Anschnallen im Feuerwehrfahrzeug?

Manche Ziele beißen sich nun mal ...

Schnell am Einsatzort sein

Wenn die halbe Mannschaft erstmal einen Teil der Ausrüstung ablegen müsste, damit ein Anschnallen überhaupt möglich ist, kostet das Zeit. Sich erst am Einsatzort (fertig) aufrüsten ist ebenfalls keine Option, denn auch da würde wertvolle Zeit verloren gehen.

Anschnallen zum eigenen Schutz

Wenn es sich allerdings so verhält, dass Deine Ausrüstung es nicht zulässt, dass der Gurt wie vorgesehen verwendet werden kann und Dich bei einem Unfall sogar noch eher verletzen als schützen würde, dann ist das Anschnallen weder sinnvoll noch zumutbar.

Zwar muss man in der heutigen Zeit mit manch kleingeistigen Erbsenzählern mit allem rechnen (ein Bekannter hat vor ein paar Monaten ein Gasleck in einem Mehrfamilienhaus gestoppt und dadurch vermutlich eine mega Explosion verhindert. Als er erleichtert wieder aus dem Gebäude rauskam und alle möglichen Einsatzkräfte vor Ort waren, bekam er sein Ticket überreicht, weil sein Bulli im Parkverbot stand...), aber in den meisten Fällen wird wohl ein Auge zugedrückt und die Anschnallpflicht im Einsatzfall hinten an gestellt.

Das ist wirklich keine einfache Frage.

Grundsätzlich besteht in allen Fahrzeugen, die mit Sicherheitsgurten ausgestattet sind, auch eine Anschnallpflicht. Feuerwehrfahrzeuge sind hiervon grundsätzlich nicht ausgenommen.

Im Einsatz wiederum muss man unterscheiden. Hier stehen uns ja Sonderrechte zu, sofern diese zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe notwendig sind. Lässt die Situation also keine Sicherheitsgurte zu, sind wir von der Pflicht befreit.

Auf der anderen Seite aber gilt bei der Feuerwehr auch, dass der Eigenschutz vor geht. Und die Feuerwehr-Unfallkassen sagen hier ganz klar, dass auch während der Einsatzfahrt von jedem Mitfahrer der Sicherheitsgurt zu tragen ist.
Nicht zuletzt deshalb, weil während der Einsatzfahrt immer ein erhöhtes Unfallrisiko besteht (Lärm, Stress und Eile, höhere Geschwindigkeit, andere Verkehrsteilnehmer reagieren hilflos oder falsch, schlechte Witterung, "Halbschlaf" des Maschinisten bei nächtlichen Einsätzen usw.). Und es gibt zahlreiche Berichte, wie sich Sicherheitsgurte bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen bewährt haben.

In der Theorie sollte also IMMER der Sicherheitsgurt getragen und nur in Ausnahmefällen, wenn es wirklich nicht anders geht, gelöst werden.

In der Praxis sieht das dann aber etwas anders aus. Man hat tausend andere Dinge im Kopf. Die Fahrtstrecke ist meist relativ kurz. Im Feuerwehrfahrzeug fühlt man sich "sicher". Der ein oder andere schlüpft im Feuerwehrhaus nur kurz in Hose und Stiefel und rüstet sich dann erst auf dem Fahrzeug "richtig" aus. Ggfs. müssen unterwegs aufgrund weiterer Infos Einmalhandschuhe oder Atemschutzgeräte angelegt werden. Funkgeräte sind nicht immer optimal erreichbar verbaut usw. - alles Dinge, bei denen man dann gerne mal den Gurt weglässt. Jedenfalls solange, bis mal irgendwas passiert. Nicht gut - aber eben "typisch Mensch". Und nichts anderes sind Feuerwehrleute ja auch ;-)

Grundsätzlich ist man als Feuerwehr auf Einsatzfahrt nach §35 STVO von der STVO und somit auch der Anschnallpflicht nach §21a STVO befreit.

Als Angriffstrupp schnalle ich mich nie an, da ich meistens auf Anfahrt sowieso das Atemschutzgerät schultere, welches verriegelt in der Halterung hängt. Dazu kommt, dass ich rückwärts zur Fahrtrichtung fahre und gar kein Sicherheitsgurt habe.

Als Wassertrupp oder Schlauchtrupp kommt es drauf an. Dadurch, dass wir fast immer in Gruppenstärke auf den Großfahrzeugen rausfahren und alle die dicke Klamotte anhaben, kommt man kaum dazu, sich anzuschnallen. Es ist einfach kein Platz. Dazu kommt, dass man hinten auch kaum Platz hat, sich anzuschnallen, wenn nebenbei die Atemschutzüberwachung vorbereitet wird, der Wassertrupp dem Angriffstrupp beim Ausrüsten unterstützt, im IPad oder im Buch die Hydrantenkarte rausgesucht wird oder parallel die Funkgeräte verteilt werden. Zudem die Einsatzfahrt meist nur wenige Minuten dauert.

Bei Überörtlicher Hilfe, wo man entsprechende Zeit hat, schnallt man sich natürlich auch an. Aber bei der kurzen Einsatzfahrt ist das bei uns eher die Seltenheit. Wenn der Maschinist das Fahrzeug auch gewissenhaft lenkt...und eben nicht mit 100 durch den Ort heizt...ist das auch alles mit den Füßen stemmbar.

Auf kurzen Strecken klickt auch in der vorderen Reihe eher seltener der Sicherheitsgurt, wobei der Maschinist sich in den meisten Fällen doch anschnallt. Beim Einheitsführer kommt es immer darauf an, ob er mit seiner Weste klarkommt und wie oft er sich zu seiner Mannschaft umdrehen muss, z.B. zum Reichen der WBK, der Sprachtüten oder zum präzisieren des Einsatzauftrages.

Es ist immer eine Frage der Verhältnismäßigkeit zwischen Fahrweise des Maschinisten, Einsatzstichwort, Sitzplatz und Länge der Fahrt.

Nach § 35 StVO kann man von den Vorschriften der StVO (also auch der Anschnallpflicht) ausgenommen sein, wenn „das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist“.

Dies sollte meiner Meinung nach der Fall sein, wenn die Nutzung unabdingbarer Ausrüstung ansonsten nicht möglich wäre.

Wenn keine Alarmfahrt ist dann schnall ich mich an... und wenn Alarmfahrt ist muss man sich halt überlegen was sache ist.

Wenn man sich mit PA ausrüstet oder anderen dabei hilft dann natürlich nicht. Wenn man zu einem Baum über Straße fährt dann schon.

Leider ist oftmals noch das denken drin "brauch man hier nicht" und die wenigen die sich Anschnallen werden blöd angeschaut und bekommen noch ein Spruch ab^^