Wie steht ihr zu 'containern'?
Ich persönlich sehe es kritisch. Natürlich ist es traurig, dass so viel gutes Essen weggeworfen wird. Allerdings sehe ich beim 'containern' eine große Problematik: Man sieht es dem Essen nicht immer an, warum es weggeworfen wurde. Wurde das Produkt nur weggeworfen, weil die Haltbarkeit abgelaufen ist? Oder aber haben sich vielleicht Verunreinigungen oder Keime im Essen befunden? Man sieht es einem Produkt nicht an, ob es eventuell Margen-Darm-Viren enthält.
Und so habe ich das Befürchten, dass Leute, die 'containern' eben auch zurückgerufene Produkte zu sich nehmen, die Keime enthalten. Stichwort 'Gammelfleisch' . Und daher kann ich jeden Ladenbesitzer verstehen, der nicht möchte, dass sich andere Leute von seinem Müll ernähren. Schließlich sind Mülleimer auch nicht wirklich hygienisch. Wenn man 'containern' also offiziell erlauben würde, dann hätte ja auch der Ladenbesitzer Verantwortung, dass niemand durch seinen Müll krank wird. Von daher wäre es komplett schwachsinnig, 'containern' zu erlauben.
Aber wie ist eure Meinung zu diesem Thema?
20 Antworten
Bei der Diskussion um das Containern muß man zwischen (persönlicher, kultureller oder gesellschaftlicher) Moralvorstellung und der rechtlichen Problematik des Containerns unterscheiden.
In diesem unserem Lande wird leider oft in den höchsten Kategorien moralisierend geurteilt, was gleichzeitig zur Folge hat, daß Menschen (oder in diesem Fall auch Unternehmen) stigmatisiert werden, wenn sie den eigenen Moralvorstellungen nicht entsprechen.
Ob man Lebensmittel, die man eigentlich noch essen könnte, wegwerfen sollte, ist eine moralische Frage. Einige Sprechen sogar, m. E. etwas überzogen, von sozialschädlichem Verhalten. Ich möchte hier jetzt nicht weiter darauf eingehen, aber es kann festgestellt werden, daß es einen recht großen kulturellen und gesellschaftlichen Konsenz gibt, der das Wegwerfen von eßbaren Lebensmitteln als nicht erwünscht ansieht; dennoch bleibt das zunächst die Entscheidung eines Individuums, wie es sich verhalten möchte - man kann aber durchaus versuchen, mit sachlichen Argumenten das Verhalten des einzelnen zu ändern; wenn derjenige aber nicht einsichtig ist, dann muß man das hinnehmen oder durch das Strafrecht unterbinden, was dann zur Folge hätte, daß wir ein Gesinnungsstrafrecht mit all seinen negativen Erscheinungen forcieren würden.
Rechtlich gesehen kann es sich um Diebstahl handeln; die Frage, die sich hier stellt ist: wann gibt jemand das Eigentum an einer Sache auf (Sache wird herrenlos) - das ist nicht immer leicht zu beantworten. Neben dem Diebstahl kommen oft auch noch Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch hinzu.
Diese Straftaten sind unabhängig vom Wert oder den Sachen selbst zu beurteilen. Das Strafrecht sieht hier ggf. Strafmilderungen oder Einstellung des Verfahrens bei geringwertigen Sachen vor.
Es dürfte allgemein anerkannt sein, daß Diebstahl strafbar bleiben sollte - das macht durchaus Sinn. Nun stellt sich die Frage, ob z. B. der Gesetzgeber gewisse Sachen aus dem Tatbestand des Diebstahls herausnehmen kann und wenn ja, unter welchen Bedingungen.
Einige immer wieder angebrachten moralischen Argumente, warum Containern nicht bestraft werden sollte, sind inkonsequent - dann müsste man auch einen Banküberfall straffrei stellen, wenn der Bankräuber das Geld an arme Menschen verteilen würde (á la Robin Hood) oder für den Klimaschutz einsetzen würde; auch dürfte man Geld beim ArbG unterschlagen, wenn man damit eine lebensrettende Operation seines Kindes bezahlen würde.
Hier ständen zwar ggf. hehre Absichten dahinter, aber dennoch würde man, wohl auch nach der Meinung der meisten Bürger, zurecht bestraft - allerdings würden die Motive bei der Strafzumessung durchaus berücksichtigt.
