Darf die Zeitarbeitsfirma die Resturlaubstage nach Kündigung abziehen?
Hallo Zusammen,
ich arbeitete ca. 20 Monate bei einer Zeitarbeitsfirma. Nachdem mein Projekt beim Entleiher erfolgreich abgeschlossen ist, hat mich die ZAF zum Monatsende gekündigt. Das heißt ich war jetzt 4 Wochen projektlos. Ich hatte über 80 Üstd und 8,5 Tage Resturlaub. Ich habe leider keinen Arbeit-Rechsschutz, aber hatte mir sagen lassen, dass ZAF die Überstunden in der projektlosen Zeit abziehen kann. Was ist mit Resturlaubstagen? Denn diese hat ZAF auch abgezogen.
Bitte um Tipps und Gruß
3 Antworten
Einmal davon abgesehen, dass die Kündigung aus Anlass der einsatzlosen Zeit rechtswidrig war (aber dagegen kannst Du nichts mehr tun, wenn seit Zugang der Kündigung bereits 3 Wochen verstrichen sein sollten):
Die Zeitarbeitsfirma darf weder Deinen Resturlaub (Du hast übrigens Anspruch auf den gesamten - mindestens gesetzlichen - Jahresurlaub) noch Deine Überstunden auf die einsatzlose Zeit anrechnen!
Der Nichteinsatz ist Betriebsrisiko Deinen Arbeitgebers (Zeitarbeitsfirma), das sie nicht durch Verrechnung mit Urlaubsansprüchen und Ausgleichsansprüchen für Überstunden auf den Arbeitnehmer abwälzen darf. Hier ist das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko" anzuwenden:
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. [Anmerk.: Hervorhebung durch mich]
Dir steht also für die einsatzlose Zeit die mit dem Arbeitgeber vereinbarte Vergütung zu, und die Zeit den Nicht-Einsatzes darf nicht mit Deinen Ansprüchen (Urlaub, Überstundenausgleich, Entgelt) verrechnet werden.
In dieser Zeit hat mich die Firma aufgefordert die Überzahlungen nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses zurückzuzahlen.
Was für Überzahlungen denn? Worum geht es dabei?
Wenn es tatsächlich Überzahlungen gegeben hat - dabei hast Du doch Ansprüche gegen die Zeitarbeitsfirma! -, sollen sie Dir mitteilen, um was für eine "Überzahlung" es sich handelt (wodurch sie also entstanden sein soll) und wie sie sich konkret zusammensetzt.
Es ist nicht Deine Aufgabe, das aufgrund der Monatsabrechnungen nachzuvollziehen.
@Familiengerd
ich wurde darauf hingewiesen, dass den im Rahmen der Abschlussprüfung meiner Anstellung aufgefallen ist, dass ich eine Überzahlung erhalten habe. Sie haben sich dabei auf meine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag bezogen, welcher besagt: "im Falle einer Überzahlung der Arbeitnehmer die Überzahlung an den Arbeitgeber zurückzuzahlen hat." mehr nicht!
Ich werde sie nochmals um eine konkrete Abrechnung bitten. Mit Verdienstabrechnungen kann ich nichts anfangen.
Mit Verdienstabrechnungen kann ich nichts anfangen.
Eben!
Die müssen Dir erklären, inwiefern es zu einer Überzahlung gekommen ist, worauf sie sich bezieht (worum also es dabei überhaupt geht), wann sie erfolgt sein soll und in welcher Höhe.
Schau in Deinem Arbeitsvertrag nach, ob es da eine Vereinbarung zu Ausschlussfristen gibt, nach deren Verstreichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen sind (ansonsten gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren); das gilt auch für Deine Ansprüche.
Ist einer der beiden Tarifverträge für die Zeitarbeit (iGZ oder BAP/BZA) anzuwenden? Die enthalten nämlich Ausschlussfristen.
Danke für deinen Hinweis. Es gibt einzelvertragliche Ausschlussfrist. Sie beträgt drei Monate.
