Kann ich eine Erwerbsminderungsrente ablehnen?
Mein Vater erlitt im Alter von 58 Jahren einen Schlaganfall und ist nun, mit 59 Jahren aus der Reha entlassen worden. Im aerztlichen Abschlussbericht ist mein Vater als nicht erwerbsfaehig eingestuft. Er kann momentan weder richtig laufen noch sprechen.
Meine Frage nun bezieht sich auf die Erwerbsminderungsrente. Bislang bekam mein Vater Krankengeld. Ich vermute, dass er nun in die Rente abgeschoben werden wird. Da er noch nicht 60 Jahre alt ist, wird ihm auch noch die Rente um 10,8% gekuerzt werden.
Kann mein Vater die Erwerbsminderungsrente ablehnen, bis er 63 Jahre alt ist und die Rente dann - ohne Abstriche - ausgezahlt bekommen? Er koennte in der Uebergangszeit von seinem Ersparten und meiner Unterstuetzung leben. Ob sich das rechnerisch lohnt, haengt natuerlich von seiner voraussichtlichen Rentendauer ab. Auch muesste er waehrend dieser Zeit seine Krankenkassenbeitraege und Plegeversicherung usw. selbst bezahlen. Deshalb, bevor ich mich zu sehr reinsteigere, moechte ich erstmal klaeren, ob man eine Erwerbsminderungsrente ueberhaupt vorruebergehend ablehnen kann?
Vielen Dank fuer Eure Hilfe.
5 Antworten
Hallo wibni,
Sie schreiben:
Kann ich eine Erwerbsminderungsrente ablehnen?<
Das können Sie zwar rein theoretisch machen, aber dann verstoßen Sie ganz klar und unmißverständlich gegen:
§ 51 SGB V
Wegfall des Krankengeldes, Antrag auf Leistungen zur Teilhabe:
(1) Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben.
Haben diese Versicherten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, kann ihnen die Krankenkasse eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie entweder einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben bei einem Leistungsträger mit Sitz im Inland oder einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung mit Sitz im Inland zu stellen haben.
(2) Erfüllen Versicherte die Voraussetzungen für den Bezug der Regelaltersrente oder Altersrente aus der Alterssicherung der Landwirte bei Vollendung des 65. Lebensjahres, kann ihnen die Krankenkasse eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie den Antrag auf diese Leistung zu stellen haben.
(3) Stellen Versicherte innerhalb der Frist den Antrag nicht, entfällt der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf.
Meine Frage nun bezieht sich auf die Erwerbsminderungsrente. Bislang bekam mein Vater Krankengeld.<
Die Krankengeldzahlung einschließlich 6 Wochen Lohnfortzahlung ist auf maximal 78 Wochen befristet, dann endet die Krankengeldzahlung endgültig!
Sollte bis dahin der Antrag auf Erwerbsminderungsrente noch nicht durchgesetzt sein, muß rechtzeitig vorher bei der Agentur für Arbeit ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt werden!
Nicht zu vergessen davon unabhängig wäre ein Antrag auf Schwerbehinderung beim zuständigen Versorgungsamt zu stellen, um ggf. gewisse Nachteilsausgleiche und einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis mit speziellen "Eintragungen" zu erhalten.
Kann mein Vater die Erwerbsminderungsrente ablehnen, bis er 63 Jahre alt ist und die Rente dann - ohne Abstriche - ausgezahlt bekommen? Er koennte in der Uebergangszeit von seinem Ersparten und meiner Unterstuetzung leben. Ob sich das rechnerisch lohnt, haengt natuerlich von seiner voraussichtlichen Rentendauer ab. Auch muesste er waehrend dieser Zeit seine Krankenkassenbeitraege und Plegeversicherung usw. selbst bezahlen. Deshalb, bevor ich mich zu sehr reinsteigere, moechte ich erstmal klaeren, ob man eine Erwerbsminderungsrente ueberhaupt vorruebergehend ablehnen kann?<
Dies würde eigentlich keinen Sinn machen!
Natürlich ist es verständlich, daß Sie auf die volle und ungekürzte Rente spekulieren, aber unter dem Strich wird Ihnen dies nichts bringen!
Es versteht sich von selbst, daß das Krankengeld in der Regel höher ausfällt, wie Arbeitslosengeld oder Erwerbsmindeurngsrente.
Nach Erfahrungen aus der Praxis können Sie eigentlich nur folgendes tun, um den höchstmöglichen Geldwerten Vorteil zu erreichen.
Warten Sie erst einmal ab, bis Ihre Krankenversicherung an Sie herantritt und ihnen schriftlich nahelegt, daß Sie einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen müßen!
Wenn Sie dann diese Aufforderung erhalten, können Sie die Frist, die Ihnen gewährt wird, voll ausschöpfen.
