Erbe als ALG 2 Empfänger?
Guten Tag zusammen, ich habe von dem Tod meiner Mutter erfahren mit der ich lange nichts mehr zu tun habe! Ich beziehe ALG2 und habe erfahren das ich Erben könnte, vielleicht sogar muss aufgrund von ALG2, ich möchte allerdings auf das Erbe verzichten oder gar nichts damit zu tun haben damit der Rest der Familie mit der ich eigentlich nichts mehr zu tun habe, sich das Geld aufteilen kann. Ich habe einen Schritt gewagt der recht schwer war und meinen Onkel angerufen der über die Vollmacht der Konten meiner mutter verfügt! Bedeutet er kann auf das vorhandene Guthaben meinet Mutter verfügen! Muss ich irgendwas befürchten das mir das Jobcenter was vorwirft oder ich bestraft werde weil ich das erbe nicht annehme? Bin sehr verzweifelt!
11 Antworten
Zunächstmal müssen Sie beachten, das sie das Erbe automatisch annehmen, wenn sie nicht innerhalb von 6 Wochen ab Kenntnis des Erbfalls ausschlagen.
Ob sie als Harz 4 Empfänger ein positives oder unbekanntes Erbe ausschlagen dürfen ist rechtlich umstritten, sprich es gibt unterschiedliche Rechtsauffassungen. Soweit ich weis gibt es da auch noch kein Urteil des BSG. Insoweite gibt es da keine klare Antwort, sondern nur Meinungen.
Tatsächlich ist es ja so, das sie als Erbe ja auch für die Ihnen unbekannten Verbindlichkeiten einstehen müssen. Ob das Erbe positiv oder überschuldet ist wissen sie demzufolge nicht. Sie gehen daher in jeden Falle ein hohes Risiko ein.
Etwas anderes wäre z.B. der Pflichtteil, diesen müssen sie in Aller Regel geltend machen. Beim Pflichtteil ist es aber so, das es sich um einen reinen Geldanspruch ohne Risiko handelt.
Bedeutet er kann auf das vorhandene Guthaben meinet Mutter verfügen!
Das bedeutet, das er gegenüber das Bank über das Guthaben verfügen darf und z.B. Geld abheben darf.
Muss ich irgendwas befürchten das mir das Jobcenter was vorwirft
Ja. Als Hartzer verpflichtet dich § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I "Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen."
Hast du die Erbschaft nicht beim Jobcenter gemeldet, ist dies eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 EUR bestraft werden darf :-O
oder ich bestraft werde weil ich das erbe nicht annehme?
Ja: Wenn man eine Erbschaft ausschlägt, wo tatsächlich Geld geerbt wird, kann darin eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit gesehen werden, was dazu führt, dass kein Anspruch mehr auf die Hartz 4-Leistungen besteht.
unklar und strittig ist immer noch die Tatsache, wann der ALG 2-Empfänger dem JobCenter mitteilen soll/muss,
Nicht wirklich: Sobald man erfährt, dass man geerbt hat, muss man das unberzüglich dem Jobcenter mitteilen. Wieviel, kann man nachträglich angeben. Und gesetzl. Erbe fällt einem mit Tod des Erblassers an, bei der eigenen Mutter sollte man das am Tag Ihres Todes erfahren. Unverzüglich meint ohne schuldhaftes Zögern und da reden wir vom nächsten Arbeitstag des Amtes.
Danke für Deine Antwort! Damit lässt Du unmissverständlich durchblicken, dass ein Zögern nicht ratsam ist! Das habe ich wohl verstanden, jedoch konnte ich dazu in den jeweiligen Textabschnitten im SGB || nichts zutreffendes für mich herauslesen.
Einige wohlmeinende Ratgeber unter uns verweisen unter Bezugnahme auf den hier zugrunde liegenden Sachverhalt auf das SGB II, § 60, Abs. 1 u. 2;
Dort steht jedoch, dass die Auskunfts- bzw. Mitteilungspflicht auf „Dritte“ abzielt. Nicht auf den Leistungsbezieher selbst!
