Unfall auf Privatgelände - Polizei nimmt Unfall nicht auf
Hallo, mein Mann war bei einem Kundenbesuch. Auf dem Privatgelände der Firma ist er mit einem Gabelstapler kollidiert und unser Auto ist stark beschädigt. Der Gabelstaplerfahrer sagt er habe ihn nicht gesehen und weist jede Schuld von sich. Die Polizei hat sich geweigert den Unfall aufzunehmen, da es auf einem Privatgelände geschehen ist. WIe ist hier die Sachlage, wenn Aussage gegen Aussage steht?
9 Antworten
Oh je. Das ist leider nicht so einfach. Zunächst zum Parkhausproblem.
Auch wenn Parkhäuser in der Regel privat betrieben werden, sind sie dennoch in der Regel öffentlcher VK Raum. Es geht nämlich nicht um die Eigentumsverhältnisse/Pachtverhältnisse sondern darum, ob die Sperre (in der Regel eine Schranke vor der Parkhauseinfahrt) lediglich dazu dient die Zahlung der Parkgebühren sicherzustellen oder ob die Sperre dazu dient einem eng eingegrenzten Personenkreis die Durchfahrt zu ermöglichen. In ein normales Parkhaus darf jeder einfahren, der dort parken möchte. Somit ist der Personenkreis nicht eingeschränkt und die Sperre dient wie gesagt lediglich der Sicherstellung der Zahlung. Ein anderer Fall wäre der, wenn ein Teil des Parkhauses für einen eng eingeschränkten Personenkreis, wie zum Beispiel Anwohner bereit gestellt wird. Dort könnte tatsächlich der öffentliche VK Raum nicht vorliegen. OLG Bremen, Urt. v. 01.02.1967 - VRS Bd. 33 S. 193; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.11.1969 - VRS Bd. 39 S. 204; (Auch wenn die Urteile recht alt sind, hat sich an der Definition und der rechtlichen Würdigung nichts geändert) Hier noch ein etwas neueres Urteil: OVG Münster, Beschl. v. 04.08.1999 - DAR 2000 S. 91 Das OVG Münster stellt hierzu fest, dass die STVO Anwendung findet, (also öffentlich sind) wenn Verkehrsflächen - ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für einen nicht näher bestimmten Personenkreis zur Benutzung zugelassen sind."
Nicht öffentlicher VK Raum liegt vor, wenn der Verfügungsberechtigte die Nutzung nur einem beschränkten Personenkreis gestattet, sofern dieser Kreis so eng gezogen ist, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde. ( so der Bundesgerichtshof mit Entscheidung BGH VRS 12, 414 [415f.] Beispiel: Firmengelände wo ausschließlich Mitarbeiter oder Lieferanten Zugang haben. Dort findet in der Regel eine Kontrolle durch Mitarbeiter statt, oder man hat spezielle Konzernausweise, die eine Schranke oder ein Tor öffnen.
Bsp. für öffentlichen VK Raum: SB Autowaschanlage, Gaststättenparkplatz, Parkplatz eines Kaufmarktes, Hinterhofparkplatz für Anwohner u. Kunden mehrerer Firmen.
Ich würde der Fragestellerin raten, zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzung "Zufahrtmöglichkeit für die Allgemeinheit" gegeben ist. Sollte das Firmengelände wirklich nur einem eng eingegrenzten Personenkreis zur Verfügung stehen, (Beschilderung, Absperrmassnahmen, etc.) haben die Polizeibeamten richtig entschieden. Falls die Polizisten nicht richtig entschieden haben, sind sie ggf. auch rechtlich zu belangen, weil sie dann den VU hätten aufnehmen müssen (Beweismittelverlust). Hier gibt aber ein Anwalt für VK Recht Auskunft. Wie (fast) immer entscheidet der konkrete Einzelfall.
Lieber Pepsi:
Zu allgemein gehalten.
Wenn die Polizei nach der Unfallmeldung zur Unfallstelle kommt, dann nimmt sie ihn auch auf. Es sei denn man befindet sich im nicht öffentlichen VK Raum. Ob sie dazu verpflichtet ist, einen einfachen VU S aufzunehmen richtet sich nach den länderspezifischen Gesetzen. Bedeutet: Wenn der Bürger wünscht, dass die Polizei den VU aufnimmt, dann hat sie das auch zu machen. Hessen und Schleswig Holstein behält sich eine vorab Prüfung vor, wobei Schleswig Holstein schon wieder eingeknickt ist. Man befürchtet einen Imageverlust der Polizei. Bei VU ohne Personenschaden aber mit hohen Sachschäden kommt die Polizei auf jeden Fall.
