Strafbefehl ist gekommen, wie geht es jetzt weiter?

2 Antworten

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Wie hoch sind die Verfahrenskosten und werden die bei 2 gemeinschaftlichen Tätern durch 2 geteilt?

Die Verfahrenskosten richten sich nach der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG). Nach der Gebühren-Nr. 3118 ist für einen Strafbefehl die Hälfte der jeweils für eine Hauptverhandlung mit Urteil maßgeblichen Gebühr anzusetzen. Für 40 Tagessätze gilt die Gebühren-Nr. 3110 (Verurteilung zu Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen) mit 140 Euro. Der Strafbefehl kostet also 70 Euro.

Dazu kommen in jedem Fall die Auslagen für die förmliche Zustellung von 3,50 Euro nach Nr. 9002, weitere Auslagen können noch dazukommen, je nachdem, was bei den Ermittlungen veranlasst wurde.

Zur Frage der Kostenteilung sagt die Vorbemerkung 3.1 Abs. 7 der Anlage 1 zum GKG: "Betrifft eine Strafsache mehrere Angeschuldigte, ist die Gebühr von jedem gesondert nach Maßgabe der gegen ihn erkannten Strafe [...] zu erheben." Das heißt, dass ihr beide jeweils mindestens 73,50 Euro zahlen müsst.

Die Anzahl der Tagessätze akzeptiere ich, aber Ich möchte gerne die Tagessatzhöhe absenken. Wenn ich jedoch Widerspruch einlege, kann auch eine höhere Tagessatzhöhe herauskommen?

Das zulässige Rechtsmittel gegen einen Strafbefehl heißt Einspruch. Legst du pauschal Einspruch ein, entscheidet das Amtsgericht durch Hauptverhandlung über den ganzen Vorgang neu, sodass auch eine höhere Strafe herauskommen kann. Du kannst deinen Einspruch aber auf die Höhe der Tagessätze beschränken und das solltest du auch so schreiben. Dann ist der Strafbefehl hinsichtlich der Tat rechtskräftig.

Bei der Beschränkung des Einspruchs kommt es wieder darauf an, ob eine Hauptverhandlung angesetzt oder durch Beschluss entschieden wird. Nach § 411 Abs. 1 Satz 2 StPO gilt:

Hat der Angeklagte seinen Einspruch auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkt, kann das Gericht mit Zustimmung des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden; von der Festsetzung im Strafbefehl darf nicht zum Nachteil des Angeklagten abgewichen werden; gegen den Beschluss ist sofortige Beschwerde zulässig.

In deinem Einspruch solltest du deshalb schon eine Entscheidung durch Beschluss anregen. Stimmt die Staatsanwaltschaft zu, was sie in der Regel tun wird, riskierst du nichts. Falls es aber eine Hauptverhandlung gibt, gilt § 411 Abs. 4 StPO:

Bei der Urteilsfällung ist das Gericht an den im Strafbefehl enthaltenen Ausspruch nicht gebunden, soweit Einspruch eingelegt ist.

Die Hauptverhandlung kostet nochmals 70 Euro (Gebühr 3119) plus die Zustellauslagen, diesmal können aber bei den Auslagen auch Zeugenentschädigungen enthalten sein.

Wie genau weise ich nach wenig Geld zu haben, AlgII-Bescheid oder über Kontoauszüge? ich habe in den letzten Monaten manchmal ein wenig dazuverdient, weshalb mein genaues Einkommen unterschiedlich ist. Um welche Einkommensverhältnisse geht es dann, die vom Monat der Zustellung des Strafbefehls oder die vom Monat der Tat?

Am besten der Einspruchsbegründung eine Kopie der letzten Alg-II-Bescheide beilegen, eventuelles Einkommen ist dort ja angerechnet. Als Grundlage wird dein Einkommen zum Zeitpunkt des Strafbefehls genommen. Denn stell dir vor, du wärst zur Tatzeit leitender Angestellter gewesen, bei der Verurteilung lebst du aber von Hartz IV: Wie willst du dann die Geldstrafe zahlen, die auf deinem alten Gehalt basiert?

Ich finde aber, dass ein Tagessatz von 12 Euro für SGB-II-Leistungsempfänger völlig im Rahmen ist, üblich sind auch schon mal 15 Euro. Ein Tagessatz von weniger als 10 Euro ist unrealistisch, weil nicht nur der Regelsatz, sondern auch die Kosten der Unterkunft zu deinem Einkommen gezählt werden, die du ja sonst auch von deinem eigenen Gehalt zahlen müsstest.

Brauch ich um Widerspruch einzulegen einen Anwalt?

Nein, ein Verteidiger ist weder für Einspruch noch für Hauptverhandlung notwendig, er wird auch nur in den Fällen des § 140 StPO bestellt.

Wie kann ich etwas mehr Zeit gewinnen das Geld zusammenzubekommen, oder per Raten bezahlen denn ich schätze wenn die Zahlungsaufforderung kommt werde ich nicht viel Zeit haben. Ich möchte jedoch nicht für 40 Tage in den Knast und habe etwas Angst davor.

Du kannst nach Eintritt der Rechtskraft bei der Staatsanwaltschaft eine Ratenzahlung beantragen (§ 459a StPO, § 42 StGB). Setz die Raten aber nicht zu hoch an, du brauchst schließlich auch noch etwas zum Leben.

Darf ich mir selbst einen eingetragenen Verein (Tierheim, etc) suchen bei dem ich einen Teil der Strafe oder auch die komplette Strafe abarbeite, oder wird mir wenn ich das versuche eine bestimmte Arbeit zugeteilt?

Es gibt je nach Bundesland verschiedene Modelle für "Schwitzen statt sitzen", in Bayern gelten z.B. die §§ 31 ff. der Gnadenordnung, wobei sechs Stunden Arbeit einem Tagessatz entsprechen. Die Stelle wird dem Verurteilten zugewiesen.

Gibt es sonst noch etwas zu beachten?

Zusatzinformationen habe ich dort eingebaut, wo es passt. :-)

scherbenhaufen7 
Beitragsersteller
 02.06.2015, 11:35

Wow - das nenn ich mal eine Antwort, vielen vielen Dank. Jetzt ist mir ziemlich geholfen. Spitzen Arbeit, Danke das du dafür deine Freizeit geopfert hast.

adk710  02.06.2015, 16:48
@scherbenhaufen7

Keine Ursache, ich habe zu danken für die Auszeichnung! :-)

Frage deinen Anwalt, je nachdem wie er die Chancen einschätzt lege da Widerspruch ein oder lass es.

Zeit gewinnen kannst du nicht, du musst trotzdem Zahlen, bis du einem Widerspruch etwas anderes erwirkt hast. Ob du das abarbeiten kannst bezweifle ich, sonst wärst du zu Sozialstunden verurteilt worden.

Bedenke das du bei Widerspruch nochmal Gerichtskosten hast. Frage noch einmal deinen Anwalt, im Falle akzeptiere es und versuche irgendwie das Geld gescheit zusammenzubekommen.

480 Euro sind nicht wie Welt, an deiner Stelle würde ich es dabei belassen

scherbenhaufen7 
Beitragsersteller
 02.06.2015, 11:35

Danke Dir :)