Wie kommt eine grosse Abweichung zwischen Nettoinventarwert (NAV) und Aktuellem Kurs zustande?

2 Antworten

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Also: nun mal konkret für den DWS Deutschland (DE0008490962) und den 08.02.2013:

  • NAV der KAG: 127,47 EUR

  • Direkthandel der ING-Diba: 127,59−128,86 EUR (um ca. 20:00 Uhr), Spread ca. 1,00%

  • Frankfurt: 127,71−128,70 EUR (um ca. 20:00 Uhr), Spread ca. 0,78%

  • Stuttgart: 128,09−128,32 (um ca. 20:00 Uhr), Spread ca. 0,18%

  • Hamburg: 127,85−128,36 EUR (um ca. 17:30 Uhr Schluß), Spread ca. 0,40%

Da siehst Du schon mal, daß Unterschiede durch Spreads zustande kommen. Die Bids für den Fonds unterscheiden sich vom publizierten NAV nicht mehr so viel, aber man sieht schon, daß 0,24 EUR mehr bietet als der Fondsanteil per NAV kosten würde.

Schaust Du nun den DAX an, so stellst Du eine Erholung um ca. 40 Punkte zwischen 13 Uhr und 20:00 Uhr fest. Das wird in den fortlaufend gestellten Kursen des Börsenhandels berücksichtigt und wird auch in den NAV für den Montag (11.02.) indirekt einfließen.

Bei manchen Fonds ist daher ein Market Timing mit reduziertem Risiko möglich. Fällt beispielsweise der Stoxx Europe 600 bei einem Fonds europäischer Aktien mit Orderschlußzeit 12:00 Uhr am Vormittag, so kann man die Anteile ggf. günstig kaufen, wenn man am Morgen noch eine Order aufgibt. Es kann jedoch auch eine massive Erholung zwischenzeitlich stattfinden, so daß der Fondsanteilspreis dann deutlich steigt.

Aber auch Achtung: kauft man in einem fallenden Markt Fondsanteile, dann kann es sein, daß zwischen Bewertungszeitpunkt und Tagesende die Kurse deutlich nachgeben und man daher die Fondsanteile teurer kauft als einem das lieb ist. Das ist der Vorteil der Börse, die immer Spotpreise liefert.

Der NAV wird zu einem bestimmten Stichzeitpunkt am Tag bestimmt, z.B. um 10:00 Uhr, um 12:00 Uhr, um 13:00 Uhr oder um 16:00 Uhr. Manche Fonds bestimmen den NAV auch nach den jeweiligen Schlußkursen an den Heimatbörsen der enthaltenen Papiere. Genauere Informationen zur Bestimmung des NAV findest Du im ausführlichen Verkaufsprospekt des jeweiligen Fonds. Um welchen Fonds geht es denn?

Die Kurse an Börsen sind Spotkurse, die als Indikationen gestellt werden bzw. bei manchen Fonds (z.B. offenen Immobilienfonds) auch per Angebot/Nachfrage bestimmt werden. Damit kann der Börsenkurs deutlich vom NAV abweichen.

Bedenke auch, daß wenn beispielsweise ein Kurs für Fonds von Allianz Global Investors um 13:00 Uhr bestimmt wird, die US-Börsen noch nicht geöffnet sind. Laufen diese sehr gut, kann die Indikation des Fondspreises dann nochmals deutlich steigen.

Der publizierte NAV (meist identisch mit dem Rücknahmepreis) gilt ja auch nur für Orders, die bis zu einem bestimmten Cutoff-Termin am gleichen Tag (t+0) oder am Vortag (t+1, Forward Pricing) aufgegeben wurden. Damit ist der Börsenkurs lediglich eine Indikation für den NAV des nächsten Tages.

Es gibt dadurch auch Arbitrage-Möglichkeiten. Schaust Du Dir beispielsweise den hausinvest an (DE0009807016), so wurde der im Direkthandel vor einigen Tagen für 40,63 verkauft (seit Anfang 2013 werden Kurse nach Angebot und Nachfrage, nicht per Fondsindikation gestellt), obwohl der NAV bei 41,17 EUR lag. Da habe ich meine Position natürlich etwas aufgestockt, denn schon bei einem Transaktionsvolumen von ca. 900 EUR hätte man einen kleinen Gewinn per Arbitrage. Ausschüttungen dieses Fonds sind steuerlich sogar begünstigt.

Es gibt also viele Gründe. Nenne uns den Fonds, dann kann man Genaueres sagen.


preludator 
Beitragsersteller
 10.02.2013, 12:16

Danke für die umfrangreiche Erklärung. Es geht um Fonds wie den DWS Deutschland.