Können wir auch Vertreter aus Gewerkschaften oder anderen Organisationen in den informellen Trilog hineinwählen?
Das würde mich deswegen besonders interessieren, weil in meinen Augen der ERT, Roundtable of European Industrielists, also die 50 reichsten Firmenbosse Europas und die AMUE, quasi die Bankenlobby, viel zu viel Einfluss auf die EU Gesetzgebung haben und wir einfachen Arbeiter bei der Gesetzgebung innerhalb der EU nicht wirklich zu Wort kommen. Unsere Interessen werden in der EU nicht berücksichtigt, was zum Beispiel den Ausbau des Niedriglohnsektors in Deutschland direkt zur Folge hatte. Heute Arbeiten in diesem neuen China über 9 Millionen Menschen.
Die Gewerkschaften wurden ja schon zu Gründungszeiten von der EU-Kommission aktiv vergessen und deswegen würde ich es toll finden, wenn wir das, was von den Gewerkschaften nach Jahrzehnten des Brüsseler Diktats noch übrig ist, irgendwie in den Trilog mit hineinwählen könnten.
Wäre das möglich?
1 Antwort
Hallo RegimeKritiker!
Wir können nicht so recht nachvollziehen, wie Du zu der Einschätzung kommst, die Gewerkschaften hätten in Brüssel keinen Einfluss. Präsident Juncker trifft zum Beispiel den DGB-Chef Reiner Hoffmann regelmäßig. Vor den EU-Gipfeln treffen sich die Sozialpartner regelmäßig auf höchster Ebene zum "Dreigliedrigen Sozialgipfel", mit dabei sind die Präsidenten der EU-Organe und führende Vertreter der europäischen Sozialpartner, darunter der Europäische Gewerkschaftsbund. Juncker persönlich hat die europäische Säule der sozialen Rechte initiiert und mit dem schwedischen Premier Lövfen dafür gesorgt, dass sich die Staats- und Regierungschefs darauf beim Sozialgipfel in Göteborg verständigt haben.
https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/european-council/2019/03/20/
In der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik hat die EU nur überschaubare Kompetenzen, das ist die Hoheit der Mitgliedstaaten. Aber es gibt gemeinsame Grundsätze und Mindeststandards, wie zum Beispiel das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung diese Woche gezeigt hat.
Die Europäische Kommission hat die Einführung des Mindestlohns in Deutschland lange befürwortet und begrüßt, als Deutschland sich endlich dazu durchgerungen hat. In den länderspezifischen Reformempfehlungen für Deutschland kritisiert die Kommission regelmäßig die zu hohe Steuer- und Abgabenlast für Geringverdiener. Deutschland weist eine der höchsten Steuer- und Abgabenbelastungen für Geringverdienende auf, die meist Frauen sind.
Der Einfluss des European Roundtable of Industrialists wird aus unserer Sicht überschätzt. Es gibt die jährlichen Treffen, an denen auch Präsident Juncker teilgenommen hat. Hier geht es oft um die strategische Position Europas in der Welt, zuletzt zum Beispiel um den Handelsstreit mit den USA.
An den informellen Trilogen zu den Abschlussverhandlungen bei europäischen Gesetzgebungsverfahren nehmen aus nachvollziehbaren Gründen nur Gesetzgeber teil, also die direkt gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die Vertreter der gewählten Regierungen und der vom Europäischen Parlament gewählten Kommission. Deren Kompromisse müssen stets von einem Plenarvotum und im Ministerrat bestätigt werden. Das sind normale demokratische Entscheidungsverfahren. Den Kampfbegriff vom "Brüsseler Diktat" lehnen wir ab.
Bei den Europawahlen stehen übrigens etliche Gewerkschafter auf den Listen der Parteien.
Viele Grüße vom Presseteam der Europäischen Kommission in Deutschland