Muss man die Fangprämie i.H.v. 50 € bei geringfügigem Ladendiebstahl eines 16-jährigen bezahlen?

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Fangprämie AGB - Minderjährige

"[Wer das Geschäft beftritt akzeptiert die AGB]; allerdings erfordert das rechtskräftige Zustandekommen dieses Vertrages, dass beide Parteien geschäftsfähig sind.

Dies ist bei Kindern bis zum vollendeten siebten Lebensjahr nicht der Fall, da sie geschäftsunfähig sind (§ 104/ I BGB).

Minderjährige, die das siebte Lebensjahr vollendet haben, aber noch nicht das siebzehnte, sind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.

Für sie gelten die §§ 107 bis 113 BGB, d. h., solange die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht vorliegt, ist der Vertrag schwebend unwirksam.

Wenn also der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung verweigert, kommt der Vertrag nicht zustande. Es besteht damit für den Sicherheitsverantwortlichen die Gefahr, dass er – wenn er dennoch bei Jugendlichen eine Fangprämie erhebt – leicht in den Bereich der Nötigung (§ 240 StGB), des Betruges (§ 263 StGB) oder gar der Erpressung (§ 253 StGB) gerät und sich damit selbst strafbar macht!

Daher empfiehlt es sich immer, von Jugendlichen und von Kindern kein Geld anzunehmen, sondern allenfalls die Forderung einer Fangprämie an die gesetzlichen Vertreter mit der Bitte um Zustimmung zu richten.

Und natürlich darf die Erstattung einer Strafanzeige bei Jugendlichen unter keinen Umständen davon abhängig gemacht werden, ob die Fangprämie bezahlt wird oder nicht!"

Quelle: Richard Thies - Handbuch Ladendiebstahl - empfohlen von TEKTAS-Institut München - Fernlehrinstitut zur Ausbildung von Privatdetektiven und von Kaufhausdetektiven

Fangprämie grundsätzlich bis 50 € - aber bei dem geringen Wert (0,99 €) der gestohlenen Sache wäre sie wohl sowieso unzulässig.

Nein, oder genauer gesagt, nur wenn die Eltern zustimmen oder dabei waren.

Grund ist §108 BGB https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__108.html

Solche Fangprämien werden über die Allgemeinen Geschhäftsbedinungen des Laden festgelegt bzw vereinbart. Nur muß der Kunde den Allgemeien Geschäftsbedingungen erstmal zustimmen. Die Zustimmung eines Minderjährigen, etwa dadurch das er den Laden betritt ist wegen der Beschränkten Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen schwebend unwirksam. Stimmen die Eltern dem Nicht zu, gelten die AGB nicht und es gibt keine Rechtsgrundlage für die Fangprämie.

Das gleiche gilt übrigens auch für ein erhöhtes Beförderungsentgelt beim Schwarzfahren.

ninakoeln 
Beitragsersteller
 04.12.2020, 08:45

Ich resümiere: Fangprämie zahlen ab Volljährigkeit JA, aber bei Minderjährigkeit NEIN? Ist das hier ausschlaggebend?

Zeig die an wegen Nötigung. Das mit diesen Fang Prämien stört mich schon lange. Das wird der Junge aus mehreren Gründen nicht zahlen müssen.

Grundsätzlich ist es schön möglich, dass man zur Zahlung eines Schadenersatzes verpflichtet wird, aber Art und Umfang wird von einem Gericht festgelegt, nicht vom Kläger. Wenn bereits eine Anzeige erfolgt ist, würde ich erstmal keinen Cent zahlen.

Wenn noch keine Anzeige erstattet wurde, kann es unter Umständen besser sein, wenn man sich auf die Zahlung von 50€ einigt, im Gegenzug dafür keine Anzeige erfolgt.

Die Höhe der Beute bestimmt doch nicht, ob es Diebstahl war oder nicht. Es war ein Diebstahl (Punkt!). Oft dienen die "kleinen" Diebstähle ja nur als Testlauf und es entsteht der Eindruck "Mit denen kann man das ja machen!"

Kennst du die Theorie der "Broken Windows"? Danach muss man schon bei kleinen Vergehen hart durchgreifen, damit es gar nicht erst zu den großen kommt. Ein zerbrochenes Fenster am Anfang einer Kausalkette. Daher soll man zerbrochene Fenster immer schnell ersetzen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Broken-Windows-Theorie