Muss ich bezahlen, obwohl meine Anzeige fallen gelassen wurde?

9 Antworten

Zunächst mal der Form halber: ich bin kein Jurist und dies stellt auch keine rechtliche Beratung dar. Äußere hier nur meine subjektive Einschätzung als juristisch Halbgebildeter. Demnach musst du weder den Schaden noch die Anwaltskosten bezahlen. Ansonsten halte ich dein Verhalten für vorbildlich.

Die Schadensersatzpflicht regelt §823 BGB (1):
"Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit,
die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen
widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus
entstehenden Schadens verpflichtet."

Vorsätzlich hast du zwar gehandelt, aber die entscheidende Frage ist, hast du auch widerrechtlich gehandelt?

Das würde ich verneinen, denn du hast gemäß § 127 StPO rechtmäßg gehandelt:
"Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er
der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt
werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung
vorläufig festzunehmen."

Das trifft hier alles zu: du hast den Täter auf frischer Tat ertappt, er wollte fliehen und anders hätte seine Idendität nicht sofort festgestellt werden können. Die Verhinderung der Flucht kommt dabei einer vorläufigen Festnahme gleich.

Hättest du nur das Kennzeichen aufgeschrieben, hätte seine Idendität nicht sofort festgestellt werden können und er hätte später leugnen können, der Fahrer gewesen zu sein. Da du also nicht widerrechtlich gehandelt hast, entsteht auch nach §823 BGB keine Schadensersatzpflicht.

Dass du eben nicht widerrechtlich gehandelt hast wird auch dadurch unterstützt und belegt, dass eine entsprechende Strafanzeige wegen Sachbeschädigung offensichtlich als nicht begründet von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde. Du hast dazu sicherlich von der Staatsanwaltschaft einen Brief zur Einstellung erhalten. Hier wäre es ziemlich wichtig zu wissen, womit sie das begründet hat. Bei Einstellung wegen Geringfügigkeit oder mangelndem öffentlichen Interesse hättest du ein schwaches Argument. Steht da aber explizit drin, dass kein rechtswidriges Verhalten festgestellt werden konnte, hast du damit einen starken Trumpf in der Hand.

Die Anwaltskosten musst du zum einen deshalb nicht übernehmen, weil es gar keine Schadensersatzpflicht gibt und du ja bereits ohne rechtliches Anerkenntnis bereit warst, den Schaden zu bezahlen, was der Täter aber bereits abgelehnt hatte.

In meinen Augen stellt der Brief nichts anderes dar als ein Revanchefaul, weil du gegen den Fahrer vor Gericht ausgesagt hast, was ihn wohl mächtig ärgert und er deshalb, das schreibst du aber nicht, vermutlich verurteilt wurde.

Wie kannst du nun vorgehen?

Das hängt davon ab, ob du eine private Haftpflichtversicherung hast oder nicht.

1. Du hast eine Privathaftpflichtversicherung (was man eigentlich immer haben sollte, zumal die nicht teuer sind):
Zunächst mal ist die höchtwahrscheinlich zuständig, da du nicht als Verkehrsteilnehmer sondern als "Privatperson" bzw. Zeuge einer Straftat (fahrlässige Körperverletzung und versuchte Unfallflucht) gehandelt hast. Dann würde ich der Versicherung den Schaden unverzüglich melden, den Vorfall schildern und ihr das gegenerische Anwaltschreiben zukommen zu lassen. Deren Juristen werden sich dann um alles kümmern und mit Sicherheit die gegenerische Forderung abschmettern. Dann bleibt der Fahrer auf seinem Schaden und den zusätzlichen Anwaltskosten sitzen. Sollte die Versicherung aber alles bezahlen, kanns dir auch recht sein.

2. Du hast keine Privathaftpflichtversicherung

Wenn du sofort zu einem Anwalt gehst, der die Forderung abschmettert und die anderen dann zurückziehen, bleibst du auf deinen Anwaltskosten sitzen. Deine Anwaltskosten muss der Fahrer erst dann übernehmen, wenn in einem Zivilprozess entschieden wird, dass die Forderung unrechtmäßig war und der Kläger die Verfahrenskosten zu tragen hat. Dann muss er die Gerichtskosten sowie seine und deine Anwaltskosten übernehmen.

Daher würde ich persönlich in diesem Fall ein kurzes Schreiben an den gegnerischen Anwalt schreiben, das ungefähr so lauten würde:

Bezug: Aktenzeichen (aus dem Brief des Anwalts entnehmen)
Betreff: Ihr Schreiben vom xxx

"Sehr geehrter Herr Anwalt,

Ihre Forderung lehne ich als unbegründet ab.

Gem. §823 BGB wäre ich nur dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ich widerrechtlich gehandelt hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Gem. § 127 StPO war meine Handlung, Ihren Mandanten an der Unfallflucht zu hindern, rechtmäßig. Das wird auch dadurch bestätigt, dass das Verfahren gegen mich wegen Sachbeschädigung durch die Staatanwaltschaft mit Schreiben vom xxx eingestellt wurde.

Desweiteren hatte ich ihrem Mandanten bereits der Einfachheit halber und ohne Anerkennung irgendeiner Rechtspflicht den Ersatz des Spiegels angeboten, was dieser aber abgelehnt hatte.

Daher würde ich auch einer zivilrechtlichen Klage mit großer Gelassenheit und anwaltlicher Hilfe entgegensehen.

