Ist die Wehrpflicht verfassungswidrig: Verstößt Artikel 12a gegen Artikel 3 Absatz 2?
Die beiden genannten Artikel müssten eigentlich im Widerspruch zu einander stehen, da in Artikel 3 Absatz 2 GG die Gleichberechtigung von Männern und Frauen gewährleistet wird, Artikel 12a allerdings die Wehrpflicht für Männer ermöglicht . Da es diese Wehrpflicht und auch den alternativ verpflichtenden Sozialdienst bei Frauen nicht in dieser Art gibt, müsste es doch eigentlich nach Absatz 3 auch für Männer gewährleistet sein, keiner Wehrpflicht untergeordnet werden zu können, oder? (Es ja im Moment nur Theorie, da die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, die Frage würde mich jedoch trotzdem interessieren, vor allem da ich keinen Ansatz finden konnte der diese Ungleichheit ersichtlich macht.)
Hier die beiden Artikel auf die ich mich beziehe, jewils in kursiv /fett die genauen Passagen.
Artikel 3
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Artikel 12a
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.
Müssten folglich nicht rein theoretisch sowohl Männer als auch Frauen von der Wehrpflicht gänzlich entbunden sein?
2 Antworten
Die Gleichheitsrechte geben dem Staat nicht vor, alle gleich zu behandeln, sondern nur, wesentlich gleiches gleich und wesentlich ungleiches ungleich zu behandeln. Das beinhaltet also sogar ein Gebot der Ungleichbehandlung. Es macht ja auch in der Tat keinen Sinn, alle Menschen ständig gleich zu behandeln.
Art. 3 GG soll nur vor sachlich nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung schützen. Das gilt natürlich auch für den speziellen Fall der Gleichbehandlung von Mann und Frau, bei dem die Anforderungen an einen sachlich gerechtfertigten Grund für eine Ungleichbehandlung allerdings höher sind, als im allgemeinen Fall (nur daher hat Art. 3 Abs. 2 GG überhaupt seine Daseinsberechtigung).
Ein solcher Grund kann neben anderen die höhere körperliche Leistungsfähigkeit von Männern sein.
Hinzu kommt, dass der Verfassungsgeber selbst natürlich Grundrechte einschränken darf. Insoweit kann man in Art. 12a GG eine Spezialvorschrift zu Art 3 Abs. 2 GG sehen.
Die körperlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau waren nur ein Beispiel. Mir ging es bei der Beantwortung der Frage in erster Linie darum darzustellen, dass das GG nicht verlangt, alle gleich zu behandeln.
Es sind auch historische Gründe zu berücksichtigen. Landesverteidigung war jahrhundertelang den Männern vorbehalten.
Bei der Beschäftigung mit Gleichheitsrechten läuft man schnell Gefahr, diese zu überinterpretieren.
Im Übrigen stellt Art. 12a GG eine einschränkende Spezialvorschrift zu Art 3 Abs. 2 GG dar, was zulässig ist.
Schau dir das mal bitte an.
Öffne dort die PDF
Danke für die Antwort!
Aber die Ungleichbehandlung hätte ja dann die Prämisse, dass Männer Frauen physisch überlegen sind. Das mag im Durchschnitt der Fall sein, aber es gibt eben auch überdurchschnittlich starke Frauen bzw. unterdurchschnittlich schwache Männer, da wäre eine Differenzierung der Geschlechter recht unnütz. Abgesehen von dieser Ungenauigkeit des Gesetzes gibt es aber auch ein Problem mit dem alternativen Sozialdienst (Ich versuche nur zu verstehen, weshalb Artikel 12a steht, deshalb die genaueren Fragen). Wenn die körperlichen Merkmale maßgeblich wären für den verpflichtenden Einzug zun Wehrdienst, müsste der Sozialdienst ja bei Frauen alternativ zum Wehrdienst verpflichtend sein, im gleichen Sinne wie das bei Männern mit der Wahl zwischen den beiden ist, oder? Da mehr Muskelmasse im Sozialdienst keine zwingende Voraussetzung ist, wie das im Krieg im Feldgraben der Fall wäre. Somit gäbe es keinen ersichtlichen Grund nicht beide Geschlechter einzuziehen, wenn schon nicht zu den gleichen Diensten (Wobei diese Logik dann auch zu den gleichen Wahlmöglichkeiten für Männer und Frauen führen würde, entweder Sozialdienst oder Wehrpflicht).