Ist eine Unterschreitung des Mindestlohns in der Einarbeitungszeit rechtens?
Hallo,
in Kürze werde ich als Verkäuferin anfangen zu arbeiten. Die Stelle wird mit 8,50 € / Std. vergütet. Während der Einarbeitung sollen mir allerdings nur 6,50 € / Std. gezahlt werden. Ist das rechtens?
3 Antworten
Etwas irritiert bin ich darüber, [...].
Ich habe zunächst nur auf die falsche Aussage von
grubenschmalz korrigiert - aber das nur nebenbei!
Ist das rechtens?
Eindeutig, kurz und knapp, klipp und klar: Nein!
Selbstverständlich hast Du auch in der "Einarbeitungszeit" Anspruch auf den Mindestlohn, denn diese Einarbeitungszeit wird ja kein "Einfühlungs-" oder "Schnupperarbeitsverhältnis" sein, in dem Du noch keine tatsächliche Arbeitsleistung erbringst. Wäre es ein solches Einfühlungs- oder Schnupperarbeitsverhältnis, dann wäre (ohne Entgeltvereinbarung) der Arbeitgeber noch nicht einmal zu einer Entlohnung verpflichtet (anders als bei einer Probearbeit, bei der eine Arbeitsleistung erbracht wird).
Du kannst Dich für den grundsätzlichen Anspruch auf eine Entlohnung - und das auch in Höhe des Mindestlohns - auf das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 612 "Vergütung" berufen (neben dem Mindestlohngesetz MiLoG):
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
Dass grundsätzlich ein Anspruch auf Vergütung auch während der Einarbeitungszeit besteht, wird wohl selbst ein solcher Arbeitgeber wie hier nicht bestreiten wollen. Und wenn ein Entlohnungsanspruch besteht, darf er den Mindestlohn nicht unterschreiten - bis auf bestimmte wenige Ausnahmefälle, die aber bei Dir wohl nicht zutreffen (Du bist nicht minderjährig ohne abgeschlossene Berufsausbildung, es handelt sich nicht um ein verpflichtendes Praktikum, und Du bist - nehme ich an - unmittelbar vorher auch nicht langzeitarbeitslos gewesen, was eine halbjährige Unterschreitung des Mindestlohns leider erlauben würde).
Im Abs. 2 des zitierten Paragraphen ist von "taxmäßiger Vergütung" und "üblicher Vergütung" die Rede: das ist in Deinem Fall mindestens der Mindestlohn!
So weit die Rechtslage; wie Du Dein "gutes Recht" allerdings gegenüber dem neuen Arbeitgeber durchsetzen kannst oder willst, ist noch eine andere Frage (und jedenfalls in der Probezeit wegen der Kündigungsgefahr problematisch); denn "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge.
Du kannst aber - wenn Du Dich auf diese Bedingungen einlässt - den zu wenig erhaltenen Lohn noch später einfordern; wenn es keine Ausschlussfristen gibt (arbeitsvertraglich mindestens 3 Monate), nach deren Verstreichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen sind, hast Du nach dem BGB § 195 "Regelmäßige Verjährungsfrist" dafür 3 Jahre Zeit: bis zum 31.12.2019!
Im Übrigen interessiert sich auch die für die Überwachung der Einhaltung des Mindestlohngesetzes zuständige Zollverwaltung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung) "brennend" für Verstöße, die auch anonym angezeigt werden können: http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/mindestlohn-mindestlohngesetz_node.html
Auch während der Einarbeitungszeit muss der Mindestlohn bezahlt werden. Wird ja nicht mehrere Monate dauern.
Nein. Außer du bist unter 18, dann geht das.
Vielen Dank für den Hinweis auf das Mindestlohngesetz!
Etwas irritiert bin ich darüber, dass nun nur noch über den Anspruch bzw. Nicht-Anspruch auf Mindestlohn bei Minderjährigen geschrieben wurde. Davon stand nichts in meiner Frage. Ich bin volljährig.
Etwas irritiert bin ich darüber, [...].
Ich habe zunächst nur auf die falsche Aussage von
grubenschmalzkorrigiert - aber das nur nebenbei!
Siehe ansonsten meine eigene Antwort, die ich jetzt auch gegeben habe.
Danke für die schnelle Antwort!
Weißt Du auch, wo das im Gesetz steht?
Mit einem schriftlichen Beleg ist es einfacher, dies beim Arbeitgeber anzusprechen.
Im Mindestlohngesetz.
Mindestlohngesetz MiLoG § 22 "Persönlicher Anwendungsbereich" Abs. 2:
Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes [Anmerk.: gemeint sind Jugendliche/Minderjährige] ohne abgeschlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.
Wer als Jugendlicher also keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, hat keinen Anspruch auf den Mindestlohn; Jugendliche mit abgeschlossener Berufsausbildung haben diesen Anspruch.
Die pauschale Formulierung von grubenschmalz ist falsch!
Du findest das Gesetz auf der Seite "Gesetze im Internet" des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: http://www.gesetze-im-internet.de/milog/index.html#BJNR134810014BJNE002300000
Das ist ist falsch; das Alter alleine ist kein Ausschlusskriterium vom Mindestlohn!
Das gilt nur dann, wenn der Minderjährige gleichzeitig keine abgeschlossene Berufsausbildung hat (was in der Praxis allerdings die Regel sein dürfte).
Ansonsten haben auch Minderjährige Anspruch auf den Mindestlohn!