Verfahrenskosten (§§ 105 u. 107 OWiG) für Bußgeldbescheid – Abzocke?

8 Antworten

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ich habe von der Stadt einen Bußgeldbescheid (...) erhalten

Das kann kein Bußgeldbescheid gewesen sein, sonst wären dort bereits die Kosten für dessen Erlass und Zustellung in Höhe von 23,50 Euro enthalten gewesen. Offensichtlich handelte es sich bei diesem Schreiben um die für geringfügige Ordnungswidrigkeiten vorgesehene Verwarnung inkl. Festsetzung eines Verwarnungsgeldes von 20 Euro für das zu schnelle Fahren..

Das Verwarnungsverfahren ist eine Vereinfachung des Bußgeldverfahrens. Es kann für geringfügige Ordnungswidrigkeiten (bis 35 Euro Verwarnungsgeld) angewendet werden. Die Behörde spart sich dabei den aufwendigen Erlass eines Bußgeldbescheides (dazu ist nämlich insbesondere die Ermittlung des tatsächlichen Täters erforderlich) und dem Betroffenen werden im Gegenzug keine zusätzlichen Verfahrenskosten auferlegt. Gegen die Verwarnung hat man übrigens kein Rechtsmittel, das hat man erst gegen einen Bußgeldbescheid.

Ist der Betroffene mit der Verwarnung einverstanden und zahlt das Verwarnungsgeld innerhalb der festgesetzten Frist, dann ist die Sache erledigt. Zahlt er nicht fristgerecht oder nicht in festgesetzter Höhe oder erklärt er sogar ausdrücklich, dass er mit der Verwarnung nicht einverstanden ist, dann muss die Behörde das aufwendige Bußgeldverfahren einleiten, wenn sie der Erklärung des Betroffenen nicht nachgibt sondern bei ihrer Ansicht bleibt. Es ergeht dann ein Bußgeldbescheid, dessen Erlass gemäß § 107 Abs. 1 OWiG 5 % der festgesetzten Geldbuße (mindestens jedoch 20 und höchstens 7500 Euro) und dessen Zustellung gemäß § 107 Abs. 3 OWiG pauschal 3,50 Euro kostet. Dafür steht dem Betroffenen nach Erhalt des Bußgeldbescheides ein Rechtsmittel, nämlich der Einspruch zur Verfügung.

Du magst dies als "Abzocke" ansehen, bedenke dabei jedoch, dass der Verursacher nicht die Behörde, sondern der Gesetzgeber ist, der das OWiG verabschiedet hat.

Nach einem fristgerecht eingelegten Einspruch geht die Sache dann vor Gericht, wenn die Behörde weiterhin bei ihrer Ansicht bleibt. Dort wird die Sache dann durch einen Richter entschieden. Entscheidet der Richter zugunsten des Betroffenen, dann entfallen natürlich auch die zusätzlichen Gebühren für den Bußgeldbescheid. Entscheidet er gegen den Betroffenen, dann werden die Gebühren durch die Gerichtskosten ersetzt.

kormike  15.04.2014, 18:42

Hallo JotEs,

finde Deine Antwort sehr hilfreich, habe aber noch eine Frage dazu.

Zur Situation: 7 km/h zu schnell, Bußgeldbescheid (kein Verwarnungsgeld) bekommen, dieser beinhaltet Geldbuße 15.00 Euro , Verfahrenskosten 25,00 Euro, Auslagen 3,50 Euro, gesamt 43,50. Bußgeld fristgerecht bezahlt, Widerspruch gegen Verfahrenskosten eingelegt, Gerichtstermin liegt an.

Bei 15 Euro Geldbuße handelt es sich um eine geringfügige Ordnungswidrigkeit die bisher immer mit Verwarnungsgeld geahndet wurde. Stattdessen wurde sofort ein Bußgeldverfahren mit entsprechend höheren Kosten eingeleitet.

