Mann verlässt seine querschnittsgelähmte Frau und zwei Kinder - wie weiterleben?
Im Freundeskreis hat eine junge Frau mit zwei Kindern (5 + 8) jetzt erlebt, dass ihr Ehemann, der Vater der Kinder, sich von ihr getrennt hat.
Sowas kommt vor - nur sitzt sie seit vier Jahren im Rollstuhl (sie war aus heiterem Himmel querschnittsgelähmt - innerhalb eines Tages versagten ihre Beine komplett, es gab viele Diagnosen, aber niemand konnte etwas Konkretes über Ursachen dafür sagen), hat es über die Jahre aber mit viel Disziplin und Training soweit gebracht, dass sie vieles im Haushalt einschl. Kochen selbst schafft.
Die beiden Kinder werden von Opa oder Oma (beide Mitte/Ende 70) geholt, gebracht, betuttelt - so weit ihre Kräfte eben reichen. Vorher war das Sache des Vaters.
Die junge Frau lebt von einer Behindertenrente, die für sie und ihre Bedürfnisse gerade reicht (sie lebt im Haus ihres Vaters und hat insofern keine Kosten).
Nun besteht wohl aber die Gefahr, dass der Ehemann mit seinem Einkommen nicht klar kommt. Seine Bundeswehr-Abfindung hat er - lang bevor es zur Trennung kam - mit Zustimmung seiner Frau in ein schönes Motorrad für sich gesteckt und (ohne Wissen seiner Frau) sich eine Wohnung möbliert. Von Rücklagen kann man insofern nicht sprechen....
Wenn er von seinem Geld nicht leben, geschweige denn Unterhalt für die Kinder aufbringen kann, besteht dann die Möglichkeit, dass ihm ein Teil des Geldes seiner Frau zugesprochen werden könnte, wenn es zur Scheidung kommt? Kennt jemand die rechtliche Situation in puncto Unterhalt?
Die ganze Familie der jungen Frau (also die Eltern) ist sowieso in Aufruhr, aber erst recht, was die Frage des möglichen Unterhalts angeht.
Wie könnte man der jungen Frau helfen, wenn es darum geht, ihre Kinder zur Schule, zum Sport usw. zu begleiten (sie selbst kann es nicht). Ich dachte an Nachbarschaftshilfe, aber in dem kleinen Ort, wo sie wohnen, ist das wohl ein Problem, weil jeder nur für sich kämpft. Ob sie von anderer Stelle Unterstützung erhalten könnte? Wenn ja, an wen könnte sie sich wenden?
Es wäre schön, wenn jemand von euch Rat wüsste. Danke im voraus.
8 Antworten
Wenn es zu einer Trennung kommt und die Kinder in der Obhut der Frau verbleiben, so ist der Mann ihnen unterhaltspflichtig. Diesen Unterhalt müsste die Frau von ihm einfordern - dabei könnte ihr das Jugendamt helfen.
- Die Höhe des Unterhaltes ist abhängig vom Einkommen des Mannes, ihm müssten für den eigenen Lebensunterhalt aber 1080 Euro verbleiben.
Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass die Kinder zukünftig beim Vater leben. Zwar wäre dann die Frau unterhaltspflichtig für die Kinder - da sie aber vermutlich nicht ausreichend "leistungsfähig" wäre, müsste er dann ggf. Unterhaltsvorschuss" für die Kinder beanspruchen.....
- Unterhaltsvorschuss muss später nur zurückgezahlt werden, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil keinen Unterhalt gezahlt hat, obwohl er/sie eigentlich in der Lage dazu gewesen wäre.. ..oder er/sie versäumt hat nachzuweisen, dass er/sie "schuldlos" kein Einkommen über dem Selbstbehalt erzielen konnte....
Sollten dem Mann nach Zahlung des Kindesunterhaltes noch mehr als 1200 Euro von seinem Einkommen verbleiben, so müsste er ggf. bis zur Scheidung auch noch "Trennungsunterhalt" an seine Frau zahlen.
Nachehelicher Unterhalt (nach der Scheidung) wird zwar nur noch im Ausnahmefall zugesprochen, da die Beeinträchtigung der Frau bereits während der Ehe eintrat könnte dies evt. als Ausnahme gelten.
- Ist der Mann nicht mehr ausreichend "leistungsfähig", müsste die Frau für sich selbst noch staatliche Unterstützung beanspruchen (Grundsicherung), falls ihre Erwerbsunfähigkeitsrente ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht abdeckt.
