Schuldkonflikt auf Baustelle - Statik - Wer ist Schuld?

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Hier scheinen weder der Architektt noch der Statiker mit einem genauen Aufmaß des Altbaus und der Ausführungsplanung (Leistungsphase 5 nach der HOAI) beauftragt worden zu sein. Nur die im Rahmen der Ausführungsplanung erstellten Pläne eignen sich als Grundlage für die Bestellung von Stahlteilen.

Die im Rahmen der Genehmigungsplanung erstellten Zeichnungen ("Eingabeplan") weisen grundsätzlich keine Maße aus, die für die Ausführung des Bauvorhabens oder gar für die Dimensionierung von einzelnen Bauteilen hinreichend genau sind. Die Pläne dienen ausschließlich der Unteren Bauaufsichtsbehörde zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des geplanten Bauvorhabens. Ich gehe davon aus, dass die genannten Wände des EG informell aus älteren Bestandplänen übernommen worden sind, da sie für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit unbedeutend sind.

Die statische Berechnung und deren Überprüfung durch einen Prüfstatiker dienen ausschließlich als Nachweis für die richtige Dimensionierung der Bauteile hinsichtlich der auftretenden Belastungen. Genaue Maße enthalten sie grundsätzlich nicht. Die Prüfstatik bestätigt lediglich die Richtigkeit der Berechnungen.

Der Schlosser hätte eigentlich darauf hinweisen müssen, dass er aufrund der unzureichenden Planunterlagen keine Bauteile bestellen kann. Erfahrungsgemäß überschätzen sich Handwerker in dieser Hinsicht aber häufig ("Das kriegen wir schon hin - hahaha!).

Der Architekt hätte ebenfalls darauf hinweisen müssen, dass die Pläne des Bauantrags für die Ausführung des Bauvorhabens nicht geeignet sind. Ich könnte mir vorstellen, das er das auch gemacht hat.

Handzeichnungen des Statikers halte ich ebenfalls für wenig geeignet, um millimetergenau passende Stahlteile zu bestellen. Vielleicht hat der Statiker eine schnelle Notlösung finden wollen, um den Baustellenfortschritt nicht zu gefährden.

Es wird nicht klar, wer die Bauleitung übernommen hat. Sollte es sich weder um den Architekten noch den Statiker handeln (was ich aufgrund der dargestellten Umstände annehme) wäre zu klären, ob der Bauleiter zur Beurteilung einer Stahlkonstruktion hinreichend qualifiziert ist.

Fazit: Das Problem liegt in der vermutlich aus Kostengründen nicht erfolgten Ausführungsplanung. Sollte dies zutreffen, trägt der Bauherr selbst die Verantwortung.

Ich vermute jetzt aus dem Text, dass es sich hier um eine Altbauaufstockung handelt, vermutlich ein Bau aus Gründerzeit oder Anfang 20. Jhd.

Architekt hat einen Eingabeplan erstellt in dem die Mauern aus dem EG eingezeichnet sind

Es gibt also zumindest einen Architekten. Das ist schonmal positiv, nur wäre vor jeder Mutmaßung zu prüfen, wofür man den Architekten denn en detail beauftragt hat. Falls es einen Architektenvertrag gibt, müsste dort Art und Umfang der Planungs- sowie Überwachungsarbeiten aufgeführt worden sein. Alleine aus der Aussage, dass der Architekt einen Plan "mit Mauern aus dem EG" gezeichnet hat, lässt sich nämlich weder feststellen, ob er das im Aufmaß oder durch Übernahme der Genehmigungsplanung getan hat, noch, worauf die planerische Darstellung basierte.
Wenn natürlich im Auftragsvolumen keine Aufmaß vor Planung abgedeckt wurde aus Kostengründen, kann weder der Architekt noch der Statiker haftbar gemacht werden, wenn sich später im Vollzug herausstellt, dass der Baubestand erheblich (und wenn es offenkundig um tragende Elemente geht, ist das sehr erheblich) von der Genehmigungsplanung abweicht.

Der Statiker hat auf dieser Grundlage die komplette Statikberechnung erstellt

Das ist das übliche Vorgehen. Der Statiker wird das DG und die Übergänge für die auszubildenden konstruktiven Elemente soweit in Augenschein genommen haben, wie das auf der Grundlage der ihm ausgehändigten Unterlagen erforderlich war. Die akribische Überprüfung des Baubestands in allen Geschossen unter dem DG war ganz sicher nicht Teil seiner Beauftragung.