Diese Zuschreibung auf „Dritte“ wird oft übersehen bzw. missgedeutet!
Auf welche §§ beziehen sich Deine „Warnungen“ ?
Denn, so muss festgestellt werden, dass sich auch im Hinblick auf meine persönlichen Verhältnisse vorerst nichts geändert hat, da ich bisher durch keinen Zufluss (Zuflussprinzip) aus der Erbmasse begünstigt wurde! Insofern besteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch kein Mitteilungsbedarf für mich gegenüber dem JC.
Was könnte an meiner Sichtweise falsch und verfänglich sein?
Dort steht jedoch, dass die Auskunfts- bzw. Mitteilungspflicht auf „Dritte“ abzielt. Nicht auf den Leistungsbezieher selbst!
Nein. Dort steht wörtlich: "Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen."
Meint, du hast hast als Alg-II-Bezieher unverzüglich anzugeben, dass du mit Tod der Mutter als Erbe ihres Nachlasses berufen bist, denn dein Erbe wird auf deine Leistungen angerechnet und das Jobcenter zu bevollmächtigten, dass sie bei Dritten, etwa dem Nachlassgericht, Erbschaftssteuerfinanzamt, Nachlassverwalter oder der Erbengemeinschaft Auskunft darüber einholen darf.
Das mit den "Dritten" meint daher so etwas wie die Entbindung der Schweigepflicht deines Arztes.
Denn, so muss festgestellt werden, dass sich auch im Hinblick auf meine persönlichen Verhältnisse vorerst nichts geändert hat, da ich bisher durch keinen Zufluss (Zuflussprinzip) aus der Erbmasse begünstigt wurde!
Nein, das ist eine falsche Sichtweise. Hier eine genauere Betrachtung der Zuflusstheorie bei der Grundsicherung https://www.bundestag.de/resource/blob/563938/55d51b8c8e7fd3ef08b28dd6ed4cb3a2/WD-6-045-18-pdf-data.pdf
Im Ergebnis: N. h. M. der Gerichte, etwa Sozialgericht Karlsruhe (Urteil v. 26.01.2016, S 17 AS 4357/14), handelt es sich bei Erbschaften nicht um Einkommen, sondern Vermögen, und das fliesst dir kraft Rechtsnachfolge des Erben n. § 1922 BGB eben bereits am Tag des Erbfalls des Erblassers zu.
Hallo „imager761“,
... vorab ein Dankeschön für Deine ausführlichen Darlegungen und Belege auf meine Fragen bzw. zu meinen laienhaften Ansichten zur Sachlage.
Ganz besonders erkenntnisreich und erhellend waren für mich die Erläuterungen vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages.
Den Link dazu/dorthin hattest Du mir empfohlen.
Folgende Sichtweisen und Bewertungen sehe ich jetzt anders als zuvor:
(A) Am Tag des Ablebens meiner Eltern tritt für mich der Erbfall ein;
(B) Mit dem Erbfall fließt mir als Rechtsnachfolger ein Erbe zu, welches als Vermögen zu betrachten ist. Demnach muss ich dem JobCenter mitteilen, dass mir mit dem Tag des Ablebens meiner Eltern ein Vermögen „zugeflossen“ ist. Über Umfang, Wert u. Höhe des Vermögens kann ich dem JobCenter gegenüber vorerst keine Angaben machen.
(C) Meine bisherige Sichtweise ist demnach eine irrtümliche u. falsche, da ich bisher davon ausgegangen bin, dass der fiktive Geldbetrag, welcher mir am Tag X zufließen wird, als einmaliges Einkommen vom JobCenter angerechnet wird.
(D) Zitat: „Tritt also der Erbfall vor der Antragstellung ((ALG 2)) ein, handelt es sich bei dem Erbe um Vermögen und andernfalls um (einmaliges) Einkommen, das unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten aber als „bereites Mittel“ zur Verfügung stehen muss.“
Eine Schlussfolgerung in meiner Wahrnehmung: Dem JobCenter müsste ich demnach unverzüglich mitteilen, dass ich durch den rechtskräftig eingetretenen Erbfall damit begünstigt werden soll, dass ich in einigen Monaten über ein einmaliges Einkommen verfügen kann, welches mir am Tag X zufließen werden wird. So korrekt? Also nun doch kein Vermögen sondern (einmaliges) Einkommen?
