Gründung eines Buchhaltungsbüros
Guten Morgen liebe Community, ich möchte mich mit einem Bekannten nebenberuflich selbstständig machen und ein Buchhaltungsbüro gründen. Die Voraussetzungen dafür ( kfm. Ausbildung und jahrelange Arbeit beim Stb. erfülle ich ), also nicht mein Bekannter. So, jetzt habe ich zwei Fragen. Ist es ratsam eine GbR zu gründen ? Mich schreckt das wegen der Haftung eher ab oder ist es sinnvoll, er gründet ein Einzelunternehmen und stellt mich als Aushilfe ein ? Und ist es richtig, dass wie keine USt.-Voranmeldungen erstellen dürfen ? Wir hätten im "Hintergrund" einen Steuerberater der mit uns kooperiert, also den Jahresabschluss und die Steuererklärungen für unsere Mandanten erstellt. Danke im Voraus für etwaige Antworten und ein schönes Wochenende.... Gruß, Clohny
2 Antworten
Hallo Clohny,
es ist die die Frage, ob sich der Ärger wirklich lohnt. Ärger deshalb, weil man nämlich als selbstständiger Buchhalter noch längst nicht alles machen darf, was man auch wirklich kann. Selbst als geprüfter Bilanzbuchhalter darf man keine Buchführung einrichten oder gar die Umsatzsteuervoranmeldung machen. Das wird alles durch das Steuerberatungsgesetz limitiert, da hat die Steuerberaterlobby gut gearbeitet. (Angestellte Bilanzbuchhalter erstellen zwar in Großunternehmen selbstständig die Jahresabschlüsse und Bilanzen, aber einfachste Buchführungsarbeiten dürfen nicht auf selbstständiger Basis ausgeübt werden - eine schizophrene Regelung).
Es wird nämlich selbst die kleinste eigenständige Entscheidung in Buchführungsangelegenheiten als steuerliche Beratung ausgelegt und das darf man dann halt nur als Steuerberater. Du stehst also dauernd mit einem Bein im Bußgeldbereich, wenn du deinem Kunden auch nur die kleinste Gefälligkeit erweist. (Wobei ich durchaus dafür plädiere, die echte Steuerberatung bitte auch den Steuerberatern zu überlassen, das macht ja nun auch Sinn)
Die Kooperation mit Steuerberatern ist ebenfalls schwierig, die bekommen nämlich dann selbst auch ggfs. Ärger mit ihrer Kammer. Das ist alles ganz diffiziel und schwierig vertraglich zu fassen.
Und da ist die Frage, ob man sich das wirklich antun möchte! Klar kann ich verstehen, wenn du dich mit deinen Kompetenzen gerne selbstständig machen möchtest, wer möchte das nicht dann in seinem eigenen Themengebiet tun. Aber bei Buchhaltung ist das aufgrund der Gesetzgebung ein Minenfeld sondergleichen.
Du darfst keine Buchführung einrichten! Das heißt, wenn du Existenzgründer anwirbst, darfst du keinen Kontenrahmen vorschlagen und keinerlei Arbeiten übernehmen, die den Anfang der Buchführung betreffen. Du darfst keine Umsatzsteuervoranmeldung machen. (Wenn der Unternehmer selbst auf den Knopf drückt, um die Anmeldung abzurufen, ok. Das geht dann aber auch nur in seinen Räumlichkeiten und auf seinem PC) Du darst keinerlei Abschlußarbeiten machen, sprich auch keine Afa einbuchen, auch nicht unterjährig. (Und genau das ist eigentlich wichtig, um einen realistische monatliche BWA zu bekommen und den Kunden einen Mehrwert zu bieten.Bei den Steuerberatern dauert es ja meist länger, bis die Mandanten ihre Auswertungen bekommen. Und dann ist oft genug AFA und Eigenverbrauch nicht erfasst, das kommt erst bei Abschluss der Buchführung)
Und dann kommt noch ins Spiel, dass die Steuerberater das System ja auch ausnutzen. Die wissen sehr genau, dass der Mandant irgendwann zu ihnen kommen muss wegen der Abschlussarbeiten und der Steuererklärung. Und was liegt da näher, als der Kundschaft dann für die "einfachen Kontierungsarbeiten" einen Super-Dumping-Preis von 20 Euro pro Monat anzubieten. Dass die sich das dann aber spätestens bei den Abschlussarbeiten wegen "erhöhtem Aufwand" mit teurer Zusatzberechnung dann wieder reinholen, weiß ja kein Gründer oder Unternehmer, zu mindestens nicht direkt. Erst wenn sie reingefallen sind, merken sie, wie das Spiel läuft.
Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller hat einen eigenen Arbeitskreis für selbstständige Buchhalter, die sich mit der Problematik gut auskennen. Evt. lohnt es sich für dich, dort einmal Kontakt zu suchen: http://www.bvbc.de/arbeitskreise/selbststaendige.html
An deiner Stelle würde ich mir gut überlegen, ob man den ganzen Ärger auf sich nimmt oder besser die vorhandene Energie in andere Richtungen lenkt.
Auf alle Fälle....viel Erfolg!
Vielen lieben Dank für Deine ausführliche Antwort. Ganz viele Fragen beantwortet. Ergänzend muss ich aber noch hinzufügen, dass wir eine DATEV-Schnittstelle von unserem Steuerberater bekommen. Ändert das irgendwas in Bezug auf die USt.-Voranmeldung ? Aber mit einer Schnittstelle bekommt man ja auch keine Buchführung eingerichtet .... ist das alles kompliziert .... Und noch mal danke für Deine Zeit. Gruß, Clohny
Hi Clohny,
nur zur Ergänzung meiner Vorrednerin: Wir, also selbständige Buchhalter dürfen nicht einmal sagen welcher Kontenrahmen genutzt wird. Das sage ich nicht, weil das so ungemein hindernd ist. Schließlich nutzt die Mehrheit sowieso immer nur einen. Da kann man sich auch schnell darauf einstellen. Es macht nur deutlich - Überall lauert die verbotene Rechtsberatung.
Verbotene Rechtsberatung hat auch eine Abmahnung zur Folge. Die geht bei 5.000 Euro los.
Die Bewertung und welche Konstellation mit Deinem Bekannten möglich ist - Dazu schreibe ich absichtlich nichts. Entweder Ihr findet einen Weg oder nicht. Aber ich will mir hier auch nicht die Finger klemmen.
Das Thema GbR ist zwar in weiten Teilen auch ein rechtliches Thema, doch bietet die das Rechtliche nur den Aufhänger was in aller Regel passiert. Wer einen guten oder besten Freund verlieren will gründet eine GbR.
Die Konflikte liegen eigentlich auf der Hand, werden aber nicht wirklich bedacht. Du sagst, dass Du nach StbG tätig werden darfst. Er nicht. Damit bist Du ja schon einmal irgendwie wichtiger. Vielleicht sogar qualifizierter. In der Regel ärgert man sich dann schon, wenn man das gleiche Geld bekommt wie der andere. Oder?
Was ist bei unterschiedlichen Arbeitszeiten. Unabhängig davon wer schneller oder langsamer ist? Was ist mit Urlaub oder Krankheit? Einer erledigt als Krankheitsvertretung die laufenden Kontierungen für den anderen.
Einer wirbt mehr Kunden. Der andere gar keine, weil es gar nicht so einfach ist. Welchen Wert erfährt das Unternehmen? Wie wird das finanziell sich auswirken? Denn auch hier wird unter der Oberfläche Neid entstehen.
Investitionsentscheidungen. Eine Person sagt: Software von xyz für 300 Euro im Jahr. Der andere sagt, dass damit die Arbeit nicht richtig gemacht werden kann. Man kann den ersten Kunden keine Leistungen in der Qualität anbieten. Gegenvorschlag 250 Euro Software im Monat. Jeder darf Verträge schließen. Beide Investitionen sind hochgradig mit Nachteilen behaftet... Wer entscheidet in so einem Fall?
War schon einmal bei Dir oder Deinem Freund der Gerichtsvollzieher? Nicht antworten, geht um ein anderes Thema. Kann das irgendwann mal passieren? Ist Euch klar, dass der auch in das Vermögen der GbR rein vollstrecken kann? Da das Betriebsvermögen jedem zur Hälfte gehört kann er aber nicht einen halben Computer pfänden. "Korrekt " wäre also zu pfänden und verwerten. Dann die Hälfte zur Zahlung verwenden und die andere Hälfte wird dem nicht belasteten GbR-Gesellschafter zurück gegeben. Betriebsnotwendiges Vermögen weg. In solche Situationen können alle kommen, Scheidung, längere chronische Erkrankung, Arbeitslosigkeit sind da nur die Klassiker.
Egal wie Ihr Euch entscheidet: Viel Erfolg!
P.S. Es gibt für freie Buchhalter zwei Verbände. Einmal den bereits erwähnten bvbc und dann den bbh - Schaut Euch an was die bieten. Einer wird zu Eurer Zielgruppe und Euch besser passen. Da ist mindestens in den ersten Jahren die Mitgliedschaft m.E. (nicht juristisch!) "Pflicht".
Das ändert nichts, der Steuerberater hat die Voranmeldung zu erstellen. Nach Berufsrecht dürften auch Angestellte ohne Vorlage der Unterlagen beim Berufsträger keine USt-VA los schicken. Er muss diese nach pflichtgemäßen ermessen prüfen. Könnte dann vielleicht die Anweisung geben, dass sie abgeschickt wird. Aber selbst da fehlt in der Regel die Dokumentation und welcher Steuerberater prüft die überhaupt mal.
Wenn es allerdings ein Steuerberater der Kammer anzeigt, dann bist Du der Mops. Es muss anhand der Arbeitsabläufe UND weiterer Dokumentationen beweisbar sein, dass Du die nicht zu verantworten hast.
Selbst wenn man alles einhält und das Gericht will dem ganzen nicht glauben, dann bist Du dran. Es geht hier nach meiner Auffassung um reinen Standesdünkel. Juristen akzeptieren niemanden, wenn die wüssten wie in einer Steuerberatungskanzlei gearbeitet wird, dann würden die noch versuchen die Steuerberater abzuschaffen. Denn das Fachgehilfen die Bilanzen machen und Berater "nur" drüber gucken (und diskutieren), da sagen die glatt, dass das so nicht gehen kann.
Die glauben doch tatsächlich, dass der Steuerberater Anweisungen gibt. Bei dem Wirtschaftsgut ist dieses zu machen und hier ist jenes. Dann geht man mit seinen Anweisungen los und macht das. Darauf kontrolliert er noch einmal usw. Bis die Unterschriftenreife erreicht ist.
Auch das Fachgehilfen Beratungsaufträge entgegen nehmen ist da nicht vorgesehen. Es kann ja passieren, dass eine Erklärung erstellt wird und der Berater kennt den Kunden gar nicht persönlich. Was das schon für Ärger geben kann, da möchte ich mir lieber keine Vorstellungen von machen.
Das Eis ist sehr dünn und man muss wirklich gut sein, in dem was man tut.
Es gibt Buchführungshelfer die ganz unsauber arbeiten. Jahre lang. Mindestens von einem kann ich das sagen. Doch den hat nur noch niemand angezeigt. Aber willst Du Dich auf Dein Glück verlassen? Übrigens ärgere ich mich dauernd über diesen Kollegen, allein weil er Probleme produziert und seine Kunden blicken es nicht.
Und die Kunden versaut er auch. Indem er nämlich nicht darauf hinweist was er überhaupt für Leistungen erbringen darf. Wenn Du einem solchen Kunden begegnest, weil er wechseln will, dann hast Du als sauber arbeitender Buchführungshelfer keine Chance den Auftrag zu kriegen. Ein Grund warum ich nur wenig Aufträge in dieser Richtung habe. Und der Markt ist wirklich nicht leicht wirklich Fuß zu fassen. Jedenfalls wer sauber und ordentlich im Sinne seiner Kunden arbeiten will.
Vielen lieben Dank für Deine ausführliche Antwort. Ganz viele Fragen beantwortet. Ergänzend muss ich aber noch hinzufügen, dass wir eine DATEV-Schnittstelle von unserem Steuerberater bekommen. Ändert das irgendwas in Bezug auf die USt.-Voranmeldung ? Und noch mal danke für Deine Zeit. Gruß, Clohny