Der Schlosser hat auf Grund der Berechnungen die Stahlträger bestellt und angeliefert

Usus. Ggfs. Werkpläne vom Statiker.

Um die Stahlträger einzubauen hat dieser den Boden geöffnet und festgestellt dass die Mauern anders verlaufen als im Plan eingezeichnet und verlangt

Tja, das übliche Risiko einer Altbausanierung. Es gibt immer Überraschungen. Da hätte man halt nicht am Aufmaß sparen sollen.

Auf Nachfrage wurde eine Handzeichnung vom Statiker durchgegeben um das Problem mit den anders verlaufenden Mauern zu umgehen.

Das ist zwar unschön, entwertet aber nicht die Arbeit des Statikers. Wenn der seine Berechnungen geändert hat aufgrund der neuen Sachlage und eine entsprechende konstruktive Lösung gefunden hat, die einen Weiterbau ermöglicht, ist das ja per se nicht falsch.

Nachdem der Schlosser alles montiert hat, wurde festgestellt dass der letzte Stahlträger um mehr als einen halben Meter zu kurz ist.

Pech. Der Schlosser hat natürlich die Träger schon zuvor bestellt gehabt.

Desweiteren wird von der Bauleitung stark bezweifelt dass die eingebaute Konstruktion tatsächlich so rechtens ist

Was immer das heißen soll. "Rechtens" kann alles mögliche sein oder nicht sein. Entscheidend ist, ob die Lösung statisch korrekt ist und ob sie im Einklang mit ggfs. geltenden rechtlichen Bestimmungen, insbesondere Denkmalschutz, steht, oder ob eine nachträgliche Genehmigung eingeholt werden muss.

Sollte sich nun rausstellen dass ein Balken komplett ersetzt werden muss

Das ganz sicher. Zu kurz ist zu kurz. Ratsam wäre wohl, das am runden Tisch zwischen allen Beteiligten zu klären.

an wen muss ich dann meine Schadenersatzforderung stellen?

Wenn hier überhaupt ein Schadenersatzanspruch besteht, dann am Ehesten gegen den Architekten bzw. seine Versicherung - aber eben nur dann, wenn der überhaupt mit einem Aufmaß beauftragt war. Zu prüfen wäre zudem, wer für die nicht dokumentierten Veränderungen im Geschoss unterhalb des DG verantwortlich war. Ist das nicht festzustellen, läuft hier jeder Ersatzanspruch ins Leere - dann sind das schlichtweg Kosten, auf denen der Auftraggeber sitzen bleibt (Risiko des Bauherren). Das läuft - wenn ihr Euch nicht gütlich einigt - auf eine jahrelange Prozessorgie mit Gutachtern und Gegengutachtern hinaus. Daher wäre es sehr anzuraten, gemeinsam ein Gutachten durch einen öffentlich vereidigten Sachverständigen einzuholen, und dann das weitere Vorgehen abzustimmen.

Was sagt denn euer Bauleiter dazu?

Der Architekt ist der Adressat der zu meldenden Bauschäden. Er ist in erster Linie verantwortlich. Es handelt sich wahrscheinlich um Planungs-und Statikfehler, evtl.auch Bauleitungsfehler. Der Hinweis , einen Sachverständigen umgehend zu beauftragen, kann ich nur unterstützen : einen ,,Öffentlich bestellten Sachverständigen für Bauschäden" . Der Architekt haftet für Planungsfehler ( z.B. falsch eingetragene Mauerstärken ) mindestens 20 Jahre. Der Statiker haftet für seine Berechnungen, er hätte die Mauerstärkenvor Ort prüfen müssen. Auch der Bauleiter hätte die Pläne des Architekten vor Ort auf ihre Richtigkeit überprüfen müssen. Also : dem Architekten die Planungsfehler und Bauschäden melden und Baustopp bis zur Klärung anordnen. Gleichzeitig Sachverständigen beauftragen. Bauschäden fotografieren.

Es scheint sich um einern Planungsfehler zu handeln, für den entweder der Entwurfsverfasser oder der Aufsteller der Statik oder beide verantwortlich sind.

Letztendlich entscheidet das aber das Amts-/Landgericht; Prozessdauer mindestens 5 Jahre.

Euch als Bauherrschaft kann der Schuldige jedoch egal sein; Ihr müsst Eure Rechte mit Hilfe eines Rechtsanwaltes (und nicht mit GF!!!) wahren!