Verdienst/Gewinn/Gehalt oder Einnahmen/Ausgaben einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in (KJP) mit eigener Praxis?
Wäre super, wenn hier ein/e niedergelassene/r KJP antworten könnte.
Seid mir bitte nicht böse. Ich verlange ja keine auf die Kommastelle genaue Antwort. Es muss doch aber möglich sein, eine halbwegs belastbare Abschätzung (+/-10%) zu machen.
Lasst mich meine Frage mit einem Fallbeispiel veranschaulichen:
Sabine ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und beginnt am 1.1.17 in ihrer eigenen KJP-Praxis zu therapieren. Sie hat keine Angestellten.
Pro Therapieeinheit zahlt die Kasse 85€. Wir gehen davon aus, dass Sie genug Patienten haben wird und 2017 einen Honorarumsatz von 120.000€ erwirtschaftet..
(Ihr Ehemann verdient ca. 80.000€ brutto und hat Steuerklasse 3. Vielleicht interessant für ihre Besteuerung)
Nicht berücksichtigt werden sollen Rückzahlung der Ausbildungskredite oder Kosten für die Kassenzulassung.
Bekannte Kosten sind nur Miete i.H.v. 600€ pro Monat.
Nun ist mir natürlich klar, dass Ausgaben wie Renten- und Krankenversicherung stark variieren können. Dennoch würde ich gerne wissen, wohin die Reise geht.
**Frage 1: Welche monatlichen Ausgaben kommen noch auf Sabine zu?
Frage 2: Wie schaut in Ihrem Fall die Versteuerung aus?
Frage 3: Welche monatlichen Nettoeinnahmen (in die Tasche) kann Sabine mit diesen Zahlen erwarten oder maximal rausholen?**
5 Antworten
Schau doch mal auf der Seite des Statistischen Bundesamtes nach (www.destatis.de).
Dort gibt es Erhebungen zur Kostenstruktur in Arztpraxen. Unter anderem sind dort auch Psychotherapeuten erfasst.
Vielleicht hilft die das ein wenig weiter.
zu Frage 1: zusätzlich zur Krankenversicherung (Rentenversicherung sollte über das Versorgungswerk der Kammer laufen) kommen Kammerbeitrag, Berufshaftpflichtversicherung, Steuerberatungskosten, Telefonkosten, Fortbildungskosten... - nicht abschließend
zu Frage 2: Wie bei jedem anderen Einkommensteuerpflichtigen auch.
zu Frage 3: Bei einem Gewinn vor Steuern von geschätzten 100.000,00 EUR bleiben nach Steuern ca. 65.000,00 EUR übrig - grob geschätzt.
PS: Diese Fragen kann Dir ein StB sehr viel besser (kostenpflichtig) beantworten.
Das ist zwar schon länger her, aber dennoch ein paar Klarstellungen:
1. Ein KJP bekommt keine 85 EUR / Stunde. Er erhält nach Abzug der Gebühren von der Kassenärztlichen Vereinigung ca. 85 EUR pro durchgeführter genehmigungspflichtiger Therapiestunde. Dies enthält bereits die zeitlichen und persönlichen Aufwendungen für die Dokumention, die Vor- und Nachbereitung, das Nachlesen, Kopieren usw. sowie fallbezogene Telefonate, Arztbriefe usw. wie auch Supervision (die schlägt z.B. mit rund 90-120 EUR / 45 Minuten zu buche). Damit ergibt sich ein realer Zeitaufwand für eine genehmigungspflichtige Sitzung von etwa 90-100 Minuten.
2. Zu genehmigungspflichtigen Stunden muss man erstmal kommen, nämlich durch unentgeltliche Telefonzeiten, schlecht bezahlte probatorische Stunden und das Schreiben von Berichten an den Gutachter; hier entsteht ein Arbeitsvolumen von 120-150 Minuten pro probatorischer Stunde (inkl. biografischer Anamnese), zzgl. des Berichts an den Gutachter (je nach Verfahren im Schnitt 4-20 Zeitstunden für rund 50 EUR Gesamtvergütung).
