Darf ein Fahrkartenkontrolleur/in mich im Zug festhalten, um meine Personalien aufzunehmen, obwohl ich so meinen Bahnhof verpasse?

12 Antworten

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Hallo KollegeRaffzahn,

die Frage die Du gestellt hast ist gar nicht so leicht zu beantworten.

Unstrittig ist, dass Du verpflichtet bist Dich vor Antritt der Fahrt davon zu überzeugen, dass Du eine für die Fahrt gültige Fahrkarte hast.

Hast Du keine gültige Fahrkarte, darf das Verkehrsunternehmen auch die Fahrpreisnacherhebung von Dir verlangen. Damit das Verkehrsunternehmen diese Forderung durchsetzen kann, braucht sie natürlich Deine Personalien, die vom Zugbegleiter aufgenommen werden dürfen.

Aber Deine Frage bezieht sich ja auf folgenden Umstand:

Natürlich habe ich ihm/ihr kurz vorher gesagt ich müsse aussteigen, das hat sie/ihn jedoch nicht interessiert und er/sie ließ sich allem Anschein nach mehr Zeit als nötig, um meine Personalien aufzunehmen. Darum habe ich meinen Zielbahnhof verpasst und konnte erst 20 km weiter am nächsten Bahnhof aussteigen

Festhalten dürfte er Dich aber nur nach folgender Rechtsgrundlage:


§ 127 StPO - Vorläufige Festnahme

(1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach § 163b Abs. 1.

(2) Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind bei Gefahr im Verzug auch dann zur vorläufigen Festnahme befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls vorliegen. 

(3) Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht gestellt ist. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist. 

(4) Für die vorläufige Festnahme durch die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes gelten die §§ 114a bis 114c entsprechend.


Die zu klärende Frage ist nun, die ob die folgende Voraussetzung vorliegt:

Wird jemand auf frischer Tat betroffen 

In Deinem Fall währe die Tat die vorliegen müsste folgende:


§ 265a StGB - Erschleichen von Leistungen 

(1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. 

(2) Der Versuch ist strafbar. 

(3) Die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.


Und im fett dargestellten Teil des Gesetzestextes steht, dass die Tat Jemand begeht, der:  

... in der Absicht  ...

Und genau diese Absicht ist Dir nicht nachweisbar.

Das bedeutet, ohne dass Du in der Absicht  gehandelt hast, den Fahrpreis nicht zu entrichten, hast Du auch keine Straftat begangen. Und ohne vorliegen einer Straftat, darf Dich der Zugbegleiter nicht nach § 127 StGB festhalten.

Ob eine Beschwerde bei der Bahn allerdings Aussicht auf Erfolg hat, bezweifle ich, denn ganz natürlich hat die Bahn ein berechtigtes Interesse Deine Personalien zwecks Durchsetzung der Fahrpreisnacherhebung vom Zugbegleiter durchsetzen lassen.

Ganz streng genommen, könnte der Zugbegleiter sogar eine Freiheitsberaubung begangen haben. Aber ich denke jeder Staatsanwalt bzw. Richter würde das Verfahren gegen den Zugbegleiter wegen Geringfügigkeit gem. § 153 StPO einstellen.

Schöne Grüße
TheGrow

KollegeRaffzahn 
Beitragsersteller
 30.10.2015, 14:43

Vielen Dank für Deine Antwort. Du bist der einzige der meine Frage richtig verstanden hat. Alle anderen Antworten beziehen sich nur darauf, ob der Kontrolleur das Recht hat meine Personalien aufzunehmen. Dass er das darf ist mir natürlich klar, es ging, wie gesagt, nur um die Umstände unter denen er das getan hat und die daraus für mich entstandenen Folgen.

Du solltest auf jeden Fall Beschwerde gegen das Verhalten des Kontrolleurs einlegen. TheGrow hat dir die Rechtslage sehr gut erklärt, was ich nicht wiederholen möchte, aber die genauso mitteilen würde. In wie weit deine Beschwerde Erfolg hat, kann niemand mit Bestimmtheit wissen, aber die Chance finde ich recht hoch, dass du zumindest die zusätzlichen Auslagen wegen der Mehrkilometer ersetzt bekommst.

Das Geld musst Du wohl bezahlen. Aber Kontrolleure dürfen Dich veranlassen, einen Zug oder einen Bahnhof zu verlassen, oder Dich daran hindern in einen Zug einzusteigen (Hausrecht) aber nicht zwingen, gegen Deinen Willen weiterzufahren. Das ist Freiheitsberaubung. Er muss dann eben mit Dir aussteigen, oder Dich jemand am Bahnhof übergeben, oder Dich eben gehen lassen.

Komisch, ich bin einmal schwarz gefahren und wurde erwischt. Als ich sagte, ich müsse an der 2. Station gleich raus. Ging er mit raus und wir haben es draußen alles geklärt. Ich denke nicht, dass er dich festhalten darf.

Bitterkraut  30.10.2015, 13:57

Das geht bei S- und Ubahn, bei der Deutschen Bahn steigen Mitarbeiter/Kontrolleure nicht aus.

23Nema92  30.10.2015, 13:17

Bzw festhalten in diesem Sinne, dass er dir Gewalt antut, darf er nicht.

utnelson  30.10.2015, 13:19
@23Nema92

Wenn er wegrennt oder sich wehrt? Klar darf man ihn trotzdem festhalten.

loewenherz2  30.10.2015, 13:21
@23Nema92

was ist Gewalt ?

er darf dich an der "Flucht" hindern

angemessen eben

was ist angemessen ?

LisaDackBlagger  30.10.2015, 13:32
@loewenherz2

Ein Zugbegleiter darf dich (ich glaube laut Arbeitsforschriften) nicht festhalten, da du dich beim Weglaufen und gleichzeitigen Festgehalten werden bzw. Weg blockieren / hinterher laufen verletzen könntest und dann den Bahn-Mitarbeiter verklagen könntest. Das Busgeld ist das Risiko einer Anklage also wohl nicht wert.
Da gabs mal einen Beitrag mit einem Bahnsprecher in den Nachrichten zu.

Niemand wird dir diese frage beantworten.koennen, es gibt dazu.keine gesicherte rechtslage, fast alles was irgendwie mit dem befoerderungsrecht der oeffentlichen.verkehrsbetriebe zu.tun hat, ist durch die rechtsprechung nicht geregelt, ausnahme sind die regelungen durch eu.recht.