Zu einer (einfachen) Beweismittelsicherung gehört auch die zweifelsfreie Feststellung der Identität und die Überprüfung der Fahrerlaubnis, sowie die Sicherung von Spuren und die Feststellung von Zeugen. Die Fertigung eines Protokolls ist hilfreich bei der Durchsetzung von Ansprüchen. Somit ist das VU Protokoll auch ein unabhängiges "Beweismittel" im evtl. späteren Zivilverfahren.
Richtig ist, die Polizei hat nichts mit der späteren zivilrechtlichen Schadensregulierung zu tun. Sie hat aber gem. gesetzlichem Auftrag auch den Schutz privater Rechte zu gewährleisten. Das ist die Wahrung der Rechtsposition von Unfallbeteiligten zur Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche, wenn ohne polizeiliche Hilfe die Durchsetzungsmöglichkeit des Rechtsanspruches vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.
"Wenn die Polizei nach der Unfallmeldung zur Unfallstelle kommt, dann nimmt sie ihn auch auf."
Klar, etwas anderes habe ich nicht behauptet.
"Ob sie dazu verpflichtet ist, einen einfachen VU S aufzunehmen richtet sich nach den länderspezifischen Gesetzen."
Nicht Gesetze, sondern Erlasse .. aber ok. Zuvor hattest Du noch geschrieben "Falls die Polizisten nicht richtig entschieden haben, sind sie ggf. auch rechtlich zu belangen, weil sie dann den VU hätten aufnehmen müssen (Beweismittelverlust)" ... dem widersprichst Du jetzt zum Teil ...
"Bedeutet: Wenn der Bürger wünscht, dass die Polizei den VU aufnimmt, dann hat sie das auch zu machen."
Nein.. es kommt nicht darauf an, was der Bürger wünscht. Aus dem Wunsch des Bürgers ergibt sich keine bindende Verpflichtung zur Unfallaufnahme.
"Bei VU ohne Personenschaden aber mit hohen Sachschäden kommt die Polizei auf jeden Fall."
Ja.. insbesondere zur Gefahrenabwehr, um weitere Unfälle zu verhindern und weniger als Service, um die Schadensregulierung im Anschluss durch Beweissicherungsmaßnahmen zu erleichtern.
Was viele Autofahrer nicht wissen: Auch die meisten Parkhäuser sind Privatgelände, wo auch keine Polizei zur Unfallaufnahme kommt. In solch einem Fall kann man nur einen Anwalt kommen lassen, oder die Beweise (Fotos der Spurenlage, etc.) selbst sichern und die Ansprüche gegen den Unfallgegner in einem Zivilverfahren klären!
"Auch die meisten Parkhäuser sind Privatgelände"
Privatgelände schon .. gehören aber im Gegensatz zu abgeschlossenen Firmengrundstücken zum öffentlichen Verkehrsraum .. und das macht den großen Unterschied.
Privatgelände schon .. gehören aber im Gegensatz zu abgeschlossenen Firmengrundstücken zum öffentlichen Verkehrsraum .. und das macht den großen Unterschied.
So ist es!
dann entscheidet der richter
beweise sind dann toll, so unfall-sachverständige zb
wird alles teuer, ihr werdet in vorleistung gehen müssen, der andere wird wohl nicht so ein gesteigertes interesse an einer klärung haben
Kein öffentlicher Verkehrsraum = keine Zuständigkeit der Polizei. Die Personalien sind ja bekannt und über die Schuldfrage entscheidet eh nicht die Polizei sondern ein Gericht.
Es gibt viele Missverständnisse bzgl. der Aufgabe der Polizei bei einem Verkehrsunfall.
Die Polizei sicher die Unfallstelle ab, sofern die Unfallbeteiligten dies noch nicht ausreichend getan haben, stellt die Personalien der Beteiligten fest und macht einem (oder mehreren) der Unfallbeteiligten einen Ordnungswidrigkeitenvorwurf (denn: ohne Ordnungswidrigkeit passiert normalerweise auch kein Unfall). Mit der zivilrechtlichen Schadensregulierung hat die Polizei nichts zu tun.
Ein (umzäuntes, abgetrenntes) Privatgrundstück gehört nicht zum öffentlichen Verkehrsraum, die StVO gilt nicht, somit gibt es keine Verkehrsordnungswidrigkeiten und die Polizei hat mit der Unfallaufnahme nichts zu tun.
Die Schadensregulierung läuft so wie sonst auch .. entweder man einigt sich irgendwie mit dem Unfallgegner, Firma oder wie auch immer (die Personalien dürften ja bekannt sein) oder die Sache geht vor Gericht und dort entscheidet der Richter über einen möglichen Anspruch auf Schadenersatz ..
"...weil sie dann den VU hätten aufnehmen müssen (Beweismittelverlust)"
Bei einem Unfall ohne Personenschaden ist die Polizei i.d.R. nicht verpflichtet, diesen aufzunehmen.
Die Schadensregulierung (und auch die Sicherung der hierfür evtl. notwendigen Beweismittel) ist sowieso nicht Aufgabe der Polizei.