Inkasso beauftragt ohne Mahnung?
Hallo Leute,
wie ihr im Foto seht, habe ich möglicherweise eine Rücklastschrift wegen ec-karte Bezahlung mit Unterschrift übersehen und jetzt habe ich nach fast einem Jahr diese Forderung vom Inkassounternehmen bekommen. In diesem Zeitraum habe ich gar keine Erinnerung/Mahnung von Thomas Phillips bekommen und das wurde scheinbar direkt an das Inkassobüro übergeben.
Das Problem ist dass ich die Lastschrift in meinen Kontoauszügen auch nicht sehen kann, da es fast ein Jahr her ist. Bin mir eigentlich auch nicht sicher ob die €5 wirklich nicht abgebucht wurden. Und dass ich wegen €5 jetzt €93 bezahlen muss ist einfach nur irre.
Kann jemand mir sagen, wie ich vorgehen soll? Dürfen Unternehmer ohne Mahnung die Forderung an ein Inkassobüro übergeben? Sind die aufgeschlagenen Inkassogebühren berechtigt? Kann ich in Raten zahlen?
5 Antworten
Wenn der Fehlschlag der Abbuchung durch ein Verschulden deinerseits zu begründen ist, bist du hinsichtlich der Forderung auf jeden Fall in Verzug, damit war die sofortige Einschaltung des Inkassobüros gerechtfertigt und zulässig.
Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten:
- Die "Nebenforderungen der Gläubigerin" sind zwingend näher aufzuschlüsseln und so pauschal nicht durchsetzungsfähig. Ohne genaue Kenntnis über deren Zusammensetzung sollten diese nicht bezahlt werden.
- Die Auskunftskosten sind grundsätzlich erstattungsfähig, aber ungewöhnlich hoch. Sollte das Inkassobüro unbedingt näher begründen.
Hinsicht der Inkassogebühren ist anzumerken, dass diese m. E. zu hoch sind:
- Es handelt sich hier um eine unbestrittene Forderung mit einem Gegenstandswert von nicht mehr als 50 €. Dementsprechend beträgt die Grundgebühr nicht 49 €, sondern nur 30 € (§ 13 Abs. 2 RVG). Das wurde hier korrekt berücksichtigt.
- Sofern die Forderung nach der ersten Zahlungsaufforderung beglichen wird, beträgt der Gebührensatz statt 0,9 nur 0,5 (Nr. 2300 Abs. 2 Satz 2 VV RVG).
- Die Auslagenpauschale wäre entsprechend anzupassen, diese beträgt hier 20 % der Gebühr (Nr. 7002 VV RVG).
- Zu rechnen wäre somit 30 € x 0,5 = 15 € + (15 € x 20 % = 3 €) = 18 €
- Das Inkassobüro behauptet, der Gläubiger sei nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Das wäre durch das Inkassobüro glaubhaft zu machen bzw. zu belegen.
Das Inkassobüro hat offenbar keine Vollmacht vorgelegt. Anders als bei einem Rechtsanwalt betrachte ich eine bloße Versicherung derselben nicht als ausreichend. Ich würde das Inkassobüro daher zur zeitnahen Vorlage einer geeigneten Vollmacht auffordern und die unverzügliche zweckgebundene (!) Überweisung der Hauptforderung und der Verzugszinsen nach Erhalt der Vollmacht ankündigen. Sofern eine Bankverbindung des Ursprungsgläubigers bekannt ist, kannst du auch an diesen überweisen. Gehe ich aber eher nicht von aus.
Unklar ist mir aktuell auch, ob die Beauftragung der Delta Inkasso GmbH durch diesen Herrn Thomas Philipps aus Speyer erfolgt ist oder durch die PAIJ Service GmbH. Ich vermute angesichts der Betreffzeile des Inkassoschreibens fast letzteres. Vermutlich erfolgte die Abbuchung auch direkt durch die PAIJ Service GmbH. Das genaue Rechtsverhältnis geht aus dem hier vorliegenden Anschreiben allerdings nicht hervor.
Dürfen Unternehmer ohne Mahnung die Forderung an ein Inkassobüro übergeben?
Kommt drauf an. Eine Mahnung begründet den Verzug. Manchmal gibt es aber Sachverhalte, die den Verzug automatisch auslösen und eine Rücklastschrift bei einem Girokartenbezahlvorgang gehört dazu (§ 286 Abs. 2, Nr. 1 BGB).
Also dem Grunde nach schuldest du die Verzugskosten, wenn die Lastschrift tatsächlich nicht eingelöst wurde.
Sind die aufgeschlagenen Inkassogebühren berechtigt?
0,9 Gebühr für ein Schreiben einfacher Art halte ich für zu hoch. 0,3 wäre angemessen aber auch nur dann, wenn kein Konzerninkasso vorliegt und der Gläubiger Inkassokosten in ebendieser Höhe vorausgelegt hat.
Auch stehen hier Nebenforderungen des Gläubigers von fast 30,- €. Was zur Hölle soll das sein? Das muss korrekt aufgeschlüsselt werden.
Eine reine Rücklastschriftgebühr in der Höhe wäre unzulässig uns müsste nachgewiesen werden. Du sagst es gab keine Mahnungen also macht das hier keinen Sinn.
