Umgang bezüglich temporärer Leistungsminderung aufgrund GdB-relevanter Erkrankung
Hallo, ich möchte gerne um Rat bitten.
Ganz kurz zur Vorgeschichte: Ich bin Angestellter und seit über 8 Jahren in einem Unternehmen mit ca 500 Mitarbeitern tätig. Mit 18 Jahren erlitt ich eine schizo-affektive Psychose. Auslöser waren keine Drogen, sondern die Psychose war endogen, hat zum einen eine genetische Komponente sowie ein Zusammenhang mit einer Hirnhautenzündung im Kleinkindesalter wird angenommen.
2-3 Jahre nach dem Ausbruch konnte ich wieder Vollzeit arbeiten, ich war medikamentös dann super eingestellt. Man riet mir damals schon, ich könne einen Schwerbehindertenausweis beantragen, allerdings lehnte ich das damals aus Stolz ab, da ich mich sehr gut fühlte und ohne Einschränkungen.
Um 2008 herum setzte ich die Medikamente ab (da es mir so gut ging), landete erneut in der Psychiatrie, diesmal dauerte die Episode aber nur 3 Monate, da ich sofort wieder gut eingestellt wurde. Aufgrund des Rückfalls, beantragte ich dann in Eigenregie besagten Schwerbehindertenausweis und erhielt sofort 60% unbefristet. Diesen legte ich dann meinem Arbeitgeber vor, alles kein Problem, da ich meine Arbeit stehts sehr gut mache.
Nun war es aber so, dass mir in den letzten 2 Jahren auffiel, dass ich zunehmend depressiv und demotivierter war, müder, schlapper, ja, "fauler". Mir war irgendwie alles egal, auch was den Job anging.
Und nun bin ich dem endlich auf die Schliche gekommen ... Ein Besuch beim Radiologen - auf eigene Initiative hin - brachte die Antwort.
Ich hatte eine starke Schilddrüsen-Unterfunktion ! Diese wird jetzt auch behandelt, ich habe wieder abgenommen, und bin wieder voll im Leben, aktiv, motiviert, interessiert.
Nun geht es aber um folgendes Thema. Es stehen Personalgespräche bezüglich 2011 ins Haus, und ich denke, es wird zum Thema kommen, was meine Arbeitsleistung anging, zu der Zeit, als ich noch unter der Schilddrüsenunterfunktion litt.
Ich erbitte um Rat, da ich gerne anführen möchte, dass die schwache Arbeitsleistung der Vergangenheit angehört und psychisch war, da die Schilddrüse ja starke Auswirkungen auf die Psyche hat, und aufgrund den Problemen die Psyche anbelangend habe ich ja den GdB 60.
Also zum einen versuche ich das natürlich gütlich darzulegen ! Was aber, wenn der Bereichsleiter dem keine Beachtung schenkt und mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen droht (also zb Gehaltskürzung)? Welche stichfesten, rechtlichen Argumente kann ich vorlegen, dass ich besonderen Schutz verdiene, bezüglich Erkrankungen, die mit meinem GdB zusammenhängen? Es lagen leider in dem Zeitraum einige Projekte im Argen, die ich nicht wie gewohnt bearbeiten konnte, da mir schlichtweg die Energie fehlte. Ich wusste damals auch nicht, was mit mir los war sonst hätte ich schneller handeln können.
Ich wäre um jede Antwort SEHR dankbar!!!!
3 Antworten
Hallo bofferoko,
Sie schreiben:
Umgang bezüglich temporärer Leistungsminderung aufgrund GdB-relevanter Erkrankung. Ich bin Angestellter und seit über 8 Jahren in einem Unternehmen mit ca 500 Mitarbeitern tätig. Mit 18 Jahren erlitt ich eine schizo-affektive Psychose.Aufgrund des Rückfalls, beantragte ich dann in Eigenregie besagten Schwerbehindertenausweis und erhielt sofort 60% unbefristet. Diesen legte ich dann meinem Arbeitgeber vor, alles kein Problem, da ich meine Arbeit stehts sehr gut mache<
Antwort:
So wie Sie den Sachverhalt darstellen, ist Ihr Arbeitgeber über Ihre Erkrankung und Behinderung (GDB 60) informiert und Sie strengen sich regelmäßig an, Ihre Arbeit stets bestmöglich auszuführen!