Korrekt.
Wenn du ALG2-Empfänger bist und erbst, dann kann dieses Erbe nicht einfach ausgeschlagen werden. Das Jobcenter wird dir dieses Erbe anrechnen - bis auf einen Freibetrag natürlich -, auch wenn du es ausschlägst. Das ist ja auch ganz einfach nachzuvollziehen! Du kannst nicht Geld bzw. das Erbe ausschlagen und gleichzeitig soll das Amt dich weiter unterstützen.
Das ist falsch.
Wenn du meinst! Dann soll sich der Fragesteller eben an deinen Ratschlag halten. Was das Jobcenter dazu sagt, wird er bald genug erfahren.
Das Erbe kann nicht ausgeschlagen werden und einen Freibetrag gibt es bei Alg2 nicht
"In der Praxis bedeutet dies, dass Erben, die Arbeitslosengeld II beziehen, eine Erbschaft nur dann ohne weitere Konsequenzen ausschlagen können, wenn der Nachlasswert negativ ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man Schulden erbt oder die mit der Annahme des Erbes verbunden Kosten den Nachlasswert übersteigen." Quelle: Was passiert, wenn man als Hartz IV Empfänger erbt?
Wenn man das Geld (oder Haus oder so), das man erbt, einem anderen schenkt - so wie hier dem Onkel -, dann ist dieser verpflichtet, einem dieses Geschenk zurückzugeben, wenn man verarmt oder verarmt ist: BGB § 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers.
Fordert man dies verschenkte Geld nicht selbst zurück, macht es das Jobcenter nach SGB II § 33 Übergang von Ansprüchen. Es schreibt dann dem Onkel, und zahlt der nicht, schickt es den Gerichtsvollzieher.
Und wenn man sein Einkommen (also auch sein Erbe) gegenüber dem Jobcenter verschweigt, ist das
StGB § 263 Betrug(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Gruß aus Berlin, Gerd
Nö, da hast Du nichts zu befürchten.
Du kannst auf das Erbe verzichten, das nennt sich freier Wille.
Du gehst zur Rechtspflegerin des Nachlassgerichtes und erklärst den Verzicht.
Verzichten kann er schon, allerdings mit Folgen.
Das Gesetz spricht von grob fahrlässig, was erst einmal zu beweisen wäre, bei fehlenden Sozialkontakten zur Verstorbenen.
Der Erbe kann über Vermögen erst verfügen wenn er einen Erbschein erhält. Vorher geben auch die Banken keine Auskunft.
Über die Sanktionitis urteilt das BverfG http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hartz-iv-sozialverband-vdk-nennt-sanktionen-fuer-hartz-iv-empfaenger-grundgesetzwidrig-a-1247593.html
Nö, da hast Du nichts zu befürchten.
Welch dummes Geschreibsel von einem Junior Usermod :-(
Ein Blick in das Gesetz vermeidet Geschwätz und dient der Rechtsfindung: Wer ein werthaltiges Erbe ausschlägt, um damit vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für einen ungeschmälerten Bezug von Leistungen nach dem SGB II herbeizuführen, ist zum Ersatz der aus diesem Grund gezahlten Leistungen verpflichtet. Als Herbeiführung gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit aufrechterhalten oder nicht verringert wurde, § 34 I SGB II :-O
Hallo „imager761“,
... unklar und strittig ist immer noch die Tatsache, wann der ALG 2-Empfänger dem JobCenter mitteilen soll/muss, das er ein Erbe zu erwarten hat resp. erhalten wird. Bevor ein „ZUFLUSS“ tatsächlich zu verzeichnen ist oder erst nach erfolgtem und belegbarerem Zahlungseingang?
Frage: Ab welchem Zeitpunkt wird die nicht gemeldete Mitteilung an das JC als Ordnungswidrigkeit eingestuft und möglicherweise geahndet?