Ersparnisse, Vermögen o. ä. des Mannes werden für laufende Unterhaltszahlungen nicht herangezogen, sondern nur sein Einkommen.
- Er müsste also z.B. nichts verkaufen (Motorrad etc...), um Unterhalt zahlen zu können...
- Nur, wenn über die Unterhalte ein Titel ausgestellt ist und der Mann den darin festgelegten Betrag nicht zahlen würde, so dass es zur Pfändung käme, könnte auf sein Vermögen, Besitz.... zurückgegriffen werden.
Haben die Frau und der Mann keinen extra Ehevertrag abgeschlossen, so gilt ihre Ehe als "Zugewinngemeinschaft", bei der während der Ehe das Prinzip der Gütertrennung gilt.
- Dann kann jeder auch während der Ehe allein über seine Ersparnisse, Konten etc..
- Bei einer Scheidung müsste dann nur das aufgeteilt werden (als Sach- oder Geldwerte...), was während der Ehe hinzugekommen ist.
- Das , was jeder bereits vor der Ehe besaß (bzw. der Geldwert dessen) gehört ihm auch nach der Ehe wieder allein.
Bei wem die Kinder nach der Scheidung verbleiben, hat keinen Einfluss auf die Aufteilung des Zugewinns.
Im Rahmen einer Scheidung findet dann der "Versorgungsausgleich" statt, bei dem die Renten-/Pensionsansprüche der Eheleute aufgeteilt werden, die von beiden insgesamt während der Ehe erwirtschaftet wurden....
- Konnte die Ehefrau in den letzten (Ehe-)Jahren selbst keine Anwartschaften mehr erwirtschaften, hätte sie Anspruch auf die Hälfte der in dieser Zeit durch ihren Mann erwirtschafteten "Rentenpunkte"..., die mit der Scheidung dann sofort zum Tragen kämen (ihre Rente ggf. angehoben wird...).
Die Frau selbst hätte aufgrund ihrer Beeinträchtigung ggf. Ansprüche an die Pflegekasse im Rahmen ihrer Pflegestufe, ggf. auch auf eine Haushaltshilfe o.ä.....
Die junge Frau lebt von einer Behindertenrente, die für sie und ihre Bedürfnisse gerade reicht (sie lebt im Haus ihres Vaters und hat insofern keine Kosten).
Auch wenn der Frau keine tatsächlichen Wohnkosten in Rechnung gestellt werden, kann sie diese ggf. beanspruchen.... Der Vater könnte einen Mietvertrag /Untermietvertrag mit ihr abschließen....
Ganz herzlichen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen! Nun kann ich der jungen Frau etwas mitbringen, wenn ich sie dieser Tage besuche. DANKE!
Der Mann ist gegenüber seinen Kindern und vermutlich auch gegenüber seiner Frau unterhaltspflichtig. Wenn er diesen Verpflichtungen nicht nachkommt oder nachkommen kann, sollte es kein Problem sein, Wertgegenstände aus seinem Besitz (das Motorrad, Teile der Einrichtung ) pfänden zu lassen (selbstverständlich über Anwalt, Gericht, Gerichtsvollzieher). Und sicher steht der Frau auch staatliche Unterstützung für die Bewältigung ihres Alltages mit Kindern zu....zumal die Eltern ja offensichtlich altersbedingt auch nicht mehr so belastbar sind und auch ihnen vermutlich finanziell Grenzen gesetzt sind, bzw. sie bereits jetzt mehr geben, als es ihre Pflicht wäre.
'Erhöhte Erwerbsobliegenheit' heißt sicher, mehr zu arbeiten, einen zusätzlichen Job anzunehmen, um es zu schaffen, seinen Unterhalt sowie den für seine Kinder zu bestreiten, oder?
'Titulierte Verpflichtungen' sind wohl die, über die ein Scheidungsrichter befunden hat (wo es einen Titel, also ein Urteil gibt)?
Erhöhte Erwerbsobliegenheit' heißt sicher, mehr zu arbeiten
Nicht in jedem Fall. Das heißt nicht, dass verlangt wird, 60h pro Woche zu arbeiten, damit man mehr Unterhalt zahlen kann.