Aus diesem Grund gibt es Ihrerseits überhaupt keine Veranlassung, sich über bis ins Jahr 2011 zurückliegende, durch Ihre gesundheitlichen Belange ausgelösten etwaigen Unzulänglichkeiten, Sorgen zu machen!
Jeder Mensch, auch gesunde Menschen, machen hin und wieder Fehler und das ist eben menschlich!
Nun geht es aber um folgendes Thema. Es stehen Personalgespräche bezüglich 2011 ins Haus, und ich denke, es wird zum Thema kommen, was meine Arbeitsleistung anging, zu der Zeit, als ich noch unter der Schilddrüsenunterfunktion litt.<
Da lassen Sie sich mal bitte keine grauen Haare wachsen, denn nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird!
Wenn Ihre Vorgesetzten Sie als Mensch und fleißigen Mitarbeiter trotz Ihrer Erkrankung schätzen, dann werden derartige Unzulänglichkeiten kompensiert!
Liegt seitens der Vorgesetzten kein Verständnis für Ihre Situation vor, so kann dies auch nicht erzwungen werden!
Ich erbitte um Rat, da ich gerne anführen möchte, dass die schwache Arbeitsleistung der Vergangenheit angehört und psychisch war, da die Schilddrüse ja starke Auswirkungen auf die Psyche hat, und aufgrund den Problemen die Psyche anbelangend habe ich ja den GdB 60.<
Was war, das ist vorbei und sollte abgehakt werden!
Wie sich Ihre Psyche in Zukunft entwickeln wird, das können weder Sie, noch Ihr Psychiater vorhersagen und da kann sich auch niemand festlegen!
Die Gesundheit von uns Allen ist ein kostbares Gut, ähnlich zerbrechlich wie "Meisner Porzellan" und keiner von uns weiß, wann uns eine gesundheitliche Verschlechterung heimsucht und Leistungseinschränkungen mit sich bringt!
Bitte bewerten Sie also Ihre persönliche Situation nicht über, sondern gehen Sie, wenn irgend möglich, mit Gelassenheit an die Sache (an diese Personalgespräche) heran!
Also zum einen versuche ich das natürlich gütlich darzulegen ! Was aber, wenn der Bereichsleiter dem keine Beachtung schenkt und mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen droht (also zb Gehaltskürzung)? Welche stichfesten, rechtlichen Argumente kann ich vorlegen, dass ich besonderen Schutz verdiene, bezüglich Erkrankungen, die mit meinem GdB zusammenhängen? Es lagen leider in dem Zeitraum einige Projekte im Argen, die ich nicht wie gewohnt bearbeiten konnte, da mir schlichtweg die Energie fehlte. Ich wusste damals auch nicht, was mit mir los war sonst hätte ich schneller handeln können.<
Versuchen Sie bitte nicht, Ihren Vorgesetzten in endlosen Beteuerungen und mit umfangreichen Begründungen gütlich zu stimmen!
Das ist unnötig!
Wenn Sie bereits 8 Jahre in diesem Unternehmen sind, dann kennt man Sie und hat Ihre Behinderung (Erkrankung) akzeptiert!
Stichfeste, rechtliche Argumente sind Arztberichte, Atteste Ihrer behandelnden Ärzte; diese belegen, daß Sie keine selbst erfundenen Märchen auftischen.
