Bodenrichtwert, Schenkungssteuer?
Hallo,
ich werde bald ein Grundstück geschenkt bekommen. Hier habe ich eine Frage zur Bemessung der Schenkungssteuer.
Ganz allgemein gesagt, berechnet das Finanzamt die fälligen Schenkungssteuer meines Wissens auf Basis der geltenden Bodenrichtwerte. Den aktuell gültigen Bodenrichtwert aus dem Jahr 2014 habe ich vorliegen.
In den Erklärungen zu dem Bodenrichtwert schreibt der Gutachterausschuss:
"Die Bodenrichtwerte sind durchschnittliche, auf einen Quadrat- meter Grundstücksfläche bezogene Lagewerte. Sie sind für einzelne Gebiete, Straßen oder Straßenabschnitte, in denen annähernd gleiche Nutzungen und Wertverhältnisse vorliegen, ermittelt.
Und weiter:
"Spezielle Gegebenheiten eines Grundstückes (für das Richtwertgebiet - im Vergleich zu einer typischen Neubebauung - atypische Bebauung oder Nutzungsart; Form, Größe, Bodenbeschaffenheit; abweichender Erschließungszustand; Immissionen; werterhöhende Rechte oder wertmindernde Belastungen usw.) werden vom Bodenrichtwert nicht erfasst; sie sind bei der Einzelwertermittlung zu berücksichtigen."
Ich bin nun der Meinung, dass mein besagtes Grundstück einige spezielle Randbedingungen aufweist, die den allgemeinen Bodenrichtwert mindern. Dazu zählen:
- Lärm-Immission (direkte Lage an viel befahrener Straße)
- Es ist ein Hammergrundstück und ich könnte lediglich an ein bestehendes Haus anbauen. Die individuelle Bebauung wird dadurch stark eingeschränkt.
- Ich muss, wenn ich auf dem Grundstück bauen will, eine Doppelgarage abreissen und auf dem vorderen Grundstücksteil wieder herstellen
- Ich muss einen Bauantrag stellen und dafür einen Architekten mit der Eingabeplanung beauftragen. Diese Kosten haben andere bei einem Grundstück aus der gleichen Bodenrichtwert-Zone nicht, weil die mögliche Bebauung dort viel klarer und einfacher zu definieren ist als bei einem Hammergrundstück (zu beachten bei mir: Abstandsflächen, max Geschossflächenzahl usw.)
- An dem bestehenden Haus müsste ich Asbestplatten entsorgen
- Ich müsste bei dem Anbau Feuerschutzmaßnahmen treffen, die ich bei einem alleinstehenden Haus nicht hätte
- usw.
Im Fall einer Bebauung verursachen diese Punkte Kosten für mich.
Nun meine Fragen:
Kann ich diese Minderungen/Kosten von dem aktuellen Bodenrichtwert abziehen und damit den Wert des Grundstückes und letztendlich die Schenkungssteuer reduzieren? Akzeptiert das Finanzamt das?
Kennt jemand Literatur, Gesetze etc. in denen diese Minderungen/Kosten zumindest grob quantifiziert sind?
Vielen Dank
3 Antworten
Gesetzeshinweis: ImmoWertV
Literaturhinweis Kleiber: Verkehrswertermittlung von Grundstücken.
Grundsätzlich wird der Wert des Grund- und Bodens zunächst so ermittelt, als wenn das Grundstück unbebaut wäre. Die Aufbauten bekommen in der Ermittlung des Grundstückswert einen extra Wert. Es ist von einer Doppelgarage und einem bestehenden Haus die Rede. Wenn diese so sanierungsbedürftig sind, dass eine wirtschaftlich sinnvolle Wiederherstellung nicht möglich ist, mindern die Abbruchkosten den Wert des Grund- und Bodens (Liquidationswert).
Vielen Dank schon einmal für die Antworten!
Die Gesetze als auch die Freibeträge sind mir bereits bekannt.
Weitere Wert-Minderungsfaktoren sind aus meiner Sicht übrigens auch:
- Bestehende Abstandsflächenübernahmen von Nachbargrundstücken
- Bestehendes Fahrt-und Wegerecht für Dritte auf dem Grundstück
Ich will all diese Faktoren zum Stand heute quantifizieren und somit den Grundstückswert berechnen. Sind es -5%, -10% etc.? Dafür fehlen mir aber konkrete Anhaltswerte.
Den Kleiber habe ich mir bereits einmal ausgeliehen. Aber ich werde mir das Buch noch einmal ausleihen.
Kurzum: Ich gehe jetzt davon aus, dass die von mir angesprochenen, speziellen Randbedingungen letztendlich nur durch ein spezifisches Verkehrswertgutachten eines amtlich vereidigten Sachverständigen ermittelt werden können.
Vielen Dank und Grüße
Grundsätzlich ist bei der Bewertung von Grundstücken der vom Gutachterausschuss festgestellte Boderichtwert anzusetzen (§ 179 BewG). Von diesem Wert werden auch nur in wenigen Ausnahmefällen Abschläge gemacht; diese sind in R B 179.2 Abs. 2 bis 7 ErbStR aufgezählt. Doch haben die von dir genannten "wertbeeinflussenden Faktoren" keine Auswirkungen auf die Grundstücksbewertung, denn:
"Wertbeeinflussende Grundstücksmerkmale, wie z. B. Ecklage, Zuschnitt, Oberflächenbeschaffenheit und Beschaffenheit des Baugrundes, Lärm-, Staub- oder Geruchsbelästigungen, Altlasten sowie Außenanlagen bleiben außer Ansatz." (R B 179.2 Abs. 8 ErbStR)
Vielen Dank, sehr hilfreicher Verweis. Sind diese Richtlinien rechtlich bindend?
Aber es müssen doch Abschläge gemacht werden, wenn das Grundstück tatsächlich wertmindernde Randbedingungen aufweist. Klar, "wertmindernd" ist zum Teil subjektiv. Aber ein weiterer Punkt: Bei meinem Anbau müsste ich das Bestandsgebäude aufwendig unterfangen. Das kostet mich inkl. Statik, Prüfstatiker (wird vom Bauamt gefordert) und Ausführung mindestens 20.000 Euro. Es kann doch nicht sein, dass ein anderer, der diese Kosten nicht hat, weil er ein frei bebaubares Grundstück geschenkt bekommt, bevorteilt wird vom Finanzamt.
Oder Fahrt-und Wegerechte und Abstandsflächenübernahmen. Das müssen doch auch Faktoren sein, die den objektiven Wert des Grundstücks mindern.
Auch Lärm: Mein Grundstück liegt direkt an einer viel befahrenen Bundesstraße. Dann ist doch klar, aus meiner Sicht zumindest, dass dieses Grundstück objektiv weniger attraktiv ist als ein Grundstück, das 1.000 m entfernt liegt und sehr viel ruhiger gelegen ist (die Bodenrichtwertzone ist in meinem Fall tatsächlich sehr groß).
Noch einmal vielen Dank für Deine Antwort. Aber ich kann (bzw. will!) nicht glauben, dass nur in wenigen Ausnahmefällen auf solche Faktoren eingegangen wird.
Zunächst: diese Richtlinien sind für den Bürger nicht bindend, da sie keine Gesetze darstellen. Allerdigns sind sie intern für die Finanzverwaltung bindend, was bedeutet, dass das Finanzamt nach ihnen entscheiden wird. Sie haben also eine Art De-Facto-Bindungswirkung. Die Richtlinien stellen die verwaltungsinterne Auslegung der Gesetze dar. Wenn du das Gesetz anders als die Finanzverwaltung auslegst, stell dich auf einen langen (und vermutlich erfolglosen) Klageweg ein.
Wenn du der Meinung bist, dass der Bodenrichtewert unzutreffend ist, kannst du natürlich auch gem. § 198 BewG auf eigene Kosten ein abweichendes Gutachten eines Sachverständigen oder des Gutachterausschusses vorlegen, das einen niederigeren Wert des Grundstücksnachweist. Was für Nachweise dein Finanzamt genau verlangt, solltest du dort erfragen. Ich weise allerdings vorsorglich darauf hin, dass selbst, wenn du ein Gutachten vorlegst, das Fianzamt an dieses nicht gebunden ist, wenn es den darin ermittelten Wert für unzutreffend hält.
Ich bin kein Gutachter, aber ich bezweifle doch stark, dass Kosten, die erst anfallen, wenn das Grundstück bebaut werden soll, und die keine Erschließungsbeiträge sind, sondern Kosten für den Bau an sich, Einfluss auf den Wert des Grund und Bodens haben können. Hierbei fehlt für mich der unmittelbare Zusammenhang. Doch ein Gutachter wird es sicherlich besser wissen.
Hallo,
vorab: es gibt Freibeträge ja nach Verwandschaftsgrad.
Ergänzung: Das Finanzamt berechnet die Schenkungssteuer nach einem gesondert festgesetzten Grundbesitzwert (§ 157 ff BewG).