Aber wer freiwillig vielleicht bloß 30h arbeitet oder einen Halbtagsjob hat, der kann angehalten werden, sich um eine Vollzeitstelle zu bemühen, um seinen Unterhaltsobliegenheiten nachkommen zu können.
Für die "Verpflichtungen" des Mannes im Rahmen von Unterhaltszahlungen kann nur das laufende Durchschnittseinkommen des Mannes herangezogen werden,
Nicht nur. Zwar nicht die Vermögenswerte, aber neben dem jährlichen Einkommen werden alle weiteren Zahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt und eine eventuelle Steuerrückzahlung mit herangezogen und daraus ein Durchschnittswert gebildet, der dann als Durchschnittsverdienst angesehen wird.
Sollte er einen Dienstwagen fahren, den er auch privat nutzen kann, dann wird man aufgrund des daraus resultierenden "unbaren Vorteils" seinem Gehalt noch einen bestimmten Betrag aufschlagen.
Zu einer Frage / einer Überlegung aus einem der früheren Kommentare:
Die beschriebene junge Mutter hat Anspruch auf Kindesunterhalt, auf das Kindergeld sowie auf Wohngeld oder ergänzende Grundsicherung.
Das Grundsicherungsamt wird sich sicher hüten, der jungen Frau einen Umzug nahezulegen. Im Unterschied zu anderen Personen / Familien im Leistungsbezug hat sie Anspruch auf deutlich mehr Wohnfläche und mehr Mietkosten. Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, bei dem wird einer Wohngeld- oder Sozialhilfeberechnung nicht die reale Personenzahl der Familie zugrundegelegt, sondern eine Person mehr - "der Rollstuhl zählt als eine Person in der Familie" nennt es meine Kollegin in der Sozialberatung und diese ist selbst Betroffene, mit Rolli und selbst Aufstocker.
Zudem dürfen auch die Heizkosten höher sein. Es gibt eine Festlegung, dass für Personen im Rollstuhl ständige 21°C als angemessene Raumtemperatur vorzuhalten sind, da diese Personen aufgrund mangelnder körperlicher Aktivität schneller auskühlen und damit eine höhere Erkrankungsgefahr besteht.
Diese Kröte müssen Grundsicherungsamt oder JC schlucken, wenn es um Angemessenheit der Betriebskosten geht.
Noch ein Tipp:
Unterhalt für die Kinder muss ja immer wieder angepasst werden: entweder ändert sich die Altersstufe der Kinder oder das maßgebliche Einkommen des Unterhaltspflichtigen oder die Düsseldorfer Tabelle. Wenn dann noch der Kindsvater mauert, weil er nicht verpflichtet ist, der Ex-Frau seine Gehaltsab-rechnungen zugänglich zu machen ....
Hieße: immer wieder zum Anwalt, diesen mit einer Überprüfung der Unterhaltssituation beauftragen. Und - bei der geschilderten finanziellen Situation der Frau - jedesmal zum Amtsgericht und Rechtskostenübernahme beantragen - denn der Anwalt arbeitet ja nicht für lau.
Viel einfacher: beim Jugendamt eine Unterhaltsbeistandschaft beantragen. Damit gibt man die Rechtsvertretung der Kinder (ausschließlich) in Unterhaltsfragen an das JA ab. Diese fragen mindestens alle zwei Jahre die Einkommensverhältnisse des Kindsvaters ab, sollte dieser nicht mitarbeiten, wird sofort ein Anwalt von Amts wegen eingeschaltet.
Über jede Veränderung der Unterhaltshöhe wird die Kindsmutter informiert und die Berechnungen des JA gelten als Unterhaltstitel, das heißt, auf ihrer Grundlage kann Unterhalt eingeklagt werden.
Ich kann das Verfahren einer Unterhaltsbeistandschaft nur empfehlen - es erspart u.U. eine Menge Arbeit und Stress.
Erhöhte Erwerbsobliegenheit' heißt sicher, mehr zu arbeiten, einen zusätzlichen Job anzunehmen,
Jemand, der einem Minderjährigen Kind Unterhalt schuldet, muss sich im Rahmen seiner Möglichkeiten (erlernter Beruf bzw. erworbene Fähigkeiten) bemühen, ein für den Mindestunterhalt ausreichendes Einkommen zu erzielen (Vollzeit statt Teilzeit..., ggf. Nebenjob...).
Wäre das trotz aller Bemühungen nicht möglich, so könnte auch kein Mindestunterhalt tituliert werden....