Welchen Schutz Sie mit einem GDB 60 genießen, können Sie in der Broschüre des BIH unter folgendem Link nachlesen:
http://www.integrationsaemter.de/Fachlexikon/Kuendigungsschutz/77c426i1p/index.html
Zögern Sie auch nicht, sich in Ihrem zuständigen Integrationsamt in dieser Sache beraten zu lassen!
In einem Betrieb mit 500 Mitarbeitern sollte es wohl auch eine Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat geben, welche Sie ebenfalls konsultieren sollten!
Tragen Sie dort Ihr Anliegen vor und Sie werden sicherlich Verständnis und Unterstützung erhalten.
Fazit:
Psychische Erkrankungen sind weltweit auf dem Vormarsch und können jederzeit "Jede und Jeden" treffen!
Je offener Betroffene mit dem Thema umgehen, je eher kann Verständnis seitens des menschlichen Umfeldes erwartet werden!
Unsere Leistungsgesellschaft neigt leider vermehrt dazu, diese Dinge zu verdrängen!
Psychisch kranke Menschen sind ein Teil unserer Gesellschaft und kosten die Volkswirtschaft unvorstellbare Summen!
Oft könnte ein Funken mehr Menschlichkeit und Verständnis mehr bewirken als tausende von Pillen!
Ich wünsche Ihnen eine dauerhafte Stabilisierung Ihres Gesundheitszustandes, verständnisvolle Vorgesetzte, eine gehörige Portion Selbstvertrauen, bestmögliche Gesundheit und Alles erdenklich Gute für Ihre weitere Zukunft
Konrad
Ergänzung von Konrad:
Unter folgendem Link finden Sie eine hervorragende Ausarbeitung zum Thema:
Seelische Erkrankungen!
Hinsehen und handeln!
Eine wichtige Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung ist es daher, die Betroffenen entsprechend zu beraten und bei der Antragstellung zu unterstützen.
http://www.integrationsaemter.de/ZB-03-2007/223c1482i1p/index.html
Auszug:
In Deutschland leiden etwa acht Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren unter einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung. Die Ursachen sind vielschichtig: Sie beruhen auf einer Wechselwirkung von biologischen, psychischen und sozialen Faktoren. So kann es beispielsweise bei entsprechender Veranlagung durch eine Lebenskrise, wie der Tod eines Angehörigen, zum Ausbruch einer Erkrankung kommen.
Nach einer Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden im Jahr 2020 Angststörungen und Depressionen im Ranking der „größten Leiden der Menschheit“ Platz 2 und 3 einnehmen – hinter Herzinfarkt und vor Verkehrsunfällen. Tatsächlich steigt die Zahl psychischer Erkrankungen Jahr für Jahr.
Das geht uns Alle an!
Beste Grüße, viel Erfolg und bestmögliche Gesundheit
Konrad
Perfekt, vielen vielen Dank Ihre Antwort hat mir sehr geholfen :-)
wENN DU WEGEN DER vERGANGENHEIT ZU kRITIKGESPRÄCHEN AUFGEFORDERT WIRST; KANNST DU JA DAMIT ARGUMENTIEREN; DASS DU JETZT MEDIKAMENTÖS NEU EINGESTELLT BIST,
Was in der Zukunft liegt weiß niemand. jedenfalls hast du mit deinem Schwerbehindertenstatus eine geschützte Position in einem Betrieb dieser Größenordnung.
Natürlich wird dich so schnell niemand auf eine Beförderungsliste setzen, da kann st du allerdings nicht viel gegen tun.
bei einem Laden dieser Größe gibts doch bestimmt einen Betriebsrat/Personalrat, vielleicht sogar 'ne Schwerbehindertenvertretung. Das sind Profies und die können dir bestimmt weiterhelfen, Tipps geben; auf Wunsch nehmen die sogar an solchen Gesprächen teil (als Schwerbehinderter hat man hier sogar ein Anrecht drauf). Aber DU musst sie zunächst mal fragen - von allein machen die in aller Regel zunächst nämlich leider eher nix.