Liegt es in der Willkür des Beamten oder der Behörde, wann ein Verwarnungs- bzw. Bußgeldverfahren eingeleitet wird, oder gibt es nachvollziehbare Vorschriften?

Weiter komme ich nicht klar mit den mir auferlegten Verfahrenskosten. 5% wären 0,75 Euro, es müsste also der Minimalbetrag von 20 Euro angesetzt werden und nicht 25,00 Euro. Sehe ich das so richtig, oder hat sich da zwischenzeitlich was verändert?

In diesem konkreten Fall handelt es sich zweifellos um Abzocke gegen die etwas getan werden sollte. Andererseits, steht dem mein Aufwand entgegen, den Gerichtstermin wahr zu nehmen. Ich wohne 150 km vom Gerichtsort entfernt und bin berufstätig. Aber vielleicht ist das ja gerade der Punkt, welcher das Amt dazu (ver)führt ein Bußgeldverfahren anzustrengen. Die Beamten wissen schon, das der Aufwand für mich ungleich höher ist, als das, was ich bei einem Gerichtsverfahren gewinnen kann. Ein ausgeklügeltes System, gegen das man als Normalo nicht ankommt.

lag112 
Beitragsersteller
 16.05.2012, 12:36

Danke, jetzt bin ich schlauer. Mir ging es auch nicht in erster Linie um den Bußgeldbescheid von nun 43,50 sondern um die Verwarnung von 20,- in der kein Hinweis vermerkt ist: dass ein Widerspruch automatisch zu einem Bußgeldbescheid führt (führen kann). Und in diesem Vorgang (Automatisierung), sehe ich eine "Falle" bei der die Behörde/Staat, mit dem Bußgeldbescheid doppelt verdient. Und dies ist eine einzige "Abzocke und Frechheit" durch den Gesetzgeber, der den Behörden diese Abzocke ermöglicht!!! Gruß lag112

JotEs  16.05.2012, 18:34
@lag112

Du musst es umgekehrt betrachten: Grundsätzlich werden Ordnungswidrigkeiten mit einem Bußgeldverfahren verfolgt, welches zu einem kostenpflichtigen Bußgeldbescheid führt. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten stehen jedoch Aufwand und Kosten eines Bußgeldverfahrens in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem zu verhängenden Bußgeld (z.B. 5 Euro für falsches Parken). Die vorgesehenen Kosten von 23,50 Euro sind weder für die Behörde kostendeckend noch sind sie dem Betroffenen zu vermitteln, wenn diese ein Vielfaches des eigentlichen Bußgeldes betragen.

Deshalb hat der Gesetzgeber für geringfügige Ordnungswidrigkeiten das kostenfreie Verwarnungsverfahren vergesehen. Hier braucht der Betroffene lediglich des Bußgeld (das in diesem Verfahren Verwarnungsgeld heißt) zu zahlen und die Behörde erspart sich kostenträchtige Ermittlungen. Das funktioniert aber auch nur dann, wenn es keine Komplikationen gibt. Zeigt sich der Betroffene unwillig, dann muss er damit rechnen, dass die Behörde ohne Weiteres eben doch das normale und kostenpflichtige Bußgeldverfahren einleitet.

Automatisch geschieht das übrigens nicht - ich habe es selbst schon erlebt, dass mir nach einer von mir abgegebenen Erklärung zu einer Verwarnung in einem weiteren Schreiben nahegelegt wurde, doch bitte das Verwarnungsgeld zu zahlen, da sonst ein Bußgeldbescheid erlassen werden müsste. Da war ich eben an eine freundliche Behörde geraten - du leider nicht.

