Kann man eine Anzeige zurücknehmen?

11 Antworten

Es kommt drauf an wie schwer er dich verletzt hat ,denn ab einer gewissen Verletzung wird die polizei automatisch tätig

Hallo mynameissophia,

das Gesetz sagt bezüglich Deiner Frage folgendes:


§ 223 StGB - Körperverletzung 

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 

(2) Der Versuch ist strafbar.


§ 230 StGB - Strafantrag 

(1) Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.


Das bedeutet, dass die Tat grundsätzlich nur verfolgt wird, wenn ein Strafantrag vorliegt, es sei den es liegt öffentliches Interesse an der Strafverfolgung vor. Meiner Erfahrung nach, wird dieses öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bei häuslicher Gewalt verneint, so dass die Tat ohne Strafantrag nicht weiter verfolgt wird.

Beachte dabei aber folgenden Paragraphen:




§ 77 d StGB - Zurücknahme des Antrags 

(1) Der Antrag kann zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann bis zum rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens erklärt werden. Ein zurückgenommener Antrag kann nicht nochmals gestellt werden.


Das bedeutet im Bezug auf Deine Frage, dass Du den gestellten Strafantrag jederzeit zurücknehmen kannst, aber dabei beachten solltest, Du ein einmal zurückgezogener Strafantrag kein zweites mal gestellt werden kann.

Du kannst den Strafantrag selbst dann zurücknehmen, wenn die Sache vor Gericht gelandet ist. In der Regel werden dann aber dem Antragsteller der den Strafantrag gestellt hat die Verfahrenskosten auferlegt.

Aber solange nur die Polizei ermittelt, kann der Strafantrag ohne Folgen für alle Beteiligten zurückgenommen werden.

Dann zu Deiner Frage:

Soll ich die aussage verweigern?

Die Aussage hast Du doch sicher schon längst (bei Stellung des Strafantrages) gemacht. Und die gemachte Aussage kannst Du nicht rückgängig machen.

Das einmal eingeleitete Strafverfahren kann auch nicht von der Polizei eingestellt werden, sondern erst durch die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft prüft nun ob:

  1. der erforderliche Strafantrag vorliegt oder
  2. öffentliches Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen ist

trifft beides nicht zu, wird die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen.

Wird das Verfahren aber zum Beispiel weil die Staatsanwaltschaft hier doch öffentliches Interesse an der Strafverfolgung sieht, nicht eingestellt, kannst Du die Aussage zwar vor der Polizei, aber nicht vor Gericht verweigern. Dazu sagt das Gesetz:


§ 48 StPO - Zeugenladung

(1) Zeugen sind verpflichtet, zu dem zu ihrer Vernehmung bestimmten Termin vor dem Richter zu erscheinen. Sie haben die Pflicht auszusagen, wenn keine im Gesetz zugelassene Ausnahme vorliegt.

(2) Die Ladung der Zeugen geschieht unter Hinweis auf verfahrensrechtliche Bestimmungen, die dem Interesse des Zeugen dienen, auf vorhandene Möglichkeiten der Zeugenbetreuung und auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens.


Die Aussage darf man nur dann Verweigern, wenn man sich mit der Aussage selber belasten würde oder wenn ein Zeugnisverweigerungsrecht vorliegt, sprich wenn Du mit dem Angeklagten, Verwand, Verschwägert, verheiratet oder verlobt bist.

Schöne Grüße
TheGrow

TheGrow  04.09.2015, 11:01

Nochmal ein Hinweis, wann öffentliches Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen ist.

Es gibt eine Verwaltungsvorschrift, die besagt:

 Nr. 234

Besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung (§ 230 Abs. 1 StGB)

(1)  Ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung von Körperverletzungen (§ 230 Abs. 1 Satz 1 StGB) wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn der Täter einschlägig vorbestraft ist, roh oder besonders leichtfertig oder aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründen gehandelt hat, durch die Tat eine erhebliche Verletzung verursacht wurde oder dem Opfer wegen seiner persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet werden kann, Strafantrag zu stellen, und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist. Nr. 235 Abs. 3 gilt entsprechend. Andererseits kann auch der Umstand beachtlich sein, dass der Verletzte auf Bestrafung keinen Wert legt.

