Widerrufsrecht / Rücktritt bei privater Sonderanfertigung?
Für alle Rechtsexperten hier mal ein Fall aus dem (Gott sei Dank nicht meinem) Leben:
Person P verkauft Perücken, welche sie ordert und nach Vorgabe der Kunden stylt (nach Vorlage von Seriencharakteren zB), dummerweise ohne AGBs. Alle Verträge werden entweder mündlich oder per Fernmedien (Email/ Whatsapp) geschlossen.
Kundin K sucht sich ein Design aus. Person P und Kundin K besprechen das Design, die Wünsche, den Kaufpreis und das Lieferdatum.
- P bestellt bei einem bekannten Händler eine Perücke, welche heller als Kundenvorgabe ist. P informiert K darüber, welche nicht reagiert.
- P stylt die Perücke und nach Kaufpreiserhalt sendet sie diese an K. K ist zufrieden mit dem Styling, nicht aber mit der Farbe. Sie sendet sie zurück an P, welche versucht die Perücke zu färben.
- P färbt die Perücke, welche dabei jedoch zu dunkel und fleckig wird. K wird darüber informiert und P bietet an, eine neue Perücke zu erwerben und zu stylen. K lehnt dies ab.
- P bietet daraufhin an, zu versuchen, die Perücke zu retten und heller zu bekommen. K stimmt dem zu. P arbeitet daran und versendet einige Fotos, mit denen K einverstanden ist. Die Perücke wird wieder an K übersendet.
- Nach Erhalt informiert K die P, dass die Perücke für sie nicht zu gebrauchen sei und sie diese Entsorgen müsse. Sie verlangt den gesamten Kaufpreis zurück.
- P bietet der K an, ihr die Aufwendungen für die Perücke abzüglich Materialkosten zu erstatten, da sie ansonsten schwere Einbußen hat. K findet dies 'unerhört' und droht mit anwaltlicher Klage. Sie meint sie habe sowohl ein generelles Widerrufsrecht beim Kauf als auch ein Rücktrittsrecht, zumal P ja keine AGBs habe und dieses auch nicht ausgeschlossen hat.
Nun folgende, für den Laien schwer nachvollziehbare Fragen:
- Besteht bei einer solchen Sonderanfertigung überhaupt ein Widerrufsrecht oder ist dieses gesetzlich nicht ausgeschlossen? Immerhin kann die Perücke gar nicht / nur mit schweren finanziellen Einbußen weiterverkauft werden.
- Wie verhält es sich bei einem Sachmangel in diesem Fall? P. hat ja eine Neulieferung und Nacherfüllung angeboten. Hätte sie dies bei einer Sonderanfertigung überhaupt leisten müssen, oder handelt es sich bereits um Kulanz?
- Muss P der K den vollen Kaufpreis zurückerstatten oder ist ein Abzug in diesem Fall gerechtfertigt?
3 Antworten
Bei Waren die nach Kundenwünschen individuell gefertigt werden und daher für den allgemeien Verkauf schwer bis gar nicht zu gebrauchen sind besteht kein Widerrufsrecht!
Sachmängelhaftung aka Gewährleistung besteht aber dennoch (die werden auch nicht über AGB geregelt).
Zweimal darf der Händler versuchen nachzubessern, danach kann der Kunde Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und seine gesamten Kosten erstattet verlangen.
Ob dass den Verkäufer in finanzielle Schwierigkeiten bringt, ist dabei nicht relevant.
So wie ich den Text verstehe könnte man aber ggf. argumentieren, dass der Kunde mit dem zweiten Nachbesserungsversuch einverstanden war.
Also verstehe ich es richtig, dass ein Widerruf erst mal ausgeschlossen ist?
Definitiv. Es ging nicht um eine Perücke von der Stange.
Das finde ich etwas schwierig zu bewerten.
Ich auch denn auf Fotos lässt sich viel kaschieren. Dinge sehen mitunter anders aus als im wahren Leben.
Daher sollte der Mensch sich an einen Anwalt wenden und Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Wenn es keinen gewerblichen Rechtsschutz gibt, würde ich mal überlegen ob das Gewerbe so sinnvoll ist.
Eine speziell für einen bestimmten Kunden bearbeitete Ware, kann natürlich nicht mehr umgetauscht werden.
Das schließt ja eine Mängelrüge für falsch gelieferte Ware nicht aus.
Es handlt sich hier um eine individuell Anfertigung nach Kundenwunsch; hier gibt es auch bei Fernabsatz kein Recht auf Widerruf. Anders sieht es hinsichtlich der Sachmangelfrage aus; die besteht immer. Und ein Sachmangel dürfte hier eindeutig vborliegen, der sich auch nach zweifacher Nachbesserung nicht völlig beheben ließ. Der Kunde hat hier m.E. sehr wohl das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Ob das den Verkäufer in finanzielle Schwierigkeiten bringt, ist diesbezüglich irrelevant. Dann hätte er von vorneherein anders kalkulieren respektive vertraglich sich absichern müssen.
Also verstehe ich es richtig, dass ein Widerruf erst mal ausgeschlossen ist?
Ja, meine Frage in diesem Fall wäre auch, ob die von K anerkannten Fotos bereits als Annahme der Nachbesserung gelten. Das finde ich etwas schwierig zu bewerten.