Arbeitszeugnis richtig lesen - aber wie?
Hallo,
Ich habe seit letztem Jahr einen 450€ Job bei einer Drogeriekette gemacht und musste jetzt wegen einem bezahlten neuen Praktikum (auch auf 450€ Basis) kündigen. Ich habe gestern mein Arbeitszeugnis erhalten aber wie das ja immer so ist, kann man als „Laie“ nicht wirklich sagen was drin steht da sich eigentlich alles immer gut anhört. Beherrscht jemand diese „Zeugnissprache“ und kann mir sagen was das sozusagen für eine Note ist? Vielen Dank schonmal im Voraus :)
(Über und unter dem Text auf dem Bild sind noch Angaben zu meiner Person und zu dem Unternehmen, welche ich jedoch angeschnitten habe)
5 Antworten
da ich berufliche Erfahrung im Umgang mit Arbeitszeugnissen habe, behaupte ich mal, dass ich mich in der Zeugnissprache halbwegs auskenne, und hier nicht wie so viele andere, blind drauf los rate....denn das hilft bei der richtigen Bewertung von Arbeitszeugnissen nicht weiter. Dennoch bleibt oft ein gewisser Spielraum in der Interpretation, weil leider auch viele Arbeitgeber nicht in der Lage sind, ein vernünftiges Arbeitszeugnis auszustellen.
Ein Zeugnis muss man immer im Ganzen vorliegen haben, um es seriös beurteilen zu können, denn es kommt auf jedes Wort, aber auch jedes weggelassene Wort an....und auf Ton, Ausführlichkeit und Verhältnis von Firmenpräsentation und Aufgabenbeschreibung zum eigentlich bewertenden Teil an. Du warst relativ kurz dort beschäftigt und als Aushilfe, dafür ist es in Ordnung, dass der bewertende Teil relativ kurz gefasst wurde. Aber es ist fast alles Wichtige drin.
Zur Bewertung:
die Aufgaben sind in der richtigen Reihenfolge von wichtig zu unwichtig aufgelistet, das ist gut und richtig und dadurch hier schon einmal kein versteckter Hinweis.....wie er so häufig in Zeugnissen vorkommt.
Auffassungsgabe und Arbeitsbefähigung: wurde mit gut bewertet, wichtig ist hier übrigens der Zusatz, dass du dies erfolgreich eingesetzt hast.
! Fachwissen: hier fehlt gänzlich eine Aussage. Normalerweise wird das Prinzip der Auslassung immer dann genutzt, wenn man das so schlecht bewerten würde, dass man aufgrund der Tatsache, dass ein Zeugnis wohlwollend und wahrheitsgemäß geschrieben sein muss, es lieber ganz weglässt. Da weiß dann jeder zukünftige AG, der Ahnung von Zeugnissen hat, dass dies negativ zu bewerten ist.
ABER: manche AG lassen bei Aushilfen immer das Fachwissen weg, weil sie dieses nicht aus einer Ausbildung mitgebracht haben. Da würde ich an deiner Stelle mal nachfragen, warum keine Aussage zum Fachwissen/ Fachkenntnisse (denn das wirst du dort ja erworben haben..) im Zeugnis steht.
Arbeitsstil und Arbeitsergebnisse: Note ist zwischen gut und sehr gut.
Ehrlichkeitsvermerk: muss hier der Vollständigkeit halber hinein, da du Umgang mit Geld/ Kasse hattest. -- Kann man schöner formulieren, aber ist so vermutlich bei denen Standard. Wichtig ist, dass diese Aussage in deinem Zeugnis enthalten ist.
Sozialverhalten: recht ausführlich und auch im positiven Bereich.