Ob eine der von mir fett da gestellten Voraussetzungen in Deinem Fall vorliegt kannst nur Du wissen, aber aus Deiner Sachverhaltsschilderung fallen mir gleich zwei Voraussetzungen ein die Zutreffen könnten.

"wenn der Täter einschlägig vorbestraft ist"

Du hast geschrieben:

Im übrigen ist er vorbestraft.

Ob er wegen Körperverletzung einschlägig vorbestraft ist, kannst nur Du wissen.

"oder dem Opfer wegen seiner persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet werden kann, Strafantrag zu stellen"

Du hast geschrieben:

Ich habe eine anzeige gegen meinen freund gemacht

Also hier könnte man durchaus von der genannten persönlichen Beziehung sprechen

AgueroKuen011  12.01.2020, 01:51
@TheGrow

Aber da sie 16 ist können doch wenn nur die Eltern den Strafantrag zurückziehen

Deine Eltern haben deinen freund angezeigt und du warst damals einverstanden, wahrscheinlich durch den Schock und die Schmerzen. Ein Schläger, der zudem nicht Ersttäter ist, gehört bestraft, und zwar nachhaltig. ein Mensch, der andere misshandelt und auf Gewalt setzt, ist ein schlechter charakter und respektiert sein Gegenüber nicht im Mindesten. du denkst heute anders über die anzeige, Zeit ist vergangen, er hat sich entschuldigt, da sind Gefühle, du beurteilst den Vorfall inzwischen milder und hast dich weichkochen lassen. Du bist anscheinend noch immer mit dem Typen zusammen. du riskierst einen neuen Gewaltausbruch, und innerlich tief drin weißt du das auch. Und wenn ihr getrennt seid, wird er seine nächste Freundin genauso behandeln wie er dich misshandelt hat. Kannst du verantworten, dass er straffrei ausgeht? dass er denkt , es sei harmlos, mal kurz auszurasten und sich an einem anderen abzureagieren? Der hang zur Aggression steckt in ihm, er kann nicht anders als zuzuschlagen, er hat kein anderes Verhaltensmuster gelernt. wird er jetzt empfindlich bestraft, kann es sein, dass er nachdenkt und vielleicht eine kleine einsicht zeigt. du solltest an die anderen denken, die nach dir "dran" sein werden. du bist das opfer gewesen, jetzt schütze nicht den Täter. Er hat deine Nachsicht nicht verdient.

mynameissophia 
Beitragsersteller
 04.09.2015, 09:00

Ich habe die anzeige gemacht. Nicht meine eltern. Kann ich die anzeige aber zurückziehen oder die aussage verweigern?

furbo  04.09.2015, 10:10
@mynameissophia

Kann ich die anzeige aber zurückziehen

Nein

 oder die aussage verweigern?

Nein.


Und selbst, wenn  deine Elteren den Strafantrag zurücknehmen würden, könnte der StA das Verfahren auch ohne Strafantrag weiter betreiben,;er muss es nur vernünftig begründen, warum er das macht. Bei häuslicher Gewalt gegen Minderjährige würde mir ad hoc eine Begründung einfallen.

Du hast richtig gehandelt, gewaltige A*schlöcher, gehören bestraft. Sein nächstes Betthäschen prügelt er vllt Krankenhaus-reif, weil du ihn in Schutz genommen hast.

Deine Eltern können lediglich den Strafantrag zurück nehmen, die Anzeige läuft aber weiter und geht zur Staatsanwaltschaft. Da Gewalt gegen Frauen ein (zu Recht) brisantes Thema ist, wird die StA von amtswegen den Vorfall weiter verfolgen.