Mit freundlichen Grüßen
Leaausmannheim"

Dann müsstest du nur noch abwarten, ob die Gegenseite tatsächlich Klage erhebt. Das sollte eigentlich nur dann passieren, wenn der gegnerische Anwalt trotz fehlender Erfolgsaussichten eine Chance sieht, auf Kosten seines Mandanten Umsatz zu machen. Sollte wider Erwarten eine Klage eingereicht werden, müsstest du dir doch besser einen Anwalt nehmen, der bei dem geringen Streitwert allerdings ziemlich billig kommt. Freiwillig bezahlen würde ich jedenfalls nach dem ganzen Ablauf gar nichts mehr. 

Hast du zufällig eine private Rechtsschutzversicherung, die auch bei Zivilangelegenheiten eintritt, kannst du die in Anspruch nehmen und dir sofort einen Anwalt nehmen. Dann sparst du dir sogar das Schreiben an den gegnerischen Anwalt.


Zwei Wege. Du sagst du bist zahlungsbereit und warst es immer, dann musst sparst du die Anwaltskosten, musst aber den Rest zahlen. 

Oder du vertrittst die Ansicht dein Handeln war rechtsmässig, dann streitest du über die Kosten, musst dann aber eventuell auch den Anwalt und das Verfahren zahlen.

Wenn dieser Mensch, statt die Entschädigung anzunehmen, zum Anwalt rennt, dann muss er das auch selbst zahlen. Dass Du angezeigt wurdest und die Anzeige wurde fallengelassen, hat nichts mit dem kaputten Außenspiegel zu tun. Dieser Schaden ist ja nunmal entstanden.

Hast Du Zeugen, dass Du die Entschädigung angeboten hast?

Außenspiegel können zwar sehr teuer sein, aber nicht bei einem alten Auto

Ich würde dem Anwalt schriftlich mitteilen, dass Du direkt danach angeboten hast, den Spiegel zu bezahlen (und Du auch immer noch durchaus gewillt bist, zu zahlen) und es ablehnst, seine Gebühren zu begleichen.

lg Lilo

Jack98765  01.12.2017, 11:17

Außenspiegel können zwar sehr teuer sein, aber nicht bei einem alten Auto

Es kommt hierbei nicht auf das Alter des Autos an, sondern welche Technik im Rückspiegel steckt und ob dieser in Wagenfarbe lackiert ist.

Alleine der von innen manuell, also nichtmal elektrisch, einstellbare Rückspiegel eines Toyota Aygo, ohne in Wagenfarbe lackierter Kappe (da vorhanden) hat mir 115 € an Reparaturkosten verursacht.

LiselotteHerz  01.12.2017, 11:59
@Jack98765

Bei 115,- Euro würde ich auch nicht von teuer sprechen. Da gibt es ganz andere Preise auf dem Markt bei brandneuen Autos. Wir haben für unseren 18 Jahre alten Volvo einen neuen Außenspiegel gebraucht. Den haben wir bei ebay ersteigert - 80 Euro und das war noch ein Schnäppchen.

Jack98765  01.12.2017, 12:00
@LiselotteHerz

Darum sage ich ja. Das Alter hat nichts mit den Preisen der Ersatzteile zu tun, sondern mit der Technik die darin steckt und was noch alles repariert werden muss.

Ich würde dem Anwalt zurückschreiben, dass Du dem Geschädigtem schon direkt nachbdem Unfall ohne Prüfung einer Rechtspflicht angeboten hast, die Kosten für die Reparatur zu übernehmen, er dies aber ausgeschlagen hat. Die Übernahme der Reparaturkosten nochmals ohne Prüfung einer Rechtspflicht anbieten, die Übernahme der Anwaltkosten ablehnen, da Du dich eigentlich nicht von einer rechtlichen Verpflichtung des Schadesausgleichs ausgehst und der Mandant durch das Ausschlagen seiner Schadensminimierungspflicht nicht nachgekommen ist.

Sollte der Anwalt nochmal intervenieren (was ich nicht glaube), suche eine Rechtsberatung auf. Falls Du eine Rechtsschutzversicherung hast, so bieten die oft eine kostenlose telefonische Einschätzung an.

der Wert des Wagens spielt keine Rolle. 

Warum hast dich da eingemischt - es hätte gereicht sich das Kennzeichen und Gesicht zu merken. Anzeige wegen Unfallflucht stellen dann hättest dich um den Verletzten kümmern sollen. 

Wie ist der Spiegel zu Bruch gegangen - Rangelei mit dem Verursacher?

Crush4r  01.12.2017, 10:15

rein rechtlich war es ok, fahrerflucht ist eine straftat, und durch die jedermannsrechte ist es jedem bürger gestattet jemanden an einer straftat zu hindern, eigendlich muss man es sogar, es sei denn man würde sich in direkte lebensgefahr begeben. allerdings sehen das die gerichte dort nicht so eng. aber rein theoretisch hätte es wirklich gereicht wenn man sich das kennzeichen aufgeschrieben hätte, eine aussage vor gericht und die sache wäre gegessen!

peterobm  01.12.2017, 10:18
@Crush4r

jemanden an einer straftat zu hindern

die hat  ja bereits stattgefunden - Jedermannsrecht - Festhalten bis die Polizei eintrifft und die Personalien feststellen kann - 

beim Fahrzeug über das Kennzeichen leicht machbar - da kümmert sich die Polizei schon drum.