3 Monate hört sich jetzt - für die Forderungen beider Seiten - sehr knapp an seit Deiner Frage.
Um dazu jetzt noch etwas sagen zu können, müsste man das jeweils genaue Datum wissen, wann Forderungen fällig waren/erhoben wurden.
Wann hast Du die Aufforderung Deines Arbeitgebers erhalten? Wenn Du noch nicht reagiert hast: tu es erst einmal nicht. Denn jedes Eingehen auf die Forderung des Arbeitgebers könnte unter Umständen zu einer Hemmung der Ausschlussfrist führen.
Der AG hat auf mein Schreiben für eine detaillierte Rechnung nicht geantwortet. Ich habe die Lohnklage beim Arbeitsgericht eingereicht. Der Gerichttermin steht fest. Ein Tag später hat mir der AG einen Betrag überwiesen, was wesentlich weniger war als was in der Lohnklage berechnet wurde. Ein Tag später kam der Brief vom AG: 1- Die Überstunden und die Urlaubstage wurden ohne übertarifliche Zulage bezahlt (die Überstunden sind natürlich durch meinem Einsatz beim Entleiher entstanden. Im Vertrag steht das ich für die projektlose Zeit ohne übertarifliche Zulage bezahlt werde. ) 2 - Von dem 8,5 T - Restjahresurlaub wurden 5 Tage für November und Dezember abgezogen (jeweils 2,5 Tage anteilig). 3 - der AG hat die noch unbegründete Überzahlung von diesem Betrag abgezogen.
Nichteinsatz geht zu Lasten der Zeitarbeitsfirma, sie befindet sich im Annahmeverzug und es ist ihr unternehmerisches Risiko,
Man darf nicht an Dein Zeitkonto ohne Deine Zustimmung gehen.
Urlaubstage dürfen allerdings abgezogen werden.
aber hatte mir sagen lassen, dass ZAF die Überstunden in der projektlosen Zeit abziehen kann.
Also falls die 80 Stunden einfach abgezogen wurden, dann per Einwurfeinschreiben auffordern die bis zum 9. November zu zahlen´. Darauf hinweisen dass anschließend Lohnklage eingereicht wird.
Du gehst am 12. November zum Arbeitsgericht und lässt die Klage aufnehmen.
In erster Instanz geht das ohne Anwalt.
Urlaubstage dürfen allerdings abgezogen werden.
Wie kommst du denn darauf?!?
Das wäre allenfalls erlaubt, wenn der Arbeitnehmer mit der Kündigung unter Anrechnung des Urlaubsanspruchs freigestellt worden wäre; dann hätten aber selbstverständlich auch die Überstunden angerechnet werden dürfen.
Eine Freistellung wäre auch nur bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung oder bei Nachweis eines berechtigten Interesses des Arbeitgebers erlaubt.
Im Übrigen war die Kündigung anlässlich fehlenden Einsatzes rechtswidrig - aber das ist ja jetzt zu spät.
Das wäre allenfalls erlaubt, wenn der Arbeitnehmer mit der Kündigung unter Anrechnung des Urlaubsanspruchs freigestellt worden wäre; dann hätten aber selbstverständlich auch die Überstunden angerechnet werden dürfen.
Da hast Du recht.
Im Übrigen war die Kündigung anlässlich fehlenden Einsatzes rechtswidrig - aber das ist ja jetzt zu spät.
Woher weißt Du das, sind die drei Wochen seit Kündigungszugang rum? Ich habe kein Datum in der Frage gelesen.
hat mich die ZAF zum Monatsende gekündigt. Das heißt ich war jetzt 4 Wochen projektlos.
Okay, das war jetzt etwas voreilig eine "kurzgeschlossene" Annahme von mir aufgrund dieser Formulierung.
Da wäre eine Information des Fragestellers selbstverständlich sehr nützlich!
Danke für deine Nachricht,
gilt die Lohnklage obwohl die Kündigung durch ist?
Die Möglichkeit zur Klage auf Lohnzahlung ist unabhängig von einer Kündigungsschutzklage, für die die Frist inzwischen ja abgelaufen ist.
Aber auch bei einer Klage wegen ausstehender Ansprüche sind Fristen zu beachten.
Wenn ein Tarifvertrag anzuwenden ist (bei der Zeitarbeit kann das einer der beiden Tarifverträge iGZ oder BAP/BZA sein) oder aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung können Ausschlussfristen (einzelvertraglich mindestens 3 Monate, tarifvertraglich mindestens 1 Monat, meist 3 bis 6 Monate, teils zweistufig) einzuhalten sein, nach deren Verstreichen ab Fälligkeit der Forderung diese verfallen ist.
Ohne vereinbarte Ausschlussfristen gilt eine Verjährungsfrist von 3 Jahren nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 195 "Regelmäßige Verjährungsfrist", für Forderungen aus 2018 also bis zum 31.12.2021.
Für eine solche Klage beim Arbeitsgericht brauchst Du erst einmal keinen Anwalt - wenn Du Dir das selbst zutraust und du die Forderung möglichst genau der Höhe nach beziffern kannst. Einen Anwalt müsstest Du ohnehin (unabhängig vom Verfahrensausgang) selbst bezahlen.
Ergänzung:
Einen Anwalt müsstest Du ohnehin (unabhängig vom Verfahrensausgang) selbst bezahlen ...
..., wenn Du nicht passend rechtsschutzversichert oder kein Gewerkschaftsmitglied bist oder wegen zu hohen Haushaltseinkommens keinen Anspruch auf einen Beratungshilfeschein hast.
Eine solche Klage wird bei der Rechtsantragstelle des Gerichts eingereicht; Du kannst sie dort auch zur Niederschrift aufnehmen lassen, wobei man Dir kostenlos bei der Formulierung hilft.
Wann wurde Dir gekündigt bzw. wann hast Du sie erhalten?
Das kann man so vereinbaren, dass man freigestellt wird und damit die Ansprüche abgegolten sind.
Ob das rechtmäßig ist, kommt auf deinen Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag etc. an.
Nach deinem Text ist die Kündigung jetzt durch. Die Frage wäre zu Anfang der Freistellung sinnvoller gewesen.
Das kann man so vereinbaren, dass man freigestellt wird und damit die Ansprüche abgegolten sind.
In Zusammenhang mit einer Kündigung darf der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer nur dann freistellen, was das vertraglich so vereinbart wurde oder der Arbeitgeber einen berechtigenden Grund anführen kann.
Urlaubsansprüche (und Ausgleichsansprüche für Überstunden) darf der Arbeitgeber nur dann mit der Zeit der Freistellung verrechnen, wenn er das in der Freistellungserklärung ausdrücklich bestimmt hat!
Im Übrigen war die Kündigung aus Anlass des Nichteinsatzes rechtswidrig - was aber nichts hilft, wenn die Klagefrist verstrichen sein sollte.
Danke für deine Expertenantwort.
Ich habe meine Ex-Zeitarbeitsfirma um den Ausgleich meiner Urlaubstage sowie Überstanden gebeten. Außerdem habe ich darauf hingewiesen dass anschließend Lohnklage eingereicht wird. Daraufhin hat die Firma um Verlängerung der Frist gebeten weil sie momentan unterbesetzt sind.
In dieser Zeit hat mich die Firma aufgefordert die Überzahlungen nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses zurückzuzahlen. Der Betrag ist ziemlich hoch. Ich habe um die detaillierte Abrechnung gebeten wie diese Überzahlung zustande gekommen ist. Daraufhin habe ich von der Firma alle meine monatlichen Verdienstabrechnungen erhalten und wurde nochmals gebeten den Betrag zurückzuzahlen. Hast du für den Fall einen Tipp für mich?