Auskunftsgebühren könnten passen, wenn die Auskunft von deiner Bank kam. Da würde ich mir aber auch einen Beleg drüber schicken lassen.
Kann ich in Raten zahlen?
Es besteht niemals ein Anspruch auf Ratenzahung. Auch wäre das Schwachsinn und kann eine Einigungsgebühr nach 1000 VV RVG auslösen.
Vorschlag:
- Zahle Hauptforderung, Zinsen, 5 € für die Rücklastschrift möglichst direkt an den Gläubiger. Wenn du ans Inkasso zahlst, teile vorher mit, dass die Zahlung nur mit Hauptforderung und Zinsen zu verrechnen ist (Abweichend von § 367 Abs. 1 BGB).
- Widerspreche den Inkassokosten und fordere die Aufschlüsselung der weiteren Positionen an.
Auch in Anbetracht der Änderung durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3320)?
Der setzt ja 2301 VV nicht außer Kraft, den gibt es ja weiterhin.
0,3 Gebühr von 49,- € sind 13,80 € Abs. 3 sagt aber 15,- € Mindestleistung nach § 13 Abs. 3 RVG und die würd ich maximal bezahlen es sei denn der Gläubiger hätte tatsächlich mehr bezahlt für die Inkassodienstleistung.
Die Anwendbarkeit der Nr. 2301 VV RVG für einfache Inkassoforderungen ist eine mögliche Argumentationsgrundlage, war aber nie ganz unstrittig. Bereits die Zweckmäßigkeitsberatung und die Entscheidung für das richtige Vorgehen gehen über den Umfang der Nr. 2301 VV RVG hinaus, so z. B. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - IX ZR 280/14.
Soweit der Auftraggeber des Inkassobüros tatsächlich dieser Herr Philipps ist, dürfte es auch schwer fallen, diesem die nötige Rechtskundigkeit zu unterstellen, um ihm diese Abwägungen selbst zumuten zu können (vgl. vorgenanntes BGH-Urteil).
Zur der Neuregelung:
Sicher gibt es Nr. 2301 VV RVG noch. Allerdings bringt diese Änderung insofern eine Klarstellung, dass für einen einfachen Inkassofalll ein Satz von 0,5 ausdrücklich vorgesehen ist. Eine Anwendung der Nr. 2301 VV RVG für einfache Inkassofälle neben der neuen Nr. 2300 Abs. 2 Satz 2 VV RVG dürfte nicht mehr möglich sein. Übrig blieben für 2301 VV allenfalls noch besonders einfache Inkassofälle und andere einfache Rechtsfälle. Derartiges wäre aber gesondert darzulegen und zu begründen.
Zu der minimalen Höhe der Gebühr:
Mehr als 15 € kommen auch bei der Neuregelung nicht raus, sofern die Hauptforderung unbestritten ist und nach der ersten Zahlungsaufforderung beglichen wird.
Die Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG beträgt hier 15 € (=Mindestgebühr), die Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG (3 €) ist kein Teil dieser Gebühr, sondern dazuzurechnen.
Weitere Kosten und die Vorsteuerabzugsberechtigung des Gläubigers wären zu prüfen.
Vielen Dank für die Info Kevin. Ich werde es zuerst bei meiner Bank überprüfen, ob es tatsächlich so eine Rücklastschrift im Januar gab. Wenn ja, gehe ich vor, wie du es empfohlen hast.
Ja, die dürfen ohne Mahnung die Forderung zum Inkasso abgeben, denn wenn die Lastschrift nicht eingelöst wurde, befindest du auch ohne Mahnung im Zahlungsverzug. Über die Höhe der Nebenforderung der Gläubigerin und die Höhe der Auskunftsgebühren könnte man sich jetzt streiten, die kommen mir recht hoch vor und dazu könntest du einen Nachweis anfordern, der diese Kosten unterlegt oder sie auch einfach bestreiten. Hast du deine Kontoauszüge nicht archiviert, dass du nachschauen kannst, ob die Lastschrift eingelöst wurde? Die Inkassogebühr an sich ist völlig ok.
Bei einer Rücklastschrift ist keine Mahnung erforderlich.
Ich würde mal nachfragen worum es sich bei den Nebenforderungen der Gläubigerin handelt.
Banken und Sparkassen müssen ihre Kunden benachrichtigen, wenn eine Lastschrift mangels Kontodeckung nicht ausgeführt wurde.
Also ist auch bei Dir davon auszugehen, dass Du seitens Deiner Bank über die Rückgabe der Lastschrift informiert wurdest.
Danke für die schnelle Antwort! Müssen Banken also per Post ihre Kunden benachrichtigen? Durch Kontoauszüge? Oder wie geht das?
Auch in Anbetracht der Änderung durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3320)?
Inkassodienstleistungen sind ja jetzt explizit geregelt, und für einfache Fälle ist ausdrücklich ein Gebührensatz von 0,5 vorgesehen. In Kombination mit § 13 Abs. 2 RVG kommt da bei einem Gegenstandswert von nicht mehr als 50 € ohnehin ziemlich exakt das gleiche raus wie vorher mit einem Gebührensatz von 0,3 und einer Gebühr von 49 €.
Und setzt § 13 Abs. 3 RVG für die Gebühr nicht ohnehin eine Grenze nach unten?