monatsstunden mindestens läuft.
Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer für die vereinbarten Arbeitsstunden zu beschäftigen.
Beschäftigt er den Arbeitnehmer nicht ausreichend - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann oder nicht will, spielt keine Rolle, und auf ein "Verschulden" seinerseits kommt es nicht an) -, fallen die Konsequenzen aus der Minderbeschäftigung ihm zu Lasten, denn dann gerät er mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Verzug: Der Arbeitnehmer ist dann so zu bezahlen, als hätte er die tatsächlich nicht gearbeiteten Stunden geleistet, und muss die Minusstunden auch nicht nacharbeiten oder mit seinen Ansprüchen (Entgelt, Urlaub usw.) verrechnen lassen.
Dass "einige Aufträge zurück gegangen" sind, der Arbeitgeber also nicht genug "Beschäftigung" für Dich hat, ist sein Betriebsrisiko, das er nicht auf Dich abwälzen darf!
Grundlage für einen Anspruch auf Bezahlung entsprechend der vereinbarten Arbeitszeit ist das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. [Anmerk.: Hervorhebung durch mich]
Voraussetzung ist aber auch, dass Du diesen Zustand (dass Du zu wenig beschäftigt worden bist) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmst; auch das ist gesetzlich festgelegt: BGB § 293 "Annahmeverzug":
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot":
Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.
Du musst Deinem Arbeitgeber also erklären, dass Du mit der zu geringen Beschäftigung (für weniger als die vertraglich vereinbarten Mindeststunden) nicht einverstanden bist und eine Beschäftigung für diese Mindeststundenzahl verlangst.
Unter diesen Voraussetzungen bist Du also für die vereinbarten 176 Mindestmonatsstunden zu bezahlen, auch wenn du tatsächlich weniger arbeitest!
Der Arbeitgeber ist nur dann nicht zur Bezahlung auch der wegen Ausfalls von Aufträgen (sein Betriebsrisiko!) nicht geleisteten, aber vereinbarten Stunden verpflichtet, wenn durch eine Bezahlung die wirtschaftliche Existenz des Betriebs tatsächlich bedroht wäre.
Sollte der Arbeitgeber die in seiner Verantwortung liegende Minderbeschäftigung aber mit Ansprüchen Deinerseits verrechnen wollen - Dir also entsprechend weniger Entgelt zahlen oder Urlaubstage anrechnen -, musst Du ihn mit Hinweis auf die in meiner Antwort genannten gesetzlichen Bestimmungen zur Zahlung auffordern und für den Fall der Nichtreaktion oder Weigerung mit rechtlichen Schritten (bis zur Klage beim Arbeitsgericht) drohen.
Vielen Dank. Das hilft mir echt weiter.