Hat in diesem Unfall die 1.Partei oder die 2.Partei Recht? Sieht euch die Skizze an. Bitte einmal von Höchstgeschwindigkeit 50 und einmal von 70 ausgehen.?

Unfallskizze - (Straßenverkehr, Verkehrsrecht)

2 Antworten

Hallo IBO1976,

die Straßenverkehrsordnung sagt folgendes:


§ 10 StVO - Einfahren und Anfahren

Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1 und 242.2), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Die Absicht einzufahren oder anzufahren ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Dort, wo eine Klarstellung notwendig ist, kann Zeichen 205 stehen.


Das bedeutet, dass Partei 2 vor dem anfahren aus der Parklücke so verhalten musste, dass er Partei 1 nicht gefährdet. Notfalls hätte er sich einweisen lassen müssen.

Dementsprechend dürfte Partei 2 die alleinige oder zumindest die Hauptschuld an den Unfall treffen. Wenn Partei 1 allerdings viel zu schnell war, könnte ihm eine Mitschuld an den Unfall treffen, aber ihm eine zu hohe Geschwindigkeit nachzuweisen dürfte sich schwierig gestalten.

Nimmt die Polizei den Unfall auf, könnte auf Partei 2 noch laut bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog folgender Bußgeldbescheid zukommen:


Tatbestandsnummer: 110131

Tatvorwurf: Sie fuhren vom Fahrbahnrand an. Es kam zum Unfall.

Ordnungswidrigkeit gem: § 10, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 47.1 BKat; § 19 OWiG

Verwarnungsgeld: 35,00 Euro

Punkte: Nein

Fahrverbot: Nein

Eintrag als A oder B - Verstoß: Nein


Schöne Grüße
TheGrow 

IBO1976 
Beitragsersteller
 31.08.2015, 16:15

Straße mit 50 befahrbar, das steht nun fest. Allerdings konnte Partei 2 das Auto von Partei nicht sehen, da halt die 2 Autos davor standen. Das ändert trotzdem nichts? Auto von Partei 2 hat so gut wie einen Totalschaden, demnach könnte Partei 1 auch zu schnell gewesen sein? Danke!

TheGrow  31.08.2015, 18:15
@IBO1976

Allerdings konnte Partei 2 das Auto von Partei nicht sehen, da halt die 2 Autos davor standen. Das ändert trotzdem nichts?

Nein das ändert nichts, denn wie Du dem Gesetzestext den ich bereits oben angeführt habe, entnehmen kannst:

erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen

Ursächlich für den Unfall ist ja nicht, dass Partei 1 an dem Auto vorbei gefahren ist oder evtl. zu schnell war, sondern der Unfall hätte nicht stattgefunden, wenn Partei 2 den Vorschriften des § 10 Folge geleistet und sich hätte einweisen lassen.

Kurz und Knapp: Partei 2 hätte schlichtweg nicht fahren dürfen, wenn er nichts sieht oder er hätte sich einweisen lassen, denn dann währe es nicht zum Unfall gekommen.

siggibayr  01.09.2015, 09:57
@TheGrow

Das ist die "strafrechtliche" Seite. Im Bereich der Haftung und Schadensregulierung wird die Sache dann wohl nicht so einfach. Ich gehe davon aus, dass im Haftungsrecht Partei 1 eine Mitschuld bekommen könnte. Das Verhalten der Partei 1 stellt rechtlich ein Überholen dar, kein Vorbeifahren. Hier wird die Versicherungsgesellschaft versuchen, eine Teilschuld wegen "unklarer Verkehrslage" abzuwälzen.

Egal ob 50 oder 70 km/h erlaubt, Partei 2 trägt die Schuld.

Partei 1 hat vor Partei 2 Vorfahrt, dies auf der gesamten Fahrbahn.

IBO1976 
Beitragsersteller
 31.08.2015, 16:16

Straße mit 50 befahrbar, das steht nun fest. Allerdings konnte Partei 2 das Auto von Partei nicht sehen, da halt die 2 Autos davor standen. Das ändert trotzdem nichts? Auto von Partei 2 hat so gut wie einen Totalschaden, demnach könnte Partei 1 auch zu schnell gewesen sein? Danke!

Antitroll1234  31.08.2015, 18:36
@IBO1976

 Allerdings konnte Partei 2 das Auto von Partei nicht sehen, da halt die 2 Autos davor standen

Wenn er nichts sieht, dann darf er nicht fahren. Einfach mal so auf Verdacht das frei ist, darf er nicht losfahren.

Auto von Partei 2 hat so gut wie einen Totalschaden, demnach könnte Partei 1 auch zu schnell gewesen sein?

Da müsste ein Nachweis darüber erbracht werden das dem so ist.

Z.B. anhand den Unfallspuren wäre dies durchaus möglich, dann könnte demjenigen durchaus eine Mithaftung zur Last gelegt werden.

claushilbig  01.09.2015, 22:54
@Antitroll1234

Allerdings wirklich nur eine Mithaftung - selbst wenn 1. sich nicht gemäß der StVO verhalten hat, verliert er dadurch nicht sein Vorfahrtsrecht.