In meinen angeführten Beispielen handelt sich aber um klar zuordenbare Eigentumsverhältnisse, wo auch die meisten Moralapostel zustimmen würden, daß man das bestrafen sollte - während es beim Containern um die Kernfrage geht:
Wem gehört etwas, wenn es weggeworfen wird? Gibt man sein Eigentum auf, wenn man etwas in einen Müllbehälter wirft? Gibt man das Eigentum auch schon auf, wenn man den Müllbehälter noch auf seinem Grundstück stehen hat?
Das kann in einigen Fällen rechtlich geklärt werden, aber nicht immer; daher gibt es das sogenannte Besitzkonstitut - man bestimmt, wann das Eigentum übergeht oder es aufgegeben wird (z. B. kann eine städtische Verordnung vorsehen, daß etwas, was in einen städtischen Mülleimer geworfen wird, Eigentum der Stadt wird, sobald die Mülltonne nicht mehr auf dem eigenen Grundstück steht - oder man regelt vertraglich, wann das Eigentum übergeht - Beispiel: Ware bleibt bis zur vollständigen Zahlung Eigentum des Händlers).
Hier hätte der Gesetzgeber nun eine gewisse Möglichkeit, eine konkrete Eigentumsregelung für weggeworfene Lebensmittel zu konstruieren - wo kein Eigentum --> da kein Diebstahl.
Das BVerfG wird sich allerdings mit dieser Frage nicht beschäftigen; hier wird es darum gehen, ob die Strafe selbst angemessen ist und ob eine Strafe überhaupt vertretbar ist - das ist eine heikle Angelegenheit, die in ihrer Konsequenz auch andere Straftaten dann in einem anderen Licht erscheinen lassen würden.
Man könnte aber die Strafbarkeit in Fällen von Containern weiterhin aufrecht erhalten, aber, bei Vorliegen gewisser Tatbestandsmerkmale, von einer Strafverfolgung absehen; man kennt das z. B. bei einer Abtreibung - die Abtreibung selbst bleibt eine Straftat, wird aber nicht verfolgt, wenn sie, nach einer Beratung, in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft vorgenommen wird.
Solche Lösungen sind rechtlich elegant, weil sie auf der einen Seite deutlich machen, daß gewisse Handlungen zwar als Straftat angesehen werden, aber aus gesellschaftlichen, moralischen oder kulturellen Gründen bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen, nicht verfolgt werden.
Der Gesetzgeber hat zudem auch die Möglichkeit Unternehmen zu verpflichten, noch genießbare Lebensmittel an mildtätige Organisationen zu spenden und den Betriebsausgaben- und Vorsteuerrabzug beim Einkauf ohne Korrektur aufrecht zu erhalten - man bekäme ggf. zusätzlich noch eine steuerlich absetzbare Zuwendungsbestätigung.
Fazit
Die Verfassungsklage ist, abgesehen von dem Einzellfall, durchaus zu begrüßen, weil hier ggf. das BVerfG, sollte es eine große gesellschaftliche Relevanz des Wegwerfens von genießbaren Lebensmitteln feststellen, ggf. dem Gesetzgeber aufgeben könnte, für das Containern (der Begriff hier im weitesten Sinne zu verestehen), klare (veränderte) Eigentumsregelungen zu schaffen oder die Strafverfolgung nur noch in gewissen Fällen möglich zu machen bzw. die Unternehmen zu verpflichten, die Lebensmittel an mildtätige Organisationen abzugeben.
In Einzelfällen kann aber auch eine Strafe nach jetziger Rechtsprechung unangemessen sein - wenn aber Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch hinzukommt, dann bleibt ggf. der Diebstahl wegen Geringfügigkeit ungeahndet aber dann liegen ja noch die anderen Straftaten vor.
Es könnte auch vorkommen, dass solche "Bio"-Abfälle mit Glas-Splittern einer zerstörten Verpackung verunreinigt wären, wurde schon gesehen...
ich finde es OK
macht man eben auf eigene Gefahr
Nicht gut
es ist Diebstahl, evt. Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch
abfallunternehmen verlieren Geld
Abfall wird auch zur Energieerzeugung genutzt
hohes Risiko Infizierte oder verdorbene Lebensmittel zu konsumieren
etc
sollte weiterhin verboten sein
und widerlich
Ich finde es völlig in Ordnung