'Titulierte Verpflichtungen' sind wohl die, über die ein Scheidungsrichter befunden hat
Auch eine vom Jugendamt ausgestellte Urkunde oder ein durch einen Notar/ Anwalt beurkundestes "Schuldanerkenntnis" sind Titel...
Gerade für den Kindesunterhalt empfiehlt es sich, eine kostenlose "Beistandschaft" beim Jugendamt einrichten zu lassen..... ledige/ getrennt lebende Elternteile müssen deswegen nicht unbedingt zum Anwalt.....
Danke. Aber mal abgesehen von dem Motorrad (das er ja für seine Mobilität braucht): im Fall, dass das Einkommen des Mannes nicht für mehr als ihn selbst reicht - wie sieht es dann aus? Unterhaltsvorauszahlungen wären ja auch rückzahlbar - durch ihn, aber wovon? Kann ER Unterhalt von seiner Frau fordern?
Natürlich bleibt ihm ein Selbstbehalt.....aber selber Unterhalt fordern unter den Umständen dürfte eher erfolglos bleiben.
Kann ER Unterhalt von seiner Frau fordern?
Theoretisch ist das möglich....
Sind die Einkommen (Verdienst, Rente, Zinseinnahmen o.ä....) der Ehepartner unterschiedlich hoch, so hat der Ehepartner mit dem geringeren Einkommen evt. Anspruch auf Unterhalt an den anderen Ehepartner.
Voraussetzung: das Einkommen des besser verdienenden Ehepartners ist höher als sein "Selbstbehalt" - dieser liegt gegenüber Ehepartnern derzeit bei 1200 Euro...
Unterhalt für minderjährige Kinder hätte aber in jedem Fall Vorrang vor dem Anspruch des Ehepartners...
Danke, DFgen, für diese präzisen Angaben. Toll! So genau hatte ich mir das gewünscht, denn so kann ich den Eltern der jungen Frau etwas an die Hand geben. Sie wollen nämlich schon seit längerer Zeit ihrer Tochter im Rahmen von Schenkungen Immobilien übertragen, zögern diesen Schritt aber immer noch hinaus, weil sie verhindern wollten, dass der Vater ihrer Enkel in den Genuß davon kommen könnte (beim Vererben würde da ja keine Gefahr bestehen - aber bei Schenkung? Inwieweit bleibt das Vermögen getrennt? N.B.: es existiert kein Ehevertrag).
Aber theoretisch wäre es möglich, dass der Vater der Kinder Unterhalt von seiner gelähmten Frau fordern könnte - genau das befürchten die Eltern der Frau, und du bestätigst diese Möglichkeit. Wow - das wird noch spannend!
Da kann man sich z.B. vom Jugendamt helfen lassen.
Der Vater muss nach einer Scheidung so oder so Unterhalt bezahlen! und auch schon zuvor, wenn er nicht mit im Haushalt hilft und die Frau für die Kinder sorgt, muss er auch jetzt schon Unterhalt zahlen!
Für all diese Fragen gibt es die Möglichkeit Anwalt, Beratungsstelle und Jugendamt. Die sind qualifiziert um so etwas konkret zu beantworten und die auch Haushaltshilfen sowie Begleitpersonen zur Seite stellen können.
Zunächst braucht sie einen Anwalt, der für sie Trennumgsunterhalt vom Noch -Ehemann einfordert und den Kindesunterhalt.
Hilfe kann sie vom Jugendamt bekommen, in Form einer Familienhelferin.
Für die "Verpflichtungen" des Mannes im Rahmen von Unterhaltszahlungen kann nur das laufende Durchschnittseinkommen des Mannes herangezogen werden, nicht aber seine Ersparnisse, Vermögen, Besitztümer o.ä.....
Kommt er seiner erhöhten Erwerbsobliegenheit nach und könnte trotzdem nicht den "Mindestunterhalt" für seine Kinder zahlen, könnte auch kein Titel ausgestellt werden, der darüber liegt...
Solange er seinen titulierten Verpflichtungen nachkommt, kann ihm nichts gepfändet werden - also nicht auf sein Motorrad, Einrichtung o.ä. zugegriffen werden, er auch nicht zum Verkauf gezwungen werden....
Bezüglich des Unterhaltes gegenüber einem Ehepartner/Ex-Ehepartner gilt keine Erwerbsobliegenheit....