3. Die Kassenärztliche Vereinigung geht (zu recht) von 30 Tagen Erholungsurlaub und 10 Tagen für Weiterbildung aus. Hinzu kommen Ausfallzeiten durch eigene Erkrankung sowie Ausfall von ca. 20% der geplanten Stunden durch krankheitsbedingte und sonst. Terminabsagen, Urlaub der Patienten, Nichterscheinen usw.
Daher liegt man 4. bei einer im Durchschnitt angestrebten Arbeitswoche von 42 Zeitstunden bei geplanten 26 Terminen pro Woche, von denen ca. 21 stattfinden und von denen dann vielleicht 75% genehmigunspflichtig sind. Damit kommt man bei 42 Wochen (52 - 6 Urlaub - 2 Weiterbildung - 2 eigene Erkrankung) auf knapp 70.000 EUR Jahreseinnahmen.
5. Abgezogen werden alle Betriebskosten (Miete, Nebenkosten, Abschreibung der Möbel, der Bodenbeläge, Streicharbeiten, kleinere Instandhaltung (Toilette usw.), Reinigungskosten, EDV, Kopierer, Telefonanlage usw., Gebühren und Updatekosten der Praxisverwaltung, ggf. KV-Safe-Net, Kartenlesegerät, Telefonkosten, Internet usw,), betriebesbedingte Versicherungen (Berufshaftpflicht, berufl. Rechtsschutz, Praxisversicherung, Praxisausfallversicherung), Kranken- und Pflegeversicherung, Krankengeld- und Krankentagegeldversicherung, Kammerbeiträge, Beiträge zu Berufsverbänden, Beiträge zum Versorgungswerk (Basisrente) und private Altersvorsorge, Kosten für Abos, Fachliteratur, Supervision und Weiterbildung, inkl. Fahrt- und Übernachtungskosten,Tilgung der Ausbildungskosten und des Kredits für den Kauf einer Kassenzulassung und natürlich die Steuern.
Hier gibt es zu viele Stellschrauben, als dass sich allgemeine Aussagen tätigen ließen. Es ist ABSOLUT UNABDINGBAR zu einem auf Ärzte und Psychotherapeuten spezialisierten Steuerberater zu gehen, um eine persönliche Analyse (z.B. VOR dem Kauf einer Zulassung in einer Region) durchführen zu lassen; das ist gut investiertes Geld und sorgt für realistische Erwartungen (in der Regel sowohl bezügl. des Nettoeinkommens als auch der notwendigen realen Wochenarbeitszeit).
Sorry, das wird hart
Bei einemstundensatz von 85€ und einem avisierten Umsatz Volumen i.h.v 120.000€ und vier wochenarbeitsfreier Zeit (Urlaub) müsste in den arbeits-aktiven Monaten ein stundenlevel von grob 130 therapiesitzungen absolviert werden.
Ich weiß nicht, in welchem Umfang so eine Therapie Stunde vor- und nachbereitet werden muss, wieviel Zeit in Kommunikation mit Ärzten, Krankenkassen etc aufgewendet werden muss, aber ich halte es für illusorisch.
Zum einen sagen regelmäßig Patientenkurzfristig ab (oder erscheinen gar nicht ) und zum anderen ist alles sehr zeitaufwändig!
Aber gehen wir davon aus, das du die 120 k erwirtschaftest:
Die 7200€ Miete p.a. sind überschaubar, Telefon und betriebshaftpflicht kann ich nicht beurteilen, bei Hebammen z.b. ist gerade letztere unbezahlbar geworden, Therapeuten haben ja afaik auch ein gewisses Risiko bei ihrer patientenverantwortung...
Ich weiß von den Zahnärzten, das die in ihre standesversicherung einen gewissen monatlichen Obolus als Altersversorgung einzahlen MÜSSEN, das sind bei denen ca 1000€ im Monat!