Betrachte es als Lehrgeld. Beim nächsten mal weißt du nun Bescheid.

lag112 
Beitragsersteller
 18.05.2012, 13:06
@JotEs

JotEs: danke für deine Antwort und Mühe. Wie ich bereits User 011100 geschrieben habe, denke ich, dass die Bußgeldbehörde nur darauf wartet, dass einer gegen ein Verwarnungsgeld Widerspruch (Erklärung) erhebt, damit so ein "Sesselfurzer" automatisch einem einen sog. Schubladen-Bußgeldbescheid (Musterschreiben) zuschickt, für das sie noch 3.50 extra verlangen und die Bußgeldbehörde am Ende 43,50 anstatt nur 20,- an Kohle verdient. Wie du richtig schreibst, auch ich denke, so was kann man auch andres und besser machen: "......doch bitte das Verwarnungsgeld zu zahlen, da sonst ein Bußgeldbescheid erlassen werden müsste" – denn so was wäre bürgerfreundlich. Ich dachte vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich, aber manche halt gleicher als gleich! So leicht wie die Bußgeldstellen möchte ich auch mein Geld verdienen! Dann ein Hoch auf die Abzocker und Rechtsverdreher!!! Gruß lag112

Das ist völlig korrekt. Natürlich darfst Du Widerspruch einlegen, hast dann bei Ablehnung aber auch die Kosten zu tragen. Offensichtlich war Dein Widerspruch erfolglos. Die Behörde hat Dir nicht nur den Bescheid wieder zurückgeschickt, sondern Dich auch noch über die Ablehnung des Widerspruchs unterrichtet. Das machen die natürlich nicht kostenlos, irgendwie muss die Stadt ihr Personal ja auch bezahlen. Die Gebührensätze sind übrigens gesetzlich festgelegt. Wenn Du immer noch meinst, im Recht zu sein, kannst Du noch klagen. Billiger wird es auf keinen Fall.

lag112 
Beitragsersteller
 16.05.2012, 09:46

Insoweit gebe ich dir Recht. Doch ist die Behörde nicht auch verpflichtet in der Verwarnung einem mitzuteilen dass mit einem Einspruch einem zusätzliche Kosten (Verfahrenskosten/Bußgeld) entstehen? Denn dann würde man eher auf einen Einspruch verzichten. Gruß lag112

user353737  16.05.2012, 11:07
@lag112

So weit ich weiß, muss sie nicht darauf hinweisen. Es muss aber darauf hingewiesen werden, bei einem Einspruchs auch eine nachteiligere Entscheidung getroffen werden kann (§ 66 Abs. 2 Nr. 1b OWiG).

Das ist keine Abzocke und vollkommen rechtens!

lag112 
Beitragsersteller
 15.05.2012, 23:48

.......nun dann will ich dich mal erleben, wenn du so eine Bußgeldbescheid bekommst, ob du dann ohne weiters (Einspruch) zahlst und viell. noch Danke sagst!

ja, das steht auch auf dem bußgeldbescheid drauf. bei einspruch müssen sich ja wieder mitarbeiter drum kümmern. dadurch entstehen kosten. wäre deinem einspruch stattgegegben worden wären die gebühren nicht angefallen

lag112 
Beitragsersteller
 15.05.2012, 23:44

Mir geht es nur um die zusätzliche 20,- Kosten. Wenn dies rechtens wäre, dann dürfte niemand Rechtsmittel einlegen und müßte alles blind akzeptieren, auch wenn die Behörde im Unrecht ist. Ich denke, erst danach dürfe die Stadt die zusätzliche Kosten erheben, wenn ich erneut Einspruch einlege.

