Minusstunden bei Vorstellungsgespräch?
Hey
ich arbeite zur Zeit befristet in einem Kindergarten und habe jetzt demnächst ein Vorstellungsgespräch für eine Arbeitsstelle sobald mein jetziger Arbeitsvertrag abläuft. Das Vorstellungsgespräch läuft während meiner Arbeitszeit, weil es nicht anders passen würde.
Meine Chefin hat mir gesagt, dass sie mir dafür Minusstunden aufschreiben und ich die dann mit Überstunden raus arbeiten muss.
Bekannte in meinem Umfeld haben mir aber gesagt, dass mein Arbeitgeber mich dafür freistellen muss und ich somit keine Minusstunden mache.
Jetzt frage ich mich wer recht hat und wie es wirklich ist. Im Internet habe ich nur etwas dazu gefunden wenn der Arbeitgeber einen gekündigt hat und die Arbeitsstelle somit gefährdet ist. Ist es das gleiche bei einem Befristeten Arbeitsvertrag oder ist das anders?
Kann mir dabei einer helfen?
Ich danke schon mal im Voraus!
1 Antwort
Minusstunden bei Vorstellungsgespräch?
Das kommt - wie so oft - "darauf an" ...
Bekannte in meinem Umfeld haben mir aber gesagt, dass mein Arbeitgeber mich dafür freistellen muss und ich somit keine Minusstunden mache.
"Freistellen" ist zwar richtig, ob "keine Minusstunden" (also bezahlte Freistellung) kommt - wie gerade gesagt - "darauf an" ...
Wenn ein Arbeitsverhältnis endet - ob durch arbeitnehmer- oder arbeitgeberseitige Kündigung, ob durch Befristungsende -, hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, vom Arbeitgeber für die Wahrnehmung notwendiger Termine (Agentur für Arbeit, Vorstellungsgespräche) von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden.
So bestimmt es das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 629 "Freizeit zur Stellungssuche":
Nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses hat der Dienstberechtigte dem Verpflichteten auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.
Das bedeutet aber zunächst einmal nur die Gewährung von Freizeit; ob der Arbeitgeber diese Freizeit auch bezahlen muss, ist eine andere Frage:
1.) Ob der Arbeitgeber diese Freizeit aber auch bezahlen muss, hängt davon ab, ob es einzel- oder tarifvertragliche Regelungen zum Sonderurlaub gibt (also bezahlte Freizeit für eine gewisse Dauer), die den Fall "Stellensuche" beinhalten.
Gibt es eine solche vertragliche "Sonderurlaubs"-Regelung ohne den Fall "Stellensuche" (oder Ähnliches), dann hast Du zwar Anspruch auf Gewährung von Freizeit, die muss vom Arbeitgeber aber nicht auch bezahlt werden.
2.) Ohne eine solche Regelung gilt die Bestimmung des Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 616 "Vorübergehende Verhinderung" Satz 1:
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
Danach hat der Arbeitgeber Freizeit für die Stellensuche zu gewähren und muss diese Freizeit auch bezahlen.
Voraussetzung für die Anwendung des BGB § 616 ist aber, dass diese Anwendung vertraglich nicht ausgeschlossen wurde, was leider erlaubt ist.
Es gibt also folgende Fälle:
- Gibt es eine vertragliche Regelung zum Sonderurlaub mit dem Fall "Stellensuche", muss der Arbeitgeber diese Freizeit auch bezahlen
- Gibt es eine vertragliche Regelung zum Sonderurlaub ohne den Fall "Stellensuche", muss der Arbeitgeber diese Freizeit nicht bezahlen.
- Gibt es keine solche vertragliche Regelung und wurde die Anwendung den BGB § 616 ausgeschlossen, muss der Arbeitgeber diese Freizeit nicht bezahlen.
- Gibt es keine solche vertragliche Regelung und wurde die Anwendung den BGB § 616 nicht ausgeschlossen, muss der Arbeitgeber diese Freizeit auch bezahlen.
Du musst also nachprüfen, ob es entsprechende arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen - wie hier beschreiben - gibt.
Gerne geschehen - und viel Glück! 🍀
Ich danke dir für deine schnelle Antwort das hilft mir sehr weiter! 😊