Krankenversicherung (gesetzlich freiwillig) richtet sich nach dem Einkommen, privatbe benso, rechne mal mit grob geschätzt 600-800€ im Monat.
Die Besteuerung ist wie bei allen Freiberuflern eine einnahmen -Ausgaben = zu versteuernder Betrag Sache... Was du an zusätzlicher Altersvorsorge und Rücklagen für eventuelle Verdienstausfälle zur Seite legst, musst du natürlich entscheiden.
Der größte Vorteil bei deiner Praxis Einrichtung ist natürlich die nicht besonders kostenintensive Einrichtung (keine teuren Geräte wie Röntgen o.ä), kein benötigtes Personal (AB reicht)
Was dir letztlich unterm Strich übrig bleibt, muss man ins Verhältnis setzen, dein Handy, Auto, und vieles weitere wird natürlich Alles über die Praxis abgewickelt, und nicht von deinem netto Gehalt bezahlt... Aber ich würde schätzen, das dir von 120k Jahresertrag nach Abzug aller Unkosten (!) und Steuern in Steuerklasse 5 (wenn dein Mann 3 behält) 3-3500€ netto bleiben
Klingt nicht viel? Wie gesagt, da ist dann vieles schon von der Praxis bezahlt das netto sonst noch bezahlt werden müsste...
Ihr könntet auch die Steuerklassen in 3/5 oder 4/4 wechseln, lass das doch mal deinen Steuerberater durchrechnen... DER kann dir das genau sagen
Du wirst mit Deiner Aufstellung hier wohl nur unbrauchbare Hausnummern als Antwort bekommen können, denn schon deine Annahmen bezüglich Einnahmen und Ausgaben sind lediglich Hausnummern.
Ich habe nur ein Problem damit, dass im Internet Zahlen von 2.000€ bis 5.000€ kursieren. Kann ich zwar verstehen, da jeder wahrscheinlich unterschiedlich viele Patienten therapiert,
Genau da liegt das Problem, weil die Anzahl der Patienten nicht nur von Therapeuten zu Therapeuten sehr großen Schwankungen unterliegt, sondern auch ein einzelner Therapeut sehr unterschiedlich ausgelastet ist.
Und genau aus diesem Grund der fixe Parameter Honorarumsatz i.H.v. 120.000€ :)
Geht es hier um ein theoretisches Fallbeispiel oder um realitätsnahe Lebens- und Berufsplanung?
Ich brauche eine fixe Absprungbasis, damit die Kalkulation irgendwo beginnen kann. Andernfalls hätte ich im Rechenbeispiel zu viele variable Faktoren, die das Vorhaben nur weiter verkomplizieren würden.
Es ist natürlich zu erwarten, dass es immer wieder krankheitsbedingte Absagen, saisonabhängige Schwankungen usw. geben wird. Das ist klar. Ich hätte hier auch 80.000€ oder 40.000€ schreiben können.
Nennen wir es also ein theoretisches Fallbeispiel, was der Realität nicht fern ist :)
Ich wünsche Dir alles Gute mit Deinem "realitätsnahen Fallbeispiel". Woher Du Deinen "fixen Honorarumsatz" von anfänglich € 120.000,- nimmst, bleibt mir trotzdem ein Rätsel.
Danke für die schnelle Antwort!
Meine Bitte war ja schließlich, dass man den Kassensatz und den Honorarumsatz zugrunde legen soll, da diese belastbar und realistisch sind. Die kenne ich nämlich, da öffentlich einsehbar.
Ich habe nur ein Problem damit, dass im Internet Zahlen von 2.000€ bis 5.000€ kursieren. Kann ich zwar verstehen, da jeder wahrscheinlich unterschiedlich viele Patienten therapiert, aber deshalb habe ich den Honorarumsatz vorgegeben, damit da keine Varianzen entstehen.
VG