Insolvenzverfahren / Betrug anzeigen?
Hallo! Ein Einzelunternehmer schuldet mir (ebenfalls Einzelunternehmer) einen nicht unerheblichen Betrag. Der Mahnbescheid usw. wurde schon gestellt, jedoch wurde vom Schuldner erst mal Einspruch erhoben - ich müsste nun als nächstes ein Gerichtsverfahren beantragen. Dieses habe ich noch nicht gemacht. Soweit der zivilrechtliche Bereich.
Inzwischen hat sich der Unternehmer nach England niedergelassen und dort einen Antrag auf Privatinsolvenz gestellt. Das Gericht hat den kompletten Insolvenzantrag an alle Gläubiger geschickt. Hier wurde dann auch das ganze Ausmaß seiner Schulden bekannt; es geht um einen hohen sechsstelligen Betrag. Dagegen sind meine Forderungen "Peanuts". Dass ich mein Geld je sehen werde, habe ich daher fürs erste abgehakt.
Ich habe jedoch starken Verdacht, dass der Schuldner bereits bei Beauftragung wusste, dass er meine Rechnungen nur schwer oder gar nicht zahlen kann.
Soweit ich verstanden habe, gibt es den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung bei natürlichen Person nicht, jedoch könnte ich ihn ja wegen Betrugs anzeigen (?) Ich möchte nun für mich abwägen, was mir eine strafrechtliche Verfolgung des Schuldners "bringt":
- Sollte ich eine Anzeige wegen Betruges erstatten? Falls ja, müsste ich für eventuelle Zeugenaussagen in Deutschland oder in England vor Gericht erscheinen? Der Gerichtsstand meiner Forderungen ist Deutschland.
- Gäbe es dann Chancen, dass ich mein Geld vielleicht doch wieder sehe?
- Mal abgesehen von den Reisekosten: Kann man sagen, wie aufwändig so eine Zeugenvernehmung ist?
Danke schon mal im Voraus!
6 Antworten
Sieht wirklich danach aus, dass du es mit einem Schuldner zu tun hast, der sich auskennt..
Was ich auf alle Fälle machen würde, ich würde eine Strafanzeige wegen Betrug stellen, hier in DE. Ich habe das Gefühl, dass der Schuldner zum Zeitpunkt bereits wusste, dass er die Rechnungen nicht bezahlen kann.
Das Insolvenzverfahren kannst du mitverfolgen, ohne selbst Kosten zu investieren. Der Insolvenzverwalter/Treuhänder nimmt alle Gläubiger in die "Gläubigerliste" auf, das kostet keine Gebühren. Mit der Strafanzeige und einer Darstellung des Straftatbestandes Betrug und Insolvenzverschleppung beantragt du, dass deine Forderung nicht Restschuld befreit wird, da sie "aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung" herrührt. Dazu braucht man auch keinen Anwalt (nur Englischkenntnisse). Ich glaube, dass der Schuldner in England dann beweisen muss, dass die Forderung "aus redlicher Geschäftstätigkeit" herrührt, nicht aus betrügerischen Absichten.
Punkt 1
Strafanzeige hier in DE. Der Schuldner muss sich entweder hier in DE äußern, oder (Amtshilfeverfahren) in England, was dann nach DE versandt wird. Gerichtsstand würde ich beantragen nach DE, Ort der Tätlichkeit.
Punkt 2
Ja, wenn er keine Restschuldbefreiung erlangt, bleibt deine Forderung erhalten. Auf alle Fälle Klage erheben gegen den Widerspruch des Schuldners - Verfahren bleibt in DE Wenn er mal wieder Geld hat, bleiben dir nach Titulierung 30 Jahre, um zu vollstrecken. Vielleicht hat er später wieder Geld??
Wenn du nicht klagst, verjährt die Forderung nach 3 Jahren (falls VOB vereinbart unter Umständen in 5 Jahren.
Punkt 3
Es gibt keinen Grund für Reisekosten. Zeugenvernehmungen sind kostenfrei, da sie als Ermittlungsarbeit der Polizei-, oder Gerichtsbehörden gelten.
Schreib das Geld ab und gut ist es.
Das zuständige Gericht in England wird in 12 Monaten die Restschuldbefreiung erteilen. Durch ein Strafverfahren bekommt man sein Geld auch nicht und da der Vorwurf des Betruges letztlich. Eher schwer nachzuweisen sein wird (womöglich hatte er die Zusage eines Dritten, der ausgerechnet diese Forderung für ihn zahlen wollte oder der Grund für die Zahlungsunfähigkeit erst nach Vertragsschluss eingetreten ist) sind die Aussichten eines Schuldspruchs eher mittelprächtig. Mal abgesehen davon, dass dem mittellosen Angeklagten mit Wohnsitz in England durch den deutschen Staat die Reise zum Gericht und eine Übernachtung vorgeschossen werden müssten, so er denn angeklagt wird.
Danke für die Informationen. Einen Anwalt in England zu beauftragen lohnt sich aufgrund der Höhe der Forderung kaum. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Antrag aufgrund seiner Vorgeschichte (die mir jetzt erst bekannt geworden ist) abgelehnt wird. In dem Fall würde ich die Angelegenheit zivilgerichtlich in Deutschland weiterverfolgen, um wenigstens einen Titel bekommen.
Ihr habt mich jedenfalls davon überzeugt, dass die Anzeige für mich weniger Sinn macht (auch wenn's mir natürlich gehörig gegen den Strich geht, dass solche Typen herumlaufen und andere Unternehmer wie Privatpersonen in so eine Bredouille bringen)
was würd ich machen? der schuldener hat vor england einen vertrag mit dir gehabt. gerichtsstand deutschland. -der schuldener hat die zahlung verweigert und wenn zu unrecht, dann wohl auch vorsetzlich, also strafanzeige stellen. - der schuldner hat eine firma in england, ist hier die frage ob seine firma hier vorher abgemeldet idt, oder er diese firma mit nach england nehmen kann, oder er nur dort eine neue und somit andere firma hat. wenn aber vorher in deutschland selbst mit dieser (gleichen) firma schuldner ist, dann vielleicht insolvenzverschleppung, und somit noch´ne anzeige. - der schuldner hat zwar in england insolvenz angemeldet, jedoch wenn vorher in deutschland vertrag abgeschlossen, dann nach deutschem recht. er müsste hier insolvenz anmelden. weiter stellt sich die frage nach der firmenmeldung: GmbH oder vielleicht sogar privat haftend?
versuch alles und jage diesen schuldner!!!!
Die Durchführung des Insolvenzverfahrens in England lässt auf eine längere Kenntnis der Zahlungsprobleme schließen. Sehe ich auch so.
Es wäre aber trotzdem nachzuweisen, dass er im Zeitpunkt der Bestellung wusste, dass er nicht oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wird zahlen können. Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Ich glaube nicht, dass man jemanden ran bekommt, nur weil er schon jede Menge Titel im Schuldnerregister stehen hat. Da sollte man sich nicht ohne Rechtsbeistand ran machen. Denn wenn die andere Seite auch noch so drauf ist, wegen falscher Verdächtigung eine Anzeige zu stellen, dann hat man den Ärger.
Allerdings kann ein Eingehungsbetrug (wie von Dir vermutet) auch zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen. Oder das die in England ausgesprochene hier in Deutschland nicht anerkannt wird.
Das einfachste wäre: Setze Dich mit den anderen Geschädigten in Verbindung. Gerade wenn Du da eine relativ kleine Forderung hast. Dann gucke doch ob ein anderer in die Verantwortung geht. Der dann vielleicht Geld hat für einen Anwalt.
Also nur als Tipp, gerichtliches Mahnverfahren mache ich auch. Wer blöd kommt, dem schicke ich auch den Gerichtsvollzieher. Aber mit Anzeige usw. Neulich habe ich eine Anzeige gemacht, dass mit meinem Namen verbotene Werbung gemacht wird und ich die Gefahr einer unberechtigten Abmahnung sehe. Staatsanwaltschaft hat eingestellt. Wenn ich eine Abmahnung bekomme, dann bin ich mit Sicherheit dran. Denic weigert sich mir die Domain zu geben. Könnte auf die Warteliste, wenn ein anderer die frei gibt.
Alles klar zum Thema Rechtsstaat? Mache nix und versuche in der Zeit den Verlust zu verdienen, da machst Du vermutlich noch Profit.
Ergänzend noch: auch das englische Insolvenzverfahren kennt Ausnahmen von der Restschuldbefreiung bei bestimmten vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen. Wenn es sich vom Betrag her wirklich lohnt, könnte man einen englischen Anwalt mit der entsprechenden Forderungsanmeldung beauftragen, allerdings auf eigene Kosten und eigenes Risiko.