011100  16.05.2012, 13:59
@lag112

Wenn du deine verfassungsmäßigen Rechte wahrnehmen willst,musst du in so einem Behördensumpf dafür zahlen,wel da ja Unsummen an Kosten anfallen,weil da irgendein Sesselfurzer für geweckt werden muss

lag112 
Beitragsersteller
 18.05.2012, 10:01
@011100

011100 ........so ist es, ich denk die warten nur darauf, dass einer gegen ein Verwarnungsgeld Widerspruch erhebt, damit so ein "Sesselfurzer" automatisch einem einem Schubladen-Bußgeldbescheid (Musterschreiben) zuschickt, für das sie noch 3.50 extra verlangen und die Behörde am Ende 43,50 anstatt nur 20,- an Kohle verdient. Ich denke, sowas kann man auch andres und besser machen (so wie es JotEs am Ende schreibt: "......doch bitte das Verwarnungsgeld zu zahlen, da sonst ein Bußgeldbescheid erlassen werden müsste".
So leicht möchte ich auch mein Geld verdienen! Dann ein Hoch auf die Abzocker und Rechtsverdreher!!!

JotEs  18.05.2012, 11:23
@lag112

Wenn du deine verfassungsmäßigen Rechte wahrnehmen willst,musst du in so einem Behördensumpf dafür zahlen

Nur wenn du letztendlich unterliegst! Hat dein Rechtsmittel hingegen Erfolg, dann brauchst du gar nichts zu bezahlen.

Es ist eben so: Wenn du der Meinung bist, dass du zu Unrecht beschuldigt wirst, dann musst du eine gerichtliche Entscheidung suchen, sofern die Behörde auf einen Einspruch nicht einlenkt. Fällt das gerichtliche Urteil zu deinen Gunsten aus, brauchst du nicht einen Cent zu bezahlen, andernfalls musst du eben die Gerichtskosten tragen. Auch ein Urteil ist quasi eine Ware, die bezahlt werden muss. Und da ist es eben so, dass der Verlierer eines Rechtsstreites auch die Kosten zu tragen hat, da er ja auch dafür verantwortlich ist, dass es überhaupt zu dem Rechtsstreit gekommen ist.

Wenn du ein Verwarnungsgeld nicht bezahlst oder gar erklärst, nicht mit der Verwarnung einverstanden zu sein, dann muss die Behörde eben davon ausgehen, dass du es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lassen willst. Dazu aber muss dir ein Bußgeldbescheid vorliegen, denn nur gegen den steht dir das Rechtsmittel des Einspruches zur Verfügung steht. Im Verwarnungsverfahren hingegen gibt es kein Rechtsmittel.

Liegt dir der Bußgeldbescheid vor, dann kannst du dein Recht weiter verfolgen, indem du Einspruch einlegst. Wenn dann die Behörde immer noch nicht nachgibt, dann kommt es zum Gerichtsverfahren.

Der Fehler des Fragestellers war, dass er erklärt hat, mit der Verwarnung nicht einverstanden zu sein ohne sich über die Folgen im Klaren zu sein. Womöglich hat er gedacht: "Nun gut, der Vorwurf ist zwar berechtigt, aber wenn die Geld wollen, dann sollen die auch noch ein bisschen mehr dafür tun!", hat also quasi aus Trotz und ohne guten Grund gehandelt. Das aber sollte man eben nicht tun. Wenn ein Vorwurf berechtigt ist, dann schafft man ihn nicht dadurch aus der Welt, dass man ihn ignoriert oder ihn gar bestreitet. Das geht in aller Regel nach hinten los und verursacht weitere Kosten. Bestreiten sollte man einen Vorwurf nur dann, wenn er tatsächlich nicht gerechtfertigt ist.

Hallo, also ich kann den Fragenden leider keine Antwort geben, aber ich habe etwas ähnliches auf dem Tisch liegen.

Ich habe eine Kostenbescheid bekomm gem. § 107 Abs. 2,3 OWiG. Es ist seltsam, da ich weder eine Anhörung, noch eine Verwarnung mit Spende noch sonst was bekommen habe. Dazu kommt, dass der "sogenannte" Verstoß am 13.01.2013 der "Verjährung" unterlag und ich das im selben Schreiben mitgeteilt bekam.

Wie verhalte ich mich? Etwas was "verjährt" ist, ist m.E. nicht mehr "holbar" oder?