Da die Bearbeitung eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente nicht von heute auf morgen über die Bühne geht, wird oft der Anspruch auf die 78 Wochen-Krankengeld-Fortzahlung voll ausgenutzt werden können.
Im weiteren Verlauf gilt dann dasselbe für das Arbeitslosengeld.
Es bleibt also in diesem Fall zunächst nichts anderes zu tun, als die Krankengeldzahlungen so lange wie möglich auszuschöpfen und auf die Reaktionen der Krankenversicherung zu warten.
Ihrem Vater wünsche ich von Herzen baldige Genesung und Besserung, ein Schlaganfall ist kein Spaziergang, auch nicht für die Angehörigen.
Laut Statisiken trifft diese schlimme Krankheit allein in Deutschland jedes Jahr über 250.000 Mit-Menschen!
Wenn weitere Fragen sind , bitte einfach melden!
Beste Grüße, viel Erfolg und bestmögliche Gesundheit
Konrad
Lass dich dazu bei der Deutschen Rentenversicherung beraten.
Er kann auf die Umwandlung des Reha-Antrags in einen Rentenantrag verzichten, wenn er nicht von der Krankenkasse aufgefordert wurde, den Reha-Antrag zu stellen.
Aber auch das ist nicht sehr sinnvoll.
Vermutlich geht es nur noch darum, so lange wie möglich das höhere Krankengeld zu beziehen.
Mit den 10,8% der Rente holt man 3 Jahre Rentenverzicht plus die Zahlung freiwilliger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nur sehr schwer wieder ein.
Selbst wenn es nur um die nicht gezahlte Rente geht, braucht man ohne Zins und Zinseszins ca 23 Jahre Rentenzahlung, damit sich das lohnt.
Ob die Lebenserwartung bei einer sowieso schon beeinträchtigten Gesundheit so hoch ist, kann niemand sagen.
Die Erwerbsminderungsrente wird NICHT gekürzt. Die Zeit des Bezugs der EM-Rente zählt dagegen noch als pflichtversicherte Zeit für die Altersrente. Die EM-Rente wird dann bei Erreichen der Regelaltersgrenze in das reguläre Altersruhegeld umgewandelt.
Bei deinem geschilderten Vorhaben würde er also bares Geld verbrennen.
Hallo DerHans,
Sie schreiben:
Die Erwerbsminderungsrente wird NICHT gekürzt.<
Leider trifft dies so nicht zu:
In der aktuellen Broschüre der Deutschen Rentenversicherung "Das Netz für alle Fälle" heißt es hierzu klar und unmißverständlich auf Seite 24 unter folgendem Link:
Beginnt Ihre Rente vor dem 63. Lebensjahr, müssen Sie aber Rentenabschläge in Kauf nehmen.
Durch den Abschlag soll der frühe Rentenbezug ausgeglichen werden.
Für jeden Monat der Inanspruchnahme vor dem vollendeten 63. Lebensjahr beträgt der Abschlag 0,3 Prozent, insgesamt jedoch höchstens 10,8 Prozent!
Sie schreiben weiter:
Die Zeit des Bezugs der EM-Rente zählt dagegen noch als pflichtversicherte Zeit für die Altersrente. Die EM-Rente wird dann bei Erreichen der Regelaltersgrenze in das reguläre Altersruhegeld umgewandelt.<
Leider trifft dies so nicht zu:
Richtig müßte es heißen:
Die volle Erwerbsminderungsrente basiert in etwa auf dem aktuell erreichten Stand der Regelaltersrente, welcher in der Rentenauskunft ausgewiesen ist!
Die teilweise Erwerbsminderungsrente entspricht exakt der Hälfte der vollen Erwerbsminderungsrente.
Ab dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Erwerbsminderungsrente fließen keine Beiträge mehr in das Rentenkonto!
Die Kürzung um bis zu maximal 10.8 % zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Erwerbsminderungsrente wirkt sich aus auf Lebenszeit, denn die Altersrente bei Erreichen des Regeleintrittsalters ändert sich dann so gut wie nicht mehr, von turnusmäßigen Rentenanpassungen für alle Versicherten einmal abgesehen.
Irren ist menschlich, davor ist niemand von uns gefeit!
Wünsche Ihnen einen schönen Tag und
beste Grüße
Konrad
Natürlich ist die Erwerbsminderungsrente um 10,8% gekürzt und bei der Kürzung bleibt es auch bei einer Umwandlung in eine Altersrente.
Bitte informiere dich, bevor du solche Aussagen machst.
Ich würde dir vorschlagen, dich zu diesem Thema mit einem fachkompetenten Mitarbeiter des VDK in Verbindung zu setzen. Das ist ein zu komplexes Thema. Damit für deinen Vater keine Nachteile entstehen, lass dich von Fachleuten beraten.
Vielen Tag fuer die zahlreichen Antworten. Werde mich auch noch einmal mit der Rentenversicherung in Verbindung setzen um eventuelle Nachteile zu vermeiden.