Darf der Rettungsdienst eine (bewusstlose) Person wiederwillen der Angehörigen behandeln?
Dies ist ein sehr theoretische Frage:
Darf der Rettungsdienst/Notarzt eine Person welche nicht mehr ansprechbar ist behandeln, obwhl dies die Angehörigen (vor Ort!) Verweigern und keine Patientenverfügung vorhanden ist?
Gehen wir mal davon aus, dass der (bewusstlose) Verletzte einen schweren Verkehrsunfall hatte diesen aber bei sofortiger Notfallmedizinscher Behandlung/Notoperation überstehen würde. Jedoch verweigern die Angehörigen sämtliche/ oder spezielle Maßnahmen wie spritzen von Medikamenten oder ähnlichen aufgrund religiöser oder politischer Einstellung
Dürfen die Angehörigen das oder muss der Notarzt seine Behandlung durchführen?
Bitte die Antwort mit Gesetzen begründen bzw. ausführliche Antworten geben. Danke!
MfG THWTyp
16 Antworten
Deine Frage ist gar nicht so theoretisch. Bei einem Autounfall kommt es jetzt nicht so oft vor, dass die Angehörigen die Hilfe verbieten, aber bei Reanimationen ( vor allem von älteren, kranken Leuten) kommt es ständig vor, dass die Angehörigen das Rettungsdienstpersonal dazu auffordern, die Wiederbelebungsmaßnahmen zu unterlassen.
In diesem Fall liegt es daran, dass der Patient oft schwer krank, komplett bewegungsunfähig ist oder der nahende Tod allen klar war und der Patient dann friedlich im Kreise der Familie eingeschlafen ist usw. und es "einfach an der Zeit war zum Sterben" und auch alle (vor allem der Patient) damit seinen Frieden geschlossen hat.
Oft stehen die Angehörigen dann auch wedelnd mit einer eventuellen Patientenverfügung daneben. Nach Gesetz müssen dann aber auch hier alle Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt werden, bis die Echtheit der Patientenverfügung durch den Arzt festgestellt wurde und bis dahin wird so verfahren, als gebe es keine Patientenverfügung. Je nach Rettungsdienstpersonal wird hier z.T. nach Sinnhaftigkeit der Maßnahmen und Menschenverstand verfahren.
Falls die Angehörigen die Versorgung nicht zulassen, dann meldet das das Rettungsdienstpersonal der Leitstelle und diese schickt dann die Polizei.
Ist es jedoch ein Autounfall, dann MUSS der Notarzt/Rettungsdienst alles tun, um dem Patienten zu helfen, denn es muss immer das getan werden, was der Wille oder der mutmaßliche Wille des Patienten ist und nicht was der Wille der Angehörigen ist. Auch wenn die Angehörigen sagen, dass das der Wille des Patienten ist, ist es in der kurzen Zeit nich möglich das zu überprüfen. Und wenn es nur den geringsten Zweifel gibt, wird immer alles versucht, dem Patienten zu helfen. Bei einer möglichen Patientenverfügung wird auch hier erstmal alles unternommen und im Fall der Fälle die Maßnahmen normalerweise im Krankenhaus abgestellt.
Ja darf bzw. er muss sogar!
Dazu ist er verpflichtet (so wie jeder übrigens, erste Hilfe, in welcher Form auch immer, zu leisten)
Es geht um das Leben des Verletzten und nicht um die Meinung und die Ansicht der Angehörigen.
Es gibt keine Patientenverfügung oder eine schiftliche Regelung, wie im Notfall gehandelt werden soll - von SEITEN des Patienten SELBST!
Nur der Patient kann VORHER bestimmen, wie er behandelt werden möchte (z. B. Organ- oder Blutspende)
Ja, der Arzt entscheidet nach seinem Gewissen und nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten - und er darf davon ausgehen, daß der Patient leben will. Die Angehörigen haben da erst mal nix zu sagen. Die entscheiden nicht über Leben und Tod.
Prinzipiell ist es jedem möglich, jegliche medizinische Behandlung abzulehnen, auch wenn dadurch das eigene Leben in Gefahr gerät. Dies kann aus religiösen bzw. weltanschaulichen Gründen sein, vergleiche die Ablehnung jeglicher Übertragung von Blut und Blutbestandteilen durch die Zeugen Jehovas. Eine solche Ablehnung kann auch durch Angehörige dem behandelnden Arzt zur Kenntnis gebracht werden, wenn sich der Patient selbst nicht äußern kann. Beispiel: "Unser Vater hat nie gewollt, an eine Dialyse angeschlossen zu werden, daher lassen Sie das bitte."
Wichtig dabei ist, dass es sich um den Willen DES PATIENTEN handeln muss und nicht den der Angehörigen. Die Angehörigen sagen dem Behandelnden nur, was der Angehörige wohl wollen würde. Das ist natürlich ein wichtiger Unterschied. Um nachvollziehen zu können, ob die Angehörigen es ernst meinen und wirklich nur im Sinne ihres erkrankten Angehörigen sprechen, kann viel Zeit erfordern. Diese hat man im Notfall meist nicht. Bei einem akuten Fall, draußen auf der Straße, wird ein Notarzt daher ohne das Vorliegen einer vom Patienten selbst verfassten Verfügung nicht auf lebensrettende Masnahmen verzichten, da er nicht nachvollziehen kann, was denn nun der Wille des Patienten ist - und dann darf und muss er, das ist allgemein anerkannt, davon ausgehen, dass der Patient möchte, dass ihm geholfen wird. Insofern wird der Arzt in diesem von dir geschilderten Fall den Willen der Angehörigen ignorieren und behandeln.
Textstellen zu Gesetzen kann ich dir nicht bieten, die Grundlagen finden sich an vielen verschiedenen Stellen: Berufsordnung der Ärzte, Heilpraktiker-Gesetz, aber auch im Strafgesetz (unterlassene Hilfeleistung), etc. Wie so oft ist aber nicht nur der Wortlaut der Gesetze entscheidend, gerade in so einer schwierigen Grauzone, sondern die derzeit gültige juristische Auslegung. (Diese siehe oben)
Wenn von dem Verletzten nicht eine eindeutige Patientenverfügung vorliegt (am Unfallort eher unwahrscheinlich), werden die Angehörigen gar nicht weiter gefragt.
Die Notfallhelfer sind zur Hilfe VERPFLICHTET.