Freiberufler im Callcenter als Student? Steuern?
Hallo Ihr Lieben,
Ich habe eine Frage. Und zwar habe ich gestern einen Vertrag Bzw eine Vereinbarung unterschrieben um bei einem Callcenter zu arbeiten. Jetzt bin ich dort als freiberufliche Telefoninterviewerin tätig. Der Verdienst klingt erstmal ganz gut. In der Regel 10€ die Stunde, am Wochenende 12-15€ und nach 20 Uhr 20€ die Stunde. Als armer Student lässt man sich von solchen Aussichten natürlich schnell blenden. Hinzu kommt, dass viele in meinem Bekanntenkreis dort arbeiten und sich dumm und dämlich verdienen. Jetzt habe ich mal recherchiert und herausgefunden, dass ich relativ hohe Steuern zahlen muss und mich selber Krankenversichern muss und zusätzlich muss ich mich beim Finanzamt als selbstständig melden. Da habe ich bei den bekannten mal nachgefragt und da stellte sich heraus dass die Ganoven ihre Tätigkeit einfach nicht angemeldet haben. Jetzt meine erste Frage: wie bescheuert ist es, sich auf die bösen Stimmen zu verlassen und sich auch nicht beim Finanzamt zu melden mit der Ausrede dass der Verdienst viel höher ist und „bisher nie was passiert“ ist?
Und gleich die zweite Frage hinterher: ich würde die Woche die für Studenten zugelassenen 20 Stunden arbeiten und würde dann auf etwa 1100€ im Monat kommen. Ich bin 20, wohne zuhause und bin in der Familienversicherung (falls diese Informationen nützlich sind. Wenn weitere Infos benötigt werden gebe ich die natürlich gerne!) Lohnt es sich überhaupt sich die Mühe zu machen oder werde ich nach Abzügen sowieso nur noch knapp über 450€ sein und kann dann auch eine geringfügige Beschäftigung annehmen ohne den Stress mit Steuern und co ?
Und eine letzte Frage: ich fange die Tätigkeit jetzt im November an. Ich habe also nur noch anderthalb Monate im Jahr in denen ich verdiene und werde dementsprechend auch nicht über diese 5500€ Grenze kommen. Muss ich das jetz trotzdem angeben/versteuern ?
Verzeiht mir die ganzen umständlichen Fragen aber ich bin eine Niete in sowas und hoffe auf ganz viel hilfreichen Rat. Werde im Notfall natürlich auch zum Steuerberater gehen aber ich habe noch die Hoffnung dass es einfacher sein kann als gedacht.
Vielen Dank und liebe Grüße!
5 Antworten
Familienversicherung geht nicht mehr, da das Einkommen die maßgebliche Grenze von 425 € monatlich sicher überschreiten wird (die Grenze von 450 € gilt nur bei Beschäftigung!).
Da aber das Studium überwiegt (Arbeit unter 20 Std./Woche), wird in deiner KK eine eigene Mitgliedschaft in der KVdS (Krankenversicherung der Studenten) mit einem Monatsbeitrag von momentan 83,20 € monatlich begründet (Beitrag für Kranken- und Pflegeversicherung). Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung brauchst du nicht zahlen.
Deiner Meldepflicht gegenüber dem Finanzamt solltest du unbedingt nachkommen, aber Steuern wirst du sicher nicht zahlen, denn:
1. Umsatzsteuer fällt nicht an, solange du als Kleinunternehmer giltst (bis 17500 € Jahreseinkommen).
2. Einkommensteuer zahlst du auch nicht, wenn du den Grundfreibetrag von derzeit 8820 € im Jahr nicht überschreitest.
Fazit: mit 83,20 € monatlich bist du versichert und zahlst keine Steuern, solange du nicht mehr als 8820 € verdienst.
Okay das klingt auf jeden Fall beruhigend! Vielen Dank!
Freiberufler im Callcenter - das ist schon eine paradoxe Kombination zweier Begriffe. Was ist denn bei der Arbeit in einem Callcenter freiberuflich? Das ist doch eine klassische AN-Tätigkeit. Das weiß der Callcenterbetreiber auch - deshalb hat der so einen Bammel wegen der Versicherung. Wenn beim Betreiber einer Lohnsteuerprüfung und/oder eine Prüfung der Rentenversicherung zum Ergebnis kommt, dass die ganzen "Freiberufler" eigentlich Arbeitnehmer sind, muss nämlich der Betreiber die Beiträge zur SV nachträglich bezahlen.
Ich habe lang in einem Unternehmen gearbeitet, dass auch Freiberufler beschäftigt hat. Auch mit einer Callcenter-Tätigkeit. Alle davon waren als Freiberufler mit einem Kleingewerbe gemeldet. Und ja, das heißt, dass du Krankenkassenbeiträge selbst abführen musst.
Wenn du dich nicht anmeldest, ist das für dich ein Risiko und wenn die Firma, bei der du arbeitest, keinen Nachweis von dir verlangt, gehen sie selbst auch ein Risiko ein (Wirtschafts/Steuerprüfung) und wirken nicht gerade seriös, wenn sie von dir keinen Nachweis einer Gewerbeanmeldung verlangen.
Okay, also fordern sie einen Nachweis deiner Anmeldung zur Selbstständigkeit als Freiberufler. Das ist seriös und vernünftig vom Unternehmen.
Das lohnt sich schon für dich. Du musst eben nur für dich selbst eine Organisation rein kriegen. So viele Stunden arbeiten, dass dein Gehalt passt und eben immer drauf gucken, dass es trotz Steuern (die werden glaub ich aber bei Freiberuflern auch erst am Jahresende dann mal fällig) und Krankenkassenbeiträgen vom Geld her passt. Unsere damaligen Freiberufler sind damit recht gut gefahren. Deren Stundenlohn war von 9,50 - 13 € (je nach Dauer der Einsatzjahre bei uns). Die Verdienstgrenze solltest du natürlich nicht aus den Augen verlieren dabei.
Okay super das hilft mir Vielen dank !!!
"Deren Stundenlohn war von 9,50 - 13 €" - so und jetzt zieh mal die Beiträge zur KV ab, die der Selbständige anstelle des AG zahlt sowie die Kosten für die steuerlichen Verpflichtungen, welche ein AN nicht hat, und Du bist sauber unterm Mindestlohn. Soviel zum Thema "recht gut gefahren".
Hallo Melaniepalme13,
wie war denn die arme Studentin bisher krankenversichert - PKV oder GKV?
Solltest du nicht mehr als 20 Stunden die Woche arbeiten, bleibst du in der PKV bei den derzeitigen Beiträgen.
In der GKV musst du dich selbst versichern in der KVdS mit einem mtl. Beitrag von ca. 90 €.
Steuerpflichtig ist die Tätigkeit natürlich auch.
Allerdings stellt sich noch die Frage, was für Menschen du anrufst und befragst. Haben diese Menschen keine Einwilligung dazu gegeben, machst du dich strafbar.
Daher solltest du dir mal genau folgende Internetseite durchlesen.
Und hier waren schon öfters Strafen fällig - unter Umständen auch in Höhe von 50.000 €.
Gruß Apolon
Zunächst vielen Dank für die Antwort!
Bisher GKV.
Also es handelt sich um sog kaltanrufe das heißt die Leute haben keine Einwilligung gegeben. Uns wurde allerdings erklärt dass es in diesem Fall legal ist, da der ag ein Sozialforschungsinstitut ist und nichts verkauft.
Nach deinem eigenen Text, bist du freiberuflich für diese Firma tätig.
Bedeutet, du hast keinen AG (Arbeitgeber) sondern telefonierst mit eigener Verantwortung in deinem Namen mit Interessenten die für den Anruf dir keine Genehmigung erteilt haben und nur zu dem Zweck Provisionen zu erhalten.
Dann haftest du auch selbst und musst gegebenenfalls die Strafe an die Bundesnetzagentur selbst zahlen.
Es gibt andere Möglichkeiten als Interviewer tätig zu werden.
Solche Interviews habe ich früher auch gemacht, z.B. für das statistische Bundesamt Mikrozensus.
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Mikrozensus.html
Bei solchen Institutionen ist dies erlaubt, da diese Befragungen gesetzlich geregelt sind.
Da werden auch stets Interviewer gesucht.
Auch ein Sozialforschungsinstitut muss sich an die deutschen Gesetze halten und müsste zuerst einmal alle Befragten anschreiben und eine Anruferlaubnis einholen.
Ausnahme, die Anrufe hätten einen gesetzlichen Hintergrund, wie oben mein Link.
Ansonsten findet man auch in diesem Gesetz weitere Anhaltspunkte:
https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/index.html#BJNR141400004BJNE001202360
Gruß Apolon
Versichere dich in der studentischen Krankenversicherung. Familienversicherung greift ab einem Verdienst über 450 pro Monat nicht mehr.
Im Vertrag steht dass ich das selbstständig tun muss und dass ich Schadensersatz zahlen muss wenn ich es nicht melde und der Firma dadurch schade.
Würde sich das im Endeffekt denn überhaupt lohnen?
Vielen Dank und Lg !