Fahrtweg als Arbeitszeit?
Ich habe mal etwas recherchiert aber kaum was rausgefunden. Daher freue ich mich über jede hilfreiche Antwort
Meine Arbeit (im Außendienst) läuft so ab, dass ich morgens aus dem Haus gehe und mit Bus und Bahn zum Einsatzort fahre. Direkt Büro oder Außenstelle haben wir nicht im Umkreis, läuft alles über eine Firma ca 250km entfernt. Habe also keinen Ort außer Zuhause und Einsatzort. Und dieser wechselt wöchentlich, heisst also mal 10 Minuten fahren, mal ne halbe Stunde. Es gab aber auch schon mehrmals knapp 2 Stunden Fahrzeit.
Wie sieht es hier aus, kann ich rechtlich gesehen den Fahrtweg zum ersten Kunden und vom letzten Kunden als Arbeitszeit mit Mindestlohn anrechnen lassen, sofern es nicht anders im Vertrag steht?
3 Antworten
kann ich rechtlich gesehen den Fahrtweg zum ersten Kunden und vom letzten Kunden als Arbeitszeit mit Mindestlohn anrechnen lassen, sofern es nicht anders im Vertrag steht?
Diese Frage kann dir nur ein Richter verbindlich beantworten.
Hier gibt es nämlich zwei Punkte zu klären: Handelt es sich um Arbeitszeit? Und handelt es sich um zu vergütende Arbeitszeit?
Auf der einen Seite steht nämlich das Urteil des EuGH Az. C-266/14 mit dem Tenor
Die Fahrten, die Arbeitnehmer ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort zwischen ihrem Wohnort und dem Standort des ersten und des letzten Kunden des Tages zurücklegen, stellen Arbeitszeit dar.
Allerdings ist dieses Urteil nicht unbedingt auf deinen Fall anwendbar, da es hier um Service-Techniker ging, die mit dem Auto unterwegs sind.
Dies ist nach hM aber grundsätzlich anders zu bewerten als Fahrten mit dem ÖPNV!
Bei einer Autofahrt muss sich der Fahrer auf den Verkehr konzentrieren und kann keine privaten Tätigkeiten erledigen, daher wird das als Arbeitszeit betrachtet. Die Vergütung kann aber reduziert werden bis auf den aktuellen Mindestlohn.
Bei einer Fahrt mit dem ÖPNV hingegen kann der Reisende auch andere, private Tätigkeiten erledigen (zB ein Buch lesen), daher ist das keine Arbeitszeit und somit auch ohne Vergütung.
Die Lage ändert sich hingegen wieder, wenn auf Anordnung des AG während der Fahrt im ÖPNV noch gearbeitet werden soll, zB der Mitarbeiter Gespräche vorbereiten oder Gesprächsprotokolle erstellen muss. Diese Arbeiten sind nicht nur Arbeitszeit, sondern auch als Kerntätigkeiten voll zu vergüten.
Als letztes bleiben dann noch Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarungen, in denen all diese Punkte wieder abweichend geregelt sein können.
Das sagt dir dein Vertrag, es gibt verschiedene Möglichkeiten.
Du hast ein Firmenfahrzeug und darfst dieses privat nutzen, dann ist der erste weg und der letzte vom Kunden keine Arbeitszeit aber Arbeitsweg.
Nächste Möglichkeit wie oben allerdings das hier die Arbeitszeit beginnt sobald du auf dem Weg zum Kunden bis und nachdem letzten Kunden wieder daheim bist.
Du kannst auch Pech haben und hast kein Firmenfahrzeug und erst ab dem ersten Kunden läuft die Arbeitszeit. Dieser Umständen könnten allerdings mit anderen Mitteln wieder gleich gestellt werden.
Letztlich kommt es also darauf an was du in deinem Arbeitsvertrag ausgehandelt hast und dann natürlich dort steht.
Du kannst auch Pech haben und hast kein Firmenfahrzeug und erst ab dem ersten Kunden läuft die Arbeitszeit.
Genau diese Möglichkeit hat der EuGH als rechtswidrig erkannt.
Das sollte im Arbeitsvertrag geregelt sein.