Fazit: bis hierhin sehe ich das Zeugnis als durchweg gut an, in jedem Fall besser als ein durchschnittliches (befriedigendes) Zeugnis an. [Alles, was schlechter als durchschnittlich ist, könnte der Zeugnisempfänger einklagen, da der Aussteller vor Gericht dann in der Beweispflicht ist. Deshalb schreiben viele AG ein durchschnittliches Zeugnis, auch wenn der AN schlechter war....nur zur Info]
Aber: der Schlusssatz ist freiwillig und nicht einklagbar. Diesen Umstand nutzen viele AG, um hier dem erfahrenen Zeugnisleser einen eindeutigen Hinweis zu geben, dass sie eigentlich nicht viel von dem Ex-Mitarbeiter halten, indem sie den Satz entweder ganz weglassen, oder Teile davon wie Bedauern, Dank und erfolgreiche Arbeit und weiterhin viel Erfolg.
Deshalb lesen viele Personaler als erstes den freiwilligen Schlusssatz, um dann die eigentliche Bewertung besser einschätzen zu können.
Bei dir fällt mir sofort auf, dass das Bedauern fehlt, der Rest des Satzes ist gut. Ob das hier Absicht deines Ex-AG war oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber leider zieht das deine Zeugnisnote von gut auf zwischen gut und befriedigend runter.
Ich empfehle dir daher, bein den Verantwortlichen einmal nachzufragen, ob das fehlende Fachwissen und fehlende Bedauern vergessen wurde und falls ja, ob sie das Zeugnis dahingehend ändern können.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
denn dann hättest du zweifelsfrei ein gutes Zeugnis.
Bin kein Profi, aber es liest sich sehr gut. Dass wichtigste im Handel ist die Aussage "ehrlich", fehlt diese ist dass die Aussage das ein Verdacht auf Diebstahl da war.
Gesellig fehlt, dass ist gut, gesellig steht für "ratscht" gerne.
Ich glaube mit dem Zeugnis kannst du zufrieden sein.
Dadurch, dass "stets" immer wieder vor den positiven Eigenschaften steht, ist das für mich eine 2.
Das aber auch recht laienhaft bewertet.
Gutes Zeugnis, so mit der Note "Gut".
Nur bei Zuverlässigkeit, Fleiß und Ehrlichkeit gibt es eine schlechte Note.
"Nur bei Zuverlässigkeit, Fleiß und Ehrlichkeit gibt es eine schlechte Note." - Da liegst du leider vollkommen falsch. Dieser Satz ist der sogenannte Ehrlichkeitsvermerk, der bei Arbeitnehmern, die Umgang mit Geld/ Kasse haben, zwingend in das Arbeitszeugnis gehört. Die Dreieraussage ("Zuverlässigkeit, Fleiß, Ehrlichkeit") soll verhindern, dass aus der Betonung der "Ehrlichkeit" als einzelne Aussage genau der gegenteilige Schluss gezogen wird.
Wäre FS in einem anderen Job ohne Zugang zu Geld/ Kasse gewesen, so würde dieser Satz schlicht und einfach bedeuten, dass sie zu Nix zu gebrauchen war....Aussagen im Zeugnis muss man immer im Kontext lesen, um sie zweifelsfrei und richtig beurteilen zu können.
Also dann steht da jetzt quasi drin dass ich nicht zuverlässig und nicht fleißig bin und auch noch unehrlich?😳 denn es wird ja eigentlich extra erwähnt, dass ich überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt habe, ich denke da schon zu Anfang meine Kasse immer auf den Cent genau gestimmt hat, wofür ich explizit gelobt wurde da wohl am Anfang bei Aushilfen öfter mal eine Differenz zustande kommt.
Mit der Ehrlichkeit bei Kassierern ist doch genau das gemeint oder? Also dass die Kasse stimmt und nichts entwendet wurde oder so.
So wie die anderen Dinge auch, z.B. "Sie war immer/stets fleißig, ..."
Aber aus irgendeinem Grund wurde es halt bewusst so formuliert, zumal alle anderen Aspekte "richtig" formuliert wurden.
Welche Note ist das dann mit dieser Formulierung ?
Vielen Dank !
5 bis 6
Eine 2 bis 3
Ok😳 wie sollte es denn formuliert sein, damit es eine gute Note wäre?
Ich bin eigentlich nie zu spät gewesen und es gab auch sonst keine Zwischenfälle