Muss die Arbeitszeit (Anfang und Ende, Schichtarbeit) im Vertrag stehen?
Hallo in meinem Arbeitsvertrag steht folgendes zu Arbeitszeiten:
"Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (ohne Pausen) beträgt 40 Stunden. Der Mitarbeiter ist verpflichtet Überstunden zu leisten. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage orientiert sich an den Erfordernissen der Aufgabe."
Bin ich verpflichtet Schichtarbeit zu leisten? (Die Schichtarbeit wurde ca. nach 6 Monaten eingeführt, als ich im Unternehmen mein Arbeitsverhältnis angefangen habe.)
Einen Betriebsrat und eine Betriebsvereinbarung gibt es nicht (soweit ich weis). Es gibt nur einen Hausvertrag der nicht aushängt (das Unternehmen wurde gekauft und der bestehend Betriebsrat wurde beseitigt)!
3 Antworten
Zur Weisungsbefugnis des Arbeitgebers:
In den Antworten wurde ja schon darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber bei fehlenden vertraglichen Vereinbarungen weisungsbefugt ist.
Das ergibt sich aufgrund seines Direktionsrechts nach der Gewerbeordnung GewO § 106 "Weisungsrecht des Arbeitgebers" Satz 1:
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Damit hat er aber - jedenfalls formal - noch längst keinen "Freibrief", wie Hexle2 pessimistisch meint.
Denn in dieser Bestimmung ist aber auch von "billigem Ermessen" die Rede! Konkret heißt das, dass der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts zwingend auch die persönlichen Belange und Bedürfnisse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat und mit den Belangen und Anforderungen des Betriebs abwägen muss!
Also kurz: Ja, der Arbeitgeber kann die Befolgung seiner Anordnungen verlangen und Du musst dem Folge leisten - es sei denn, Dein entgegenstehendes Interesse ist objektiv höher zu werten als das Interesse des Arbeitgebers.
Zur Verpflichtung, Überstunden zu leisten:
Kein Arbeitnehmer ist verpflichtet, länger als vertraglich vereinbart zu arbeiten und damit Überstunden zu leisten, wenn es nicht eng gefasste dringende betriebliche Notwendigkeiten gibt, die die Anordnung von Mehrarbeit/Überstunden - und die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sie zu leisten - zwingend rechtfertigen!!
Aber auch hier gilt wieder der Gtrundsatz des "billigen Ermessens".
An diesen Voraussetzungen, die zur Leistung von Überstunden verpflichten, ändert auch nichts, dass der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich seine Bereitschaft zu Überstunden erklären musste.
Aber wie immer hat alles bei den vertraglichen Abhängigkeitsverhältnissen von Arbeitnehmern leider zwei Seiten: "Recht haben" und "Recht bekommen ...".
Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage orientiert sich an den Erfordernissen der Aufgabe.
Dieser Satz sagt ja eigentlich schon alles.
Danke für die Antwort. Das heißt, ich bin zu Schichtarbeit verpflichtet?
Wenn es keinen Betriebsrat gibt, gibt es auch keine Betriebsvereinbarung.
Nach dieser Vereinbarung zur Arbeitszeit hat der AG einen Freibrief. Solange er sich an die gesetzlichen Vorgaben was Höchstarbeitszeit, Wochenarbeitszeit, Ruhe- und Pausenzeiten hält, kann er Dich einsetzen wo und wann er möchte.
Wennauf den "Hausvertrag" im Arbeitsvertrag hingewiesen wird, sollte dieser auch einsehbar sein. Frag mal im Personalbüro nach.
Wie konnte man einen bestehenden Betriebsrat "beseitigen"?
Die hier in der Frage aufgeführte einzelvertragliche Regelung der Arbeitszeit ist in besonderem Maße arbeitgeberfreundlich, wobei sich m.E. hiervon sogar die Einführung einer Schichtarbeit ableiten lässt.
Dass Arbeitszeiten explizit festgelegt werden, z.B. indem man Uhrzeiten vereinbart, gehört der Vergangenheit an. Dies würde höchstens noch einem sehr unerfahrenen Arbeitgeber passieren.
Ja, dieses Unternehmen zu verlassen ist eine gute Idee...!
Das beste ist, das Unternehmen zu verlassen!
Das sehe ich auch so. Wenn derart vehement die Gründung eines BR verhindert wird und Arbeitsverträge so arbeitgeberfreundlich formuliert sind und dem AG alle Möglichkeiten lassen, kann man auf das nächste unerfreuliche Ereignis warten.
Bekommt Ihr die Überstunden eigentlich bezahlt oder als Freizeitausgleich? Ich vermute mal, da sie arbeitsvertraglich festgelegt sind, musst Du diese öfter (immer?) leisten
Danke für die Antwort.
Ich war bei meinem vorigen Arbeitgeber selbst Betriebsrat 4 Jahre lang. Mir wurde im aktuellen Unternehmen von älteren Kollegen erzählt, dass es vor Jahren eine BR gab, aber nach der Insolvenz gab es keinen mehr. Jeder versuch einen zu gründen wird verhindert! Ich finde leider auch keine Kollegen die einen Versuch mit mir einen BR zu gründen. Das beste ist